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(2) Die gesetzliche Kompetenzerweiterung

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Im Jahre 2003 erkannte der Sondergesetzgeber die Rechtsprechung des Gerichtshofes ausdrücklich an und erweiterte dessen Zuständigkeit auf die Gesamtheit der Bestimmungen von Titel II der Verfassung, der den Großteil der verfassungsrechtlich garantierten Rechte und Freiheiten enthält. Seitdem besteht, zumindest bezüglich der Gewährleistungen des Titel II der Verfassung, eine direkte Kontrolle durch den Gerichtshof; der „Umweg“ über die Grundsätze der Gleichheit und Nichtdiskriminierung ist nicht mehr erforderlich.

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Hinsichtlich der durch einen internationalen Vertrag garantierten Rechte und Freiheiten mit ähnlicher Tragweite wie diejenigen in Titel II der Verfassung entwickelte der Gerichtshof eine eigenständige Rechtsprechung. Dazu schuf der Gerichtshof im Urteil Nr. 136/2004 vom 22. Juli 2004 die sogenannte Theorie des unteilbaren Ganzen:

„Wenn jedoch eine Vertragsbestimmung, die für Belgien verbindlich ist, eine Tragweite hat, die derjenigen einer oder mehrerer der Verfassungsbestimmungen [von Titel II] entspricht, bilden die in dieser Vertragsbestimmung enthaltenen Garantien ein unteilbares Ganzes mit den in den betreffenden Verfassungsbestimmungen aufgenommenen Garantien“.[147]

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Daraus ergibt sich, dass der Gerichtshof, sobald die Verletzung einer Bestimmung von Titel II angeführt wird, bei seiner Prüfung denjenigen Normen des internationalen Rechts Rechnung trägt, die entsprechende Rechte und Freiheiten garantieren.[148] Zudem misst der Gerichtshof der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ebenfalls eine ganz besondere Bedeutung bei und verweist mitunter auch ausdrücklich auf dessen Entscheidungen.[149]

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Im Jahre 2003 wurde die Zuständigkeit des Gerichtshofes allerdings nicht nur auf den gesamten Titel II der Verfassung ausgeweitet, sondern erstreckt sich seitdem ebenfalls auf die Art. 170, 172 und 191 der Verfassung. Die beiden ersten Artikel schreiben die Grundsätze der Steuergleichheit und -gesetzmäßigkeit fest, während in Art. 191 der Anwendungsbereich von Titel II der Verfassung auf sich auf belgischem Staatsgebiet befindliche Ausländer ausgedehnt wird. Allerdings sieht die Verfassung vor, dass für den in Art. 191 festgeschriebenen Grundsatz durch Gesetz Ausnahmen festgelegt werden können.

§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof › II. Der belgische Verfassungsgerichtshof › 4. Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

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