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b) Der Waleffe-Entscheid des Kassationshofes vom 20. April 1950

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Der Kassationshof hatte im Jahre 1849 die grundsätzliche Aussage getroffen, die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze obliege nicht der rechtsprechenden Gewalt. Dieser Ansatz wurde im Laufe der Zeit schrittweise aufgeweicht.

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Mit dem berühmten Waleffe-Entscheid vom 20. April 1950[24] leitete der Kassationshof eine Rechtsprechung ein, die auf dem Postulat gründet, der Gesetzgeber nehme grundsätzlich immer eine verfassungskonforme Haltung ein und gestatte der Exekutive daher nicht, eine verfassungswidrige Maßnahme zu erlassen. Mit anderen Worten: Wenn eine gesetzesausführende Verwaltungsmaßnahme verfassungswidrig erscheint, so ist diese Verfassungswidrigkeit grundsätzlich in der Verwaltungsmaßnahme selbst und nicht im Gesetz zu verorten. Gesetze werden also als a priori verfassungskonform angesehen. Insofern begründet der Kassationshof mit seinem Waleffe-Entscheid die Vermutung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze.[25] Aber hinter dieser weiterhin bestehenden Zurückhaltung gegenüber dem Gesetzgeber verbirgt sich natürlich Potential für eine ganz neue Entwicklung der Rechtsprechung. Da juristische Vermutungen in der Regel widerlegbar sind, hat der Kassationshof mit seiner Aussage indirekt die Tür dafür geöffnet, eines Tages ein Gesetz für nicht verfassungskonform zu erklären.

§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof › I. Entstehung und Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Belgien › 3. Die vom Kassationshof entfachte Debatte der siebziger Jahre

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