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a) Generelles
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Die relevanten Stimmanteilschwellen, an die § 33 Abs. 1 WpHG eine Mitteilungspflicht knüpft, liegen bei 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25, 30 %, 50 % und 75 % der Stimmrechte des Emittenten. Die Schwellenwerte beziehen sich nicht auf Aktien, sondern auf die hieraus resultierenden Stimmrechte, auch wenn dies i.d.R. gleich ist. Stimmrechtslose Vorzugsaktien werden damit erst dann berücksichtigt, wenn das mit ihnen verbundene Stimmrecht wieder auflebt, vgl. etwa §§ 140 Abs. 2, 141 Abs. 4 AktG.[160]
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Die Mitteilungspflicht wird ausgelöst, wenn der Stimmrechtsanteil des Meldepflichtigen eine (oder mehrere) dieser Schwellen erreicht, überschreitet oder unterschreitet. Berechnet wird dies anhand der dem Meldepflichtigen gehörenden und nach § 34 WpHG zugerechneten Stimmrechte im Verhältnis zur Gesamtzahl der Stimmrechte der Gesellschaft.[161] Anteilsveränderungen, die sich zwischen zwei aufeinander folgenden Schwellen abspielen, lösen keine gesonderte Mitteilungspflicht aus. Ebenso wenig besteht eine Mitteilungspflicht, wenn sich für einen Meldepflichtigen lediglich der konkret anzuwendende Zurechnungstatbestand ändert.[162]
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Das Tatbestandsmerkmal des Überschreitens der Schwellenwerte ist gegeben, wenn der Meldepflichtige Aktien in entsprechendem Umfang erworben hat oder wenn ihm Stimmrechte in entsprechendem Umfang zugerechnet werden.[163] Ein Unterschreiten liegt spiegelbildlich vor, wenn der Meldepflichtige Aktien auf einen Dritten übertragen und damit seine Stimmrechte verloren hat oder wenn ihm Stimmrechte nicht mehr in entsprechendem Umfang zugerechnet werden.[164] Der Begriff des Erreichens einer Schwelle erfasst sprachlich sowohl den Fall der Anteilserhöhung als auch den der Anteilsverringerung.[165] Ob eine gesonderte Mitteilungspflicht ausgelöst wird, wenn ein Meldepflichtiger oberhalb einer maßgeblichen Stimmrechtsschwelle lag und ohne weitere Schwellenberührung durch Verringerung seines Stimmrechtsanteils nun genau die gemeldete Schwelle berührt, ist jedoch zu bezweifeln. Da damit keine nichtgemeldete Schwellenberührung verbunden ist und auch der Informationsmehrwert für den Kapitalmarkt äußerst gering ist, könnte der Meldepflichtige seine Stimmrechte schließlich ohne Mitteilung auf den maßgeblichen Stimmrechtsanteils zzgl. eines Stimmrechtes verringern, ohne eine gesonderte Mitteilung machen zu müssen. Fällt das Erreichen eines Schwellenwertes mit dem Über- oder Unterschreiten weiterer Schwellenwerte zusammen, bedarf es nur der Mitteilung des Über- oder Unterschreitens der Schwellenwerte.[166] Der Tatbestand des Erreichens der Schwellenwerte ist in diesem Fall subsidiär[167] und ergibt sich aus der Angabe des Stimmrechtsanteils.
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Auch ein kurzfristiges Über- und Unterschreiten von Meldeschwellen ist grundsätzlich mitteilungspflichtig. Sofern also innerhalb kurzer Zeit mehrere abgrenzbare, von einem bestimmten Meldepflichtigen mitzuteilende Stimmanteilsveränderungen stattfinden, ist für jede Schwellenberührung eine eigene Stimmrechtsmitteilung abzugeben.[168] Eine zusammengefasste Meldung von zwei oder mehreren Schwellenberührungen innerhalb von wenigen Handelstagen am letzten Schwellenberührungsdatum ist nicht zulässig.[169] Die BaFin lässt eine Saldierung lediglich bei taggleicher Schwellenüber- und -unterschreitung zu. Werden innerhalb eines Tages die gleichen Schwellen erst überschritten und dann unterschritten oder umgekehrt, muss keine Mitteilung abgegeben werden.[170] Werden innerhalb eines Tages mehrfach Schwellen in einer Richtung überschritten oder unterschritten, reicht eine Mitteilung mit dem Stimmrechtsanteil am Ende des Tages aus.[171] Nicht zulässig ist allerdings eine grundsätzliche Saldierung von sog. Long- und Short-Positionen, etwa Call- und Put-Option.[172]
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Das Gesetz nennt als mitteilungspflichtig Schwellenberührungen durch Erwerb oder Veräußerung oder auf sonstige Weise. Erworben oder veräußert werden insoweit die Aktien, mit denen die Stimmrechte verbunden sind, unter Berücksichtigung des gesellschaftsrechtlichen Abspaltungsverbotes hingegen nicht getrennt die Stimmrechte.
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Durch die Verwendung der Tatbestandsalternative „auf sonstige Weise“ wird zum Ausdruck gebracht, dass alle rechtsgeschäftlichen oder tatsächlichen Vorgänge erfasst werden sollen, die zu relevanten Veränderungen von Stimmrechtsanteilen führen.[173] Gemeint ist damit das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten nicht aufgrund Rechtsgeschäfts, sondern aufgrund anderer Tatbestände. Genannt werden etwa:[174]
– | Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen, |
– | Umstrukturierungen des Grundkapitals, Gesamtrechtsnachfolgen im Erbfalls, |
– | Aufleben des Stimmrechts von Vorzugsaktien. |
Eine Schwellenberührung auf sonstige Weise ohne eigenen Erwerb oder Veräußerung kann daneben auch vorliegen, wenn Zurechnungen nach § 34 WpHG begründet werden oder wegfallen.[175]
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Maßgeblich für den Erwerb oder die Veräußerung ist entgegen früherer Fassung i.d.R. nicht der dingliche Eigentumsübergang, sondern das Kausalgeschäft.[176] Bei einem regulären Erwerbs- oder Veräußerungsvorgang kommt es darauf an, wann dem Meldepflichtigen die mit den Stimmrechten verbundenen Aktien in schwellenrelevanter Höhe gehören. Als gehören i.S.d. Abschnitts gilt gem. § 33 Abs. 3 WpHG bereits das Bestehen eines auf die Übertragung von Aktien gerichteten unbedingten und ohne zeitliche Verzögerung zu erfüllenden Anspruchs oder einer entsprechenden Verpflichtung.
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In der Praxis sind damit sämtliche – börsliche wie außerbörsliche – Erwerbs- und Veräußerungsgeschäfte erfasst, die innerhalb der üblicherweise im jeweiligen Markt als sofortige Lieferung akzeptierten Fristen zu erfüllen sind.[177] Je nach Ausgestaltung der Lieferbedingungen fällt ein Rechtsgeschäft entweder unter ein nach § 33 WpHG zu meldendes Geschäft oder unter ein nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zu meldendes Geschäft (Instrumente mit Erwerbsmöglichkeit), sodass das praktische Problem einer doppelten Meldepflicht für ein und dasselbe Geschäft entfällt. Die Meldepflicht nach § 33 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 WpHG gilt nur für die Fälle, in denen der Eigentumswechsel bereits eingeleitet worden ist und unmittelbar bevorsteht.[178]