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Hunger bekämpfen in Afrika als riesige Chance

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Die meisten Menschen glauben, dass die größten unternehmerischen Erfolgsaussichten im Dienstleistungssektor lägen und mithilfe technologischer Plattformen oder Apps verwirklicht werden könnten. Lassen Sie uns lateral über Afrikas Bevölkerungswachstum nachdenken. Der Weltbank zufolge wird die afrikanische Landwirtschaft bis 2030 zu einem billionenschweren Sektor aufsteigen. Mit ihr entsteht eine wahre Goldmine, die die gesamte Weltwirtschaft verändern könnte. Die Zukunft der Kinder Afrikas, von denen die meisten in ländlichen Gebieten geboren werden, hängt von der Transformation seiner Landwirtschaft ab. Trotz seiner enormen Landmasse und üppigen Wasserreserven ist der Kontinent derzeit ein Nettoimporteur von Lebensmitteln. Und während Rohstoffindustrien wie Kakao, Bergbau und Öl seit langem von grundlegender Bedeutung für die Nationalökonomien sind, wird in der näheren Zukunft ein Großteil des afrikanischen Wachstums parallel zur Ausweitung seiner Landwirtschaft erfolgen, und zwar im Verbund mit den zugehörigen Produktions- und Dienstleistungsbetrieben zur Versorgung der wachsenden Bevölkerung auf dem Kontinent. Afrika steht vor einer doppelten landwirtschaftlichen Herausforderung: Es muss bis zu zwei Millionen Quadratkilometer Land – etwa die Fläche Westeuropas von Berlin nach Lissabon – kultivieren und die eigene Produktivität entscheidend verbessern.

Afrika steht vor einer landwirtschaftlichen wie industriellen Revolution, wie Europa, Nord- und Südamerika und Ostasien sie in früheren Jahrhunderten erlebt haben. Überlegen wir kurz: Wie könnte es gelingen, eine positive Dynamik rund um einen expandierenden landwirtschaftlichen Sektor in Gang zu setzen? Die Bauern benötigen zunächst bessere Produktionsmittel wie Samen und Dünger, um die Erträge zu erhöhen und einen besseren Lebensstandard genießen zu können. Ihr Erfolg wiederum führt in den Dörfern zur Schaffung von Arbeit, wozu auch der Bereich der Reparatur von Traktoren und anderen Maschinen, die im Ackerbau eingesetzt werden, gehört. Aus einer reinen Subsistenzwirtschaft entwickelt sich eine ertragsstarke Landwirtschaft. Überschüsse werden an die wachsenden Städte der näheren Umgebung geliefert, was zu einem Rückgang der Lebensmittelimporte führt. Mit der Verarbeitung von Grundnahrungsmitteln zu Backwaren, Dosenfrüchten oder Fertiggerichten werden sogar noch mehr Arbeitsplätze geschaffen – womöglich mehrere Millionen auf dem ganzen Kontinent –, was sowohl ein erstarkendes produzierendes Gewerbe als auch einen blühenden Dienstleistungssektor entstehen lässt, der die neuen Waren unter die urbane Bevölkerung bringt. Dies ist im Kern die kommende afrikanische landwirtschaftlich-industrielle Revolution.

Um diese Entwicklung anzustoßen, bringen bereits viele Organisationen und Firmen neue Ideen und neue Praktiken in die afrikanische Landwirtschaft ein. So hat die African Agricultural Technololgy Foundation (AATF) Subsistenzbauern in Techniken der Bodentestung und Samenselektion eingeführt. »Einige Farmer haben sich nur kaputtgelacht«, so ein AATF-Außendienstmitarbeiter, »als wir andeuteten, ihre Ernte könne sich um das Zehnfache vermehren, wenn sie ihre Felder entsprechend präparieren, die richtigen Samen benutzen und Dünger verwenden würden.«

Betrachten wir den Fall von Samuel Owiti Awino. Seine Farm in der Region des Victoriasees in Kenia wurde immer wieder von unvorhersehbaren Regenfällen und dem zerstörerischen Unkraut Striga heimgesucht. Verzweifelt versuchte er jedes erdenkliche Mittel, um einen ausreichenden Ertrag zu erwirtschaften, mit dem er seine Familie ernähren und den Rest auf lokalen Märkten verkaufen konnte. »Wann man krank wird und nicht weiß, was für eine Krankheit man hat, greift man zu allen möglichen Mitteln und hofft, dass eines davon womöglich wirkt«, sagt er. »In der Landwirtschaft habe ich genau das immer getan.« Awino war erstaunt, als auf seinem Versuchsfeld doppelt so viel Mais wuchs wie auf seinen bislang besten Feldern.

Entgegen den Annahmen jener Panikmacher, die den Begriff der »Bevölkerungsexplosion« prägten, könnte das demographische Wachstum für Afrika einen entscheidenden Anreiz zur Stärkung des landwirtschaftlichen Sektors bieten, was wiederum Jobs schaffen und verwandte Wirtschaftsfelder voranbringen könnte – und zwar nicht nur in Afrika, sondern auch in anderen Teilen der Welt. Verbesserungen in der Bodenbewirtschaftung, Bewässerung und Verteilung könnten zu riesigen Gewinnen führen.

Auf seinem Weg in die Zukunft wird Afrika aus Subsistenzbauern wie Awino fortschrittliche Landwirte machen. Eine kluge Methode, den afrikanischen Bevölkerungszuwachs in eine Chance zu verwandeln, ist der Anbau, die Ernte und Verarbeitung von Maniokpflanzen. Dieses erstaunliche Wurzelgemüse aus Südamerika trotzt auch extremer Dürre und empfiehlt sich darüber hinaus wegen seiner flexiblen Erntezeit rund ums Jahr. Da Maniok nicht rein maschinell angebaut werden kann, eröffnet er für die Einheimischen eine zusätzliche Einkommensquelle. In den Entwicklungsländern ist Maniok nach Reis und Mais bereits die drittwichtigste Kohlenhydratquelle. Derzeit wird er vor allem verwendet, um Mehl und Bier herzustellen. In Subsahara-Afrika decken etwa 300 Millionen Menschen ihren täglichen Kohlenhydratbedarf mit Maniok. Darüber hinaus ist Maniok glutenfrei und hat einen niedrigeren Zuckergehalt als Weizen, weshalb er eine gesunde Alternative zu Getreide bietet und auch gut für Diabetiker geeignet ist. Sobald der Kontinent seine Maniokerträge erhöht, könnte ein Teil davon auch zu höherwertigen, für den Export bestimmten Produkten verarbeitet werden: Maniok ist ein Bestandteil von Sperrholz, er wird in vielen Arzneimitteln verwendet, darunter Pillen und Cremes, und er kann als Rohstoff für Biotreibstoff verwendet werden.

Will man die vielfältigen Möglichkeiten von Maniok nutzen, benötigt man sowohl Expertenwissen als auch die entsprechende Ausrüstung. Im Kernland von Sambia verbringt Celestina Mumba viele Stunden in der Woche damit, anderen Maniokbauern zu zeigen, wie man durch einfache Techniken wie Samenwahl und richtige Pflanzabstände die Erträge erhöhen kann. Sie ist darin eine Expertin geworden und verbringt heute einen Großteil ihrer Zeit damit, anderen Farmern beim Einsatz der besten verfügbaren Methoden zur Seite zu stehen. Dreitausend Kilometer von ihr entfernt gründete Pastor Felix Afolabi in Nigeria die »Afolabi Agro Divine Ventures«, um junge Maniokbauern zu betreuen und die Pflüge, Eggen, Spritzkanonen, Pflanzer, Erntemaschinen und Planierraupen zu erwerben, die notwendig sind, um die nigerianische Landwirtschaft zu mechanisieren. Landwirtschaftliche Unternehmer wie Mumba und Afolabi sind die Pioniere der agrarisch-industriellen Revolution Afrikas.

Zwar befinden sich bereits viele der menschlichen, technologischen und finanziellen Ressourcen, die zur Weiterentwicklung der Maniokproduktion benötigt werden, vor Ort in Subsahara-Afrika, doch können auch ausländische Firmen und NGOs einen entscheidenden Beitrag leisten: Aufgrund seines hohen Wassergehalts muss Maniok innerhalb von vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden nach der Ernte verarbeitet werden, weshalb die hierfür notwendigen Maschinen in der Nähe der Pflanzstätten verfügbar sein müssen. Die Dutch Agricultural Development and Trading Company (DADTCO), ein gewinnorientiertes Sozialunternehmen, das sich darauf spezialisiert hat, die wirtschaftlichen Bedingungen in armen Gemeinden zu verbessern, bietet kleinen afrikanischen Farmen Verarbeitungs-, Raffinerie- und Trocknungseinheiten in Containern an, die mit Lastwagen von Dorf zu Dorf gebracht werden. Die Ernte kann beginnen, sobald diese mobilen Anlagen aufgebaut sind. Im Handumdrehen könnten Bauern oder andere lokale Unternehmer diese Mittel einsetzen, um Nahrungsmittel selbst zu produzieren.

In der nahen Zukunft könnte eine Ausweitung der Maniokproduktion für die im ländlichen Raum geborenen Babys von heute jene Jobs schaffen, mit denen sie ihren Lebensunterhalt verdienen werden. Und was, wenn Afrika zu einem führenden Standort der globalen Bierindustrie aufsteigen würde? Unter anderem SABMiller und Diageo erwerben heute bereits von Maniokproduzenten das Rohmaterial zum Bierbrauen. So verringern sie die Kosten für ihr Endprodukt und Afrikas weitverbreitete Abhängigkeit von teuren Importen. Sollte sich Maniokbier als kosteneffektiv und nachhaltig erweisen, können wir uns schon heute auf mehrere afrikanische Biere in unserer Stammkneipe freuen, und zwar zu sehr attraktiven Preisen. Also aufgepasst, Budweiser, Heineken, Radeberger!

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