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4. Bestimmung des Einigungsbereichs für das Transferpaket

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Die Bestimmung des Einigungsbereichs wird durch § 7 FVerlV konkretisiert. Dabei unterscheidet § 7 FVerlV zwischen drei Fallgruppen.[707] Die erste Fallgruppe ist in § 7 Abs 1 FVerlV geregelt. Danach ergibt sich die Untergrenze (Mindestpreis) für die Funktion aus Sicht des verlagernden Unternehmens, welches aus der Ausübung der Funktion Gewinne erwartete, aus dem Ausgleich für den Wegfall oder die Minderung des Gewinnpotenzials zuzüglich etwaiger Schließungskosten, § 7 Abs 1 FVerlV.[708] Voneinander unabhängige Dritte würden in diesen Fällen mindestens einen Ausglich für das ganz oder teilw wegfallende Gewinnpotenzial und Ersatz für die ggf anfallenden Schließungskosten verlangen.[709] Diese Begr des Verordnungsgebers zeigt einmal mehr das Dilemma der Regelungen. Einerseits ist es denkbar, dass im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zwischen fremden Dritten das „verlagernde“ Unternehmen in seine Kaufpreisforderung Schließungsaufwendungen einbezieht; andererseits wird auch das (zukünftige) Gewinnpotenzial meist durch die Multiplikation der letzten drei bis fünf Jahresergebnisse im Preis kalkuliert. Das „verlagernde“ Untenehmen verlangt aber keinen „Ausgleich“ für den Wegfall oder die Verminderung der Funktion oder „Ersatz“ für die Schließungskosten, sondern schlicht einen Preis, den die Parteien für angemessen halten. Beim Lesen der Begr des Verordnungsgebers drängt sich der Verdacht auf, dass dieser einer Vorstellung zugrunde lag, in der von einer „herrschenden Hand“ einem inländischen Unternehmen diktiert wird, eine Funktion in das (niedrig besteuernde) Ausland an ein ebenfalls von derselben Hand beherrschtes Unternehmen abzugeben und das zu Lasten des deutschen Steueraufkommens. Dem Verordnungsgeber ist einzuräumen, dass solche Fälle denkbar sind und auch vorkommen. Der Teleos der Norm und auch die praktische Anwendung ist durch eine solche Begr weder verständlich noch gesichert. Vielmehr sind Unsicherheiten nicht nur beim StPfl sondern auch bei der FinVerw die Folge.

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Bei der Festlegung des Mindestpreises sind gem § 7 Abs 1 S 2 FVerlV tatsächlich bestehende Handlungsmöglichkeiten, die das verlagernde Unternehmen hat, zu berücksichtigen.[710] Dabei ist die unternehmerische Dispositionsbefugnis des verlagernden Unternehmens nicht in Frage zu stellen. Die Regelung berücksichtigt, dass gegebene Handlungsmöglichkeiten des verlagernden Unternehmens Einfluss auf den Preis, den das verlagernde Unternehmen für die Abgabe oder Verminderung der Funktion fordern kann, haben können. Solche Handlungsmöglichkeiten spiegeln die Dispositionsbefugnis der Unternehmen wider. Für steuerliche Zwecke ist die Dispositionsbefugnis allerdings an dem Punkt eingeschränkt oder beendet, wenn sie nicht mehr dem Handeln (zweier) ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter entspricht, Abs 1 S 2.

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Sollte das verlagernde Unternehmen aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein, die Funktion aus eigenen Mitteln ausüben zu können, entspricht gem § 7 Abs 2 FVerlV der Liquidationswert dem Mindestpreis für die Funktion als Ganzes (zweite Fallgruppe).[711] Ein solcher Fall kann eintreten, wenn dem Unternehmen eine behördliche Genehmigung entzogen wird, ein Vertrag (Lizenzvertrag, Liefervertrag) ordentlich oder außerordentlich von dem Vertragspartner gekündigt wird oder wenn sich schlicht die Verhältnisse am Markt dergestalt ändern, dass es für das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen keine Sinn mehr macht, die Funktion weiter auszuüben. Der anzusetzende Liquidationswert umfasst in diesen Fällen auch die Schließungskosten und kann daher auch im Erg zu einem Liquidationsverlust führen.[712]

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In § 7 Abs 3 S 1 FVerlV wird für Verlustfälle als dritte Fallgruppe die Untergrenze des Einigungsbereichs des verlagernden Unternehmens bestimmt.[713] Handelt es sich bei der Funktion aus Sicht des verlagernden Unternehmens um eine dauerhaft verlustbringende, wird der Verhandlungsrahmen gem § 7 Abs 3 S 1 FVerlV durch die zu erwartenden Verluste oder die ggf anfallenden Schließungskosten begrenzt. Maßgeblich ist dabei der niedrigere absolute Betrag. Die Untergrenze entspricht nach Auffassung des Verordnungsgebers[714] dem Fremdvergleich, denn auch ein unabhängiges Unternehmen stünde vor der Entsch, die Funktion entweder mit laufenden Verlusten fortzuführen oder die Funktion einzustellen und die Schließungskosten hinzunehmen. Auch die Festlegung des absolut niedrigeren Betrages, welcher der weniger belastende Betrag sei, als Untergrenze des Verhandlungsrahmens, entspreche dem betriebswirtschaftlich orientierten Handeln eines unabhängigen Unternehmens. Denn ein solches Unternehmen würde immer die aus eigener Sicht bessere Möglichkeit wählen.

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In einzelnen Fällen kann es vorkommen, dass das die verlustbringende Funktion bisher ausübende Unternehmen sich die Verlagerung etwas kosten lässt, um die Funktion und damit das Verlustpotenzial „abzustoßen“.[715] Für solche Fälle sieht § 7 Abs 3 S 2 FVerlV beispielhaft vor, dass es durchaus dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter entsprechen kann, zur Begrenzung von Verlusten ein Entgelt für die Funktionsverlagerung zu vereinbaren, das die anfallenden Schließungskosten nur teilw deckt, oder eine Ausgleichszahlung an das aufnehmende Unternehmen für die Übernahme des mit der verlagerten Funktion verbundenen Verlustpotenzials zu leisten. Letzteres wird sich für das verlagernde Unternehmen insb dann anbieten, wenn die Ausgleichszahlung hinter etwaigen sonst anfallenden Schließungsaufwendungen zurückbleibt.

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Eine Besonderheit ergibt sich bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in den Fällen, in denen das verlagernde Unternehmen aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Funktion auszuüben und in den Fällen, in denen mit der Funktion ein (dauerhaftes) Verlustpotenzial verbunden ist. Beträgt in den genannten Fällen der Mindestpreis für die zu verlagernde Funktion Null oder liegt der Preis gar darunter, ordnet § 7 Abs 5 FVerlV gleichwohl an, dass zu prüfen ist, ob ein unabhängiges Unternehmen bereit wäre, einen Entgelt für die Funktion zu leisten. Der Verordnungsgeber[716] unterstellt, auch in diesen Situationen sei ein unabhängiger Dritter als verlagerndes Unternehmen grds nicht dazu bereit, das Transferpaket unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, und andererseits sei ein unabhängiger Dritter als übernehmendes Unternehmen bereit, ein Entgelt zu bezahlen, wenn er damit Gewinnpotenzial erschließen könne, auf welches er sonst keinen Zugriff habe.

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Korrespondierend zur Festlegung der Untergrenze des Einigungsbereichs, regelt § 7 Abs 4 FVerlV die Höchstgrenze des Einigungsbereichs aus Sicht des übernehmenden Unternehmens. Die Höchstgrenze wird durch das Gewinnpotenzial, welches mit der übernommenen Funktion verbunden ist, bestimmt. Dabei berücksichtigt das Gewinnpotenzial, dass auch das übernehmende Unternehmen einen Mindestpreis beansprucht, den das übernehmende Unternehmen in den Vertragsverhandlungen mit dem verlagernden Unternehmen nicht zur Disposition stellt. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird anhand einer Investitionsrechnung genau kalkulieren, welcher Preis die Investition aus Sicht des übernehmenden Unternehmens noch sinnvoll macht. § 7 Abs 4 S 2 FVerlV ordnet an, dass tatsächlich bestehende Handlungsmöglichkeiten des übernehmenden Unternehmens zu berücksichtigen sind, weil diese Einfluss auf den auf die Ermittlung des Höchstpreises haben können.[717] Insoweit ist sind Dispositionsmöglichkeiten auch für steuerliche Zwecke anzuerkennen. Die Grenze der Handlungsmöglichkeiten ist dort erreicht, wo die Preisermittlung nicht mehr dem Handeln zweier ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (Abs 1 S 2), deren Informationen über alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung unterstellt werden muss, entspricht.

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An die Ermittlung der Untergrenze und der Obergrenze des Einigungsbereichs schließt sich die Festlegung des Verrechnungspreises an. Dieses wird regelmäßig der Mittelwert des Einigungsbereichs gem Abs 3 S 7 sein, da es dem StPfl nur in Ausnahmefällen gelingen wird, einen für ihn günstigeren Verrechnungspreis, der dem Fremdvergleichspreis entspricht, glaubhaft zu machen.[718] Der Ansatz des Mittelwertes zieht die Konsequenz nach sich, dass die Bundesrepublik Deutschland die Hälfte des durch die Funktionsverlagerung erzielten Mehrwertes für sich beansprucht.[719] Dieser Mehrwert ist der Bundesrepublik Deutschland nicht zuzurechnen, wäre ohne die Funktionsverlagerung niemals entstanden und kann vom deutschen Fiskus nicht beansprucht werden.[720]

Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen

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