Читать книгу Obscuritas - Jutta Pietryga - Страница 5
ОглавлениеSchlaftrunken, in dicken Bademänteln gehüllt, hockten April und Rick, am Küchentisch vor den weiß gerahmten Sprossenfenstern, hinter denen zögerlich die Schwärze der Nacht dem Licht des Morgens wich.
Die aus Kiefernholz gefertigten Möbel verliehen der Küche ein gemütliches Aussehen. Das spärliche, aber sanfte Licht der Dunstabzugshaube verstärkte die anheimelnde Atmosphäre zusätzlich. Das alles jedoch nahmen die Beiden momentan nicht zur Kenntnis, zu sehr damit beschäftigt, müde zu sein. Schwer stützten sie die Ellenbogen auf dem Tisch, das Kinn ruhte auf den Handkanten, die Handflächen an den Wangen.
Das Blubbern der Kaffeemaschine verkündete, das durchgelaufene Wasser. Aromatischer Duft von frischem Kaffee zog durch die Küche.
April strich die blonden Locken hinter die Ohren. In rosafarbenen Plüschpantoffeln, ein Geschenk der Kinder, schlurfte sie zum Kaffeeautomaten, goss das ersehnte Getränk in die bereitstehenden Tassen. Die Augen minimal geöffnet gab sie Zucker sowie Milch hinzu. Energielos schlappte sie zurück zum Esstisch.
Die Morgenmuffel umklammerten ihre Kaffeebecher, als fürchteten sie, sie könnten ihnen abhandenkommen. Ungeduldig pusteten sie in den heißen Wachmacher, tranken genüsslich den ersten Schluck. Angestrengt versuchten sie, munter zu werden.
Bei Rick lief das Trinken nicht ohne Geräusch ab. April beschloss, diese Töne zu ignorieren, noch fehlte ihr die Kraft, das zu kommentieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit hoben beide den Kopf. Die Lebensgeister kamen in Gang, Energie fing an zu pulsieren. Sie lächelten einander zu.
"Normans Albträume sind erschreckend", seufzte April schließlich.
"Hmhm, ja, das macht uns alle fertig."
Einige Schlucke Kaffee später fügte Rick hinzu:
"Wir sollten mit Granny sprechen. Bestimmt weiß sie Rat, kennt ein Mittel, das ihm hilft, besser zu schlafen."
Seine Großmutter, Mary Falcon, obwohl weit in den Achtzigern, noch sehr agil, gehörte zum Stamm der Abnakis. Ihr Vater, Schamane des Stammes und die Ältesten lehrten Mary viel über die Natur. Die Indianer glauben, dass jede Kreatur, jeder Stein, jeder Baum und jeder Berg eine Seele besitzen. Aus diesem Grund sollten die Menschen im Einklang mit der Natur leben, sie achten und respektieren.
Die Einwohner des Ortes verehrten seine Großmutter, da sie allerhand über die Natur, deren Geheimnisse und Heilkräfte wusste. Oft baten sie Mary um Hilfe. Manche bezeichneten sie liebevoll als ihre Kräuterhexe.
Der schrille Ton des Telefons störte die morgendliche Stille. Das Ehepaar zuckte zusammen. Auf der Stelle eilte April zum Apparat, bevor das Geläut die Kinder weckte. Auf den Weg dorthin stöhnte sie, wünschte sich noch ein bisschen Ruhe, ehe die Hektik des Tages losging:
"Es ist für dich."
"So früh ... na das kann nur eines bedeuten."
Aufmerksam lauschte Rick dem aufgeregten Anrufer. Im Zeitlupentempo legte er das Telefon zurück in die Aufladestation, verharrte einen Moment und wandte sich schließlich mit einem deutlichen Fragezeichen im Gesicht um. Fahrig fuhr er mit beiden Händen durch sein schwarzes, kurzgeschnittenes Haar. Stockend, mit den Gedanken beim Telefonat, erklärte er:
er fort:
"Auf dem Friedhof haben irgendwelche Idioten Grabsteine umgeworfen und anderen Quatsch. Ich muss gleich los."
April bekam einen raschen Kuss, bevor Rick Richtung Hausflur hastete. Noch ehe er die Haustür erreichte, rief sie lachend:
"So!! Vielleicht solltest du erst einmal duschen und dir was Anständiges anziehen Chief. Das macht sich besser."
Der Hüter des Gesetztes grinste verlegen:
"Auch wieder wahr. Was bist du doch für eine kluge Frau."
"Nur gut, wenn du das ab und zu einsiehst, mein Liebster."