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b) Die Erweiterung der Zuständigkeiten des Gerichtshofes
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Diese eher feindselige Grundstimmung verhinderte jedoch nicht die Entwicklung des Gerichtshofes. Seine Zuständigkeiten erfuhren teils aus eigener Initiative, teils auf Initiative des Parlaments eine Erweiterung.[43] So wurde seine ursprüngliche Schlichtungskompetenz zwischen den verschiedenen Ebenen des Föderalstaates im Jahre 1988 um die Kontrolle der Konformität der Gesetze, Dekrete und Ordonnanzen mit den Art. 10, 11 und 24 der Verfassung[44] und im Jahre 2003 mit dem gesamten Titel II der Verfassung sowie den Art. 170, 172 und 191 der Verfassung ergänzt.[45]
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Angesichts dieser Entwicklungen wird deutlich, dass die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesnormen in Belgien erst in jüngerer Zeit – mit ihrer Einführung im Jahre 1983 – verankert wurde, während die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit der Administrativakte und des Richterrechts (normes juridictionnelles) bereits seit der Schaffung des Königreichs besteht.
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Zudem ist anzumerken, dass die Einsetzung eines Verfassungsgerichtshofes in Belgien nicht im Rahmen der Wiedereinführung der Demokratie oder der Stärkung des Grundrechtsschutzes erfolgte, wie dies in zahlreichen europäischen Ländern der Fall war (Deutschland, Italien, Spanien oder Portugal). In Belgien lag der Grund für die Einführung der Verfassungskontrolle vor allem in den Schwierigkeiten struktureller Art, mit denen der Staat seit den 1970er-Jahren zu kämpfen hatte, nämlich dem progressiven Herausbilden des Föderalismus und der sich daraus ergebenden Koexistenz unterschiedlicher Gesetzgeber. Daher ist es nicht abwegig zu behaupten, dass der belgische Verfassungsgerichtshof ohne die Umwandlung Belgiens in einen Föderalstaat vielleicht nie entstanden wäre.
§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof › II. Der belgische Verfassungsgerichtshof