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12. Lebensauffassung und Persönlichkeit. Verkehr mit der Geisterwelt und Wissenschaft
ОглавлениеLebensauffassung ist heute das Thema, das wir behandeln wollen. Jedes Individuum ist eine einmalige Persönlichkeit, das haben wir schon festgehalten, daher auch seine Anschauungen und die Auffassung des Weltgeschehens, die Ansichten über den Zweck und Sinn des Lebens nur auf diese Persönlichkeit abgestellt, ihr allein eigen. Freilich wird es viele ähnliche und dem Wortlaut nach gleiche Auffassungen geben. Maßgebend ist aber nicht, was ein Mensch spricht, wie er seine Gedanken ausdrückt, sondern vielmehr und gerade in diesem Fall ist allein von Bedeutung, wie er lebt oder wie er die Auffassung vom Leben in die Tat umsetzt. Das kann oft ganz dem widersprechen, was der Betreffende in Worten ausgedrückt hat.
Es ist überhaupt sehr selten, daß ein Mensch konkrete Vorstellungen über den Sinn und Zweck seines Lebens hat. Es ist verständlich, weil er meist gar nicht in der Lage ist, sich seine Lage im unendlichen Weltall klarzumachen. Sein Verhalten zeigt uns aber, was er fühlt und denkt und worin er die Aufgaben sieht, die ihm für sein Leben gestellt sind, beziehungsweise die er sich glaubt, stellen zu müssen. Lebensauffassung ist die Ansicht des einzelnen, wozu er in dieser Welt lebt, ob und welche Aufgaben zu erfüllen und welche Rolle er im Kreise seiner Umgebung zu spielen hat.
Eng damit verbunden ist je nach dem Grad der geistigen Bildung oder Entwicklungsstufe die Auffassung vom Recht an den Gütern der Erde, der Anspruch auf materielle Güter und Genuß oder aber die Ansicht vom Verzicht auf irdische Genüsse. Alle diese einzelnen Komponenten ergeben eine feste Auffassung vom Lebenszweck und Ziel, das jeder Persönlichkeit bewußt oder unbewußt eigen ist.
Ein Mensch niederer Entwicklung wird sich zwar keine Gedanken darüber machen, was für ihn das Leben bedeuten könnte. Er wird es nehmen, wie es kommt und sich nicht den Kopf zerbrechen, wozu oder warum. Die kausalen Zusammenhänge sind ihm gleichgültig, wenn er nur sorgenfrei und unbehelligt durchs Leben gehen kann. Erst in dem Augenblick, da der Wohlstand oder die Gesundheit schwinden, beginnt er zu denken und sucht sich klarzumachen, woher und warum er in diese Lage gekommen ist, beginnt zu vergleichen und es entsteht in ihm eine bestimmte Ansicht über die Verteilung der irdischen Güter, über die Ungleichheit der menschlichen Existenz, über die verschiedene Verteilung von geistigen Fähigkeiten und was sonst noch mehr.
Solche Überlegungen führen nun zu sehr verschiedenen Ergebnissen. Der eine wird es als eben gegeben betrachten, daß er ein armer, minder begabter oder minder bemittelter Mann ist, weil er eben das Pech hatte, in ein solches Milieu hineingeboren zu sein, der andere wird es als Ungerechtigkeit betrachten, daß er hinter seinen Mitmenschen zurückgesetzt ist und wird sich sein Recht, wenn es auch nur nach seiner Auffassung sein Recht ist, mit allen Mitteln zu erkämpfen trachten. Der eine wiederum mit Überlegung und Anstrengung seines Geistes, durch Betätigung des eigenen Willens, der andere mit roher Gewalt und unter Mißachtung der ihm gegenüberstehenden höheren Entwicklung.
So ist im Verhalten des Individuums zu den wichtigsten Lebensfragen die Lebensauffassung zu erkennen und zu erkunden, wenn man einer auf solcher Art irrenden Menschen auf den richtigen Weg helfen will.
Da, wie schon erwähnt, der Arzt die sogenannte Lebenslinie, das Programm, wie ich es nannte, nicht ohne weiteres herausfinden kann, er aber auch dem Patienten nicht vorhalten darf, daß Leiden im irdischen Dasein zurückzuführen sind in erster Linie auf Schuld aus früheren Existenzen, so muß er sich vorläufig – solange noch die Wissenschaft vom Jenseitigen nicht Allgemeingut geworden ist – damit begnügen, dem Patienten oder nur gedanklich Verirrten Kraft zu geben durch Zuspruch und Belehrung, die natürlich nicht in allgemeinen Phrasen ihr Bewenden haben darf, sondern in einer freundschaftlichen Hilfeleistung und Beistand gipfeln muß. Nur dann wird es möglich sein – und das wurde ja schon vielfach erkannt und geübt – einen mit dem Lebensstil Unzufriedenen auf eine bessere Ebene zu bringen. Welche Lebensauffassung die richtige ist, ist wohl schwer zu sagen. Sie wird, wie gesagt, immer der Persönlichkeit adäquat sein. Allgemeine, ich wollte sagen, gemeinsame Grundlagen müßten aber schon selbstverständlich zu beachten sein, und es wäre wünschenswert, daß die Menschheit bald den Mut aufbringt, diese Wahrheiten offen zu bekennen und nicht ewig zu befürchten, daß man sie für verrückt erklären könnte, wenn sie ihren Glauben offen und mit Überzeugung deklariert.
Es muß nun einmal damit aufgeräumt werden, daß die Ansicht vom Tode und einmaligen Dasein der Leitgedanke für alle Lebensfragen ist. Ich muß es immer wieder feststellen, und man darf es doch wahrlich als richtig annehmen da kaum jemand, der mich gekannt hat, annehmen wird, daß die Person, die mir ihre Hand zum Schreiben leiht, diese Dinge aus eigenem zu Papier bringt. Sie wäre ganz bestimmt dazu nicht in der Lage, vor allem nicht mit meiner Handschrift, die, wenn auch nicht in allen Zügen, so doch sicherlich weitgehend ähnlich meiner Schrift zu Lebzeiten ist.
Wir alle kranken daran, daß wir nicht den Mut aufbringen, neue Tatsachen herauszustellen, die geeignet sind, der Wissenschaft neue Richtlinien zu geben und so viele Ansichten und festgefahrene Auffassungen aus dem Sattel zu heben.
Es ist bisher eben der Grundsatz herrschend, daß die Wissenschaft nur auf Grund exakter Beweise ihre Theorien entwickelt und das ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Es muß aber zugegeben werden, daß trotzdem Dinge angenommen werden, für die der exakte Beweis doch fehlt. Warum verschließt man sich dann, Erscheinungen als gegeben anzunehmen, die schon von so vielen Menschen beobachtet und untersucht wurden? Es wird nicht mehr sehr lange dauern, bis die Lehre vom Jenseitigen in die Wissenschaft Eingang finden wird. Und sie soll nur in die Wissenschaft Eingang finden, da nur in ernster Weise und nicht von Dilettanten und sensationslüsternen Elementen eine Befassung mit diesen heiklen Fragen zweckmäßig erscheint. Der Verkehr mit der Geisterwelt, auf den es ja dabei hauptsächlich ankommt, darf nicht für die Allgemeinheit erlaubt und zugelassen werden. Ich will hier nicht näher darauf eingehen, weil die Gefahren und Schädigungen, die aus der Beschäftigung mit diesem Gebiet entstehen können, weitgehend bekannt sind. Gerade deshalb wäre es schon lange die Aufgabe seriöser Gelehrter, sich der Sache ernsthaft anzunehmen und die Grenzen des Erlaubten und Zulässigen kennenzulernen und festzulegen. Jeder Psychiater weiß, wie viele Menschen an der unrichtigen Befassung mit Spiritismus zugrunde gehen, aber keiner hat den Mut, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Ich muß gestehen, daß es mir genauso ergangen ist. Alle Gedanken, die mir zu diesen ernsten Fragen auftauchen wollten, habe ich zurückgedrängt, weil ich vermeiden wollte, daß man mich für verrückt erklärt, was meine liebe Kollegenschaft denn auch bestimmt nicht versäumt hätte. Ich war niemals weiter mit meiner Erklärung gegangen als: Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen wir keine Ahnung haben. Eine Ahnung haben viele, sie getrauen sich nur nicht ans Licht damit, und es ist auch, wenn ich es richtig betrachte, die Zeit noch nicht reif.
Ungeahnte Möglichkeiten werden sich für die ergeben, die eines Tages gläubig diesen Dingen gegenüberstehen werden. Ernsthafte Betätigung auf diesem Gebiet wird keinem Menschen schaden. Es werden zum rechten Zeitpunkt die richtigen Weisungen erteilt werden. Wer nur Gutes leisten will, kann damit niemals fehlgehen oder geschädigt werden. Er wird im Gegenteil ungeahnte Kräfte empfangen und seine Leistungen über das normale Maß steigern können. Ich hoffe, es wird sich bald ein Mann finden, der den Mut besitzt, die rechte Verbindung aufzunehmen. Ich bin jederzeit gerne bereit, zu helfen mit Rat und Tat. So viel für heute.