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3. Satz 2 – Selbstständigkeitsfiktion einer Betriebsstätte

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Nach Auffassung des Gesetzgebers[789] wird durch S 2 angeordnet, dass eine Betriebsstätte für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes als eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu fingieren ist (Selbstständigkeitsfiktion). Die Fiktion eines eigenständigen Unternehmens bedeutet, dass die – rechtlich unselbstständige – Betriebsstätte für die Aufteilung bzw Ermittlung der Einkünfte wie ein selbstständiger Rechtsträger zu behandeln ist, dh wie ein unabhängiges Unternehmen im Verhältnis zu dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist. Die Selbstständigkeitsfiktion wird aber eingeschränkt: Denn der Umstand, dass eine Betriebsstätte rechtlich und tatsächlich nur ein unselbstständiger Teil des Unternehmens ist, kann nach internationalen Grundsätzen auch für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nicht vollständig negiert werden.[790] Entspr der Selbstständigkeitsfiktion der OECD gilt zB, dass

1. eine Betriebsstätte stets das gleiche Kreditrating besitze wie das Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist und
2. ein „Darlehensverhältnis“ zwischen dem Unternehmer und seiner Betriebsstätte nur mit Einschränkungen als anzunehmende schuldrechtliche Beziehung („Dealing“) anerkannt wird.[791] Diese Einschränkung ist mE inkonsequent. Ohne dass der Gesetzgeber ausdrücklich dazu Stellung bezieht, könnte der Grund in den Auswirkungen auf das sog Dotationskapital einer Betriebsstätte gesehen werden. Bei der Annahme einer steuerrechtlichen Selbstständigkeit der Betriebsstätte sind die bisherigen Regelungen über das Dotationskapital nicht mehr uneingeschränkt anwendbar bzw bedürften einer neuen Auslegung. Die Einschränkung von Darlehensbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte – insb einer inländischen Betriebsstätte – durch den Gesetzgeber könnten in dem Kontext stehen, einen übermäßigen Betriebsausgabenabzug für Zinsen zu vermeiden.

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Das verdeutlicht § 1 BsGaV, in dem unter Bezugnahme auf § 1 Abs 5 deutlich gemacht wird, dass eine umfassende Funktion und Risikoanalyse durchzuführen ist, um eine Betriebsstätte eines Unternehmens wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln und ihn damit in vergleichbarem Umfang Einkünfte zuzurechnen. Nach Auffassung des Verordnungsgebers[792] besteht kein grundsätzlicher Bedeutung Unterschied bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Verhältnisse von nahestehenden rechtlich selbstständigen Unternehmen und auf Verhältnisse von Betriebsstätten. Gleichwohl bleibt es dabei, dass nach internationalem Verständnis Unterschiede berstehen, die darauf beruhen, dass eine Betriebsstätte zivilrechtlich ein untrennbarer Bestandteil des Unternehmens ist, zu dem sie gehört. Aus diesem Grunde sind für Betriebsstätten die Zuordnungskriterien in den §§ 5–11 BsGaV erforderlich, die Bestandteile der Passivseite der Hilfs und Nebenrechnung in § 12 ff BsGaV sind besonders zu bestimmen und für die Betriebsstätte ist die gleiche Kreditwürdigkeit anzunehmen, die für das Unternehmen gilt. Darüber hinaus ist der Verordnungsgeber[793] der – zutreffenden – Auffassung, die Bezugnahme auf § 1 Abs 5 mache deutlich, dass die Regelungen dieser Verordnung nur in den Fällen anzuwenden sind, in denen eine Berichtigung nach § 1 dem Grunde nach in Betracht kommt. Die Verordnung gelte deshalb zB nicht für die inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens, die lediglich nach § 12 AO, nicht aber nach einem anzuwendenden DBA besteht, da in diesen Fällen das DBA die Besteuerung der Gewinne der Betriebsstätte grundsätzlich ausschließt und damit auch jede denkbare Korrektur. In seinem Entwurf zu den Verwaltungsgrundsätzen[794] teilt das BMF dieser Auffassung.

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Darüber hinaus betrifft die Rechtsverordnung nur die Gewinnszurechnung im Verhältnis eines Unternehmens zu seiner Betriebsstätte, sog „einfache“ Betriebsstätte. Damit sind gleichfalls grenzüberschreitende Zurechnungen von Einkünften zu Mitunternehmern ausgeklammert, auch wenn diesen Geschäftsbeziehungen zwischen einem Mitunternehmer und der Personengesellschaft zu Grunde liegen.[795] Die Beteiligung werde nach deren DBA abkommensrechtlich so behandelt, als habe der Mitunternehmer dort, wo die Mitunternehmerschaft über eine Betriebsstätte verfügt, selbst eine Betriebsstätte. Für Geschäftsbeziehungen zwischen einem Mitunternehmer und seiner Mitunternehmerschaft bestehen regelmäßig vertragliche Grundlagen. Daher sei die Frage, ob die Geschäftsbeziehungen zwischen einem Mitunternehmer und seiner Mitunternehmerschaft dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, nach § 1 Abs 1 zu prüfen. § 1 Abs 5 sei nicht anwendbar.[796] Verfügte dagegen die Mitunternehmerschaft selbst über eine (einfache) Betriebsstätte in einem anderen Staat, richtet sich die Einkünftezurechnung nach Auffassung des Verordnungsgebers[797] der Mitunternehmerschaft zu ihrer (einfachen) Betriebsstätte nach § 1 Abs 5.

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Die Selbstständigkeitsfiktion erfordert nach § 1 Abs 1 S 2 BSGaV sodann, dass aufbauend auf der Funktions- und Risikoanalyse nach S 1 eine Vergleichbarkeitsanalyse der Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte durchzuführen ist, um für die Geschäftsbeziehungen der Betriebsstätte iSd § 1 Abs 4 Verrechnungspreise zu bestimmen. Damit soll, wie für nahestehende selbstständige Unternehmen, die Basis geschaffen werden, Verrechnungspreise zu bestimmen, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, wobei dafür grundsätzlich alle Methoden zulässig sind und damit auch Systeme, die auf vergleichbaren Grundsätzen beruhen wie Umlagen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.[798]

Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen

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