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1 Folge den Babys
ОглавлениеBevölkerungsrückgang, der afrikanische Babyboom und die nächste industrielle Revolution
»Ein Baby kommt nicht nur mit einem Mund und einem Magen zur Welt, sondern auch mit zwei Händen.«
Edwin Cannan, britischer Wirtschafts- und Bevölkerungswissenschaftler
Es scheint erschreckend, mit welcher Geschwindigkeit die Weltbevölkerung wächst. Im Jahr 1820 gab es eine Milliarde Menschen auf der Erde. Ein Jahrhundert später waren es zwei Milliarden. Nach einem kurzen Stillstand in Folge der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs erreichte die Wachstumsrate eine atemberaubende Geschwindigkeit: drei Milliarden bis 1960, vier Milliarden bis 1975, fünf Milliarden bis 1987, sechs Milliarden im Jahr 2000 und sieben Milliarden im Jahr 2010. »Geburtenkontrolle oder ein Wettlauf in das Vergessen?« lautete der Slogan auf dem Umschlag von Paul und Anne Ehrlichs einflussreichem Buch Die Bevölkerungsbombe aus dem Jahr 1968. Seither waren Regierungen auf der ganzen Welt und große Teile der Öffentlichkeit höchst besorgt über etwas, das sie für unausweichlich hielten: Wir werden den Planeten überfluten und uns damit selbst vernichten (und mit uns Millionen von Pflanzen und Tierarten).
Tatsächlich aber werden wir im Jahr 2030 mit einem Mangel an Kindern konfrontiert sein.
In den nächsten Jahrzehnten wird die Weltbevölkerung nicht einmal halb so schnell wachsen, wie sie dies zwischen 1960 und 1990 getan hat. In einigen Ländern wird die Zahl ihrer Bewohner sogar abnehmen (wenn sie keine sehr hohen Zuwanderungsraten zulassen). So bekamen amerikanische Frauen seit den frühen 1970er Jahren im Schnitt weniger als zwei Kinder – eine Quote, die nicht ausreicht, um eine konstante Bevölkerungszahl zu garantieren. Dasselbe gilt für viele andere Länder. Menschen in so unterschiedlichen Ländern wie Brasilien, Kanada, Schweden, China und Japan fragen sich zunehmend, wer für die Ältesten sorgen und wer ihre Rente bezahlen soll.
Da die Geburtenraten in Ostasien, Europa und Nord- wie Südamerika sinken, während sie in Afrika, im Nahen Osten und in Südasien langsamer steigen als bisher, verändert sich das globale Gleichgewicht wirtschaftlicher und geopolitischer Macht. Man bedenke: Für jedes Baby, das heute in einem hochentwickelten Land geboren wird, werden mehr als neun in Schwellen- und Entwicklungsländern geboren. Anders gesagt werden für jedes in den Vereinigten Staaten geborene Baby 4,4 in China, 6,5 in Indien und 10,2 auf dem afrikanischen Kontinent geboren. Hinzu kommt, dass aufgrund einer verbesserten Ernährung und Gesundheitsvorsorge in den ärmsten Teilen der Welt immer mehr Kinder das Erwachsenenalter erreichen und ihrerseits wieder Kinder bekommen. Vor einem halben Jahrhundert starb in afrikanischen Ländern wie Kenia oder Ghana eines von vier Kindern, bevor es vierzehn Jahre alt wurde, heute weniger als eines von zehn. Diese rasanten Veränderungen der relativen Bevölkerungen in verschiedenen Teilen der Welt werden nicht nur davon bestimmt, wer mehr Babys bekommt, sondern auch, wessen Lebenserwartung schneller zunimmt. So ging man zum Beispiel davon aus, dass Menschen, die in den 1950er Jahren in den am wenigsten entwickelten Regionen der Welt geboren wurden, dreißig Jahre kürzer leben als jene aus den fortschrittlichsten Ländern. Heute beträgt dieser Unterschied noch siebzehn Jahre. Zwischen 1950 und 2015 ging die Sterblichkeitsrate in Europa nur um 3 Prozent zurück, in Afrika jedoch um sage und schreibe 65 Prozent. Die Lebenserwartung in ärmeren Ländern nähert sich aufgrund niedrigerer Sterblichkeit derjenigen in den reichen Ländern in allen Altersgruppen an.
Abbildung 3 zeigt den Anteil an der Weltbevölkerung in verschiedenen Regionen zwischen 1950 und 2017 sowie, nach Berechnungen der Vereinten Nationen, die entsprechenden Vorhersagen für das Jahr 2100.
Betrachten wir einmal das Jahr 2030. In diesem Jahr wird Südasien (mit Indien) seine Stellung als bevölkerungsreichste Region gefestigt haben. Afrika wird zur zweitgrößten Region aufsteigen, während Ostasien (mit China) auf den dritten Rang zurückfallen wird. Europa, das 1950 noch den zweiten Platz innehatte, wird hinter Südostasien (wozu unter anderem Kambodscha, Indonesien, die Philippinen und Thailand gehören) und Lateinamerika auf dem sechsten Platz landen.
Internationale Migrationsströme können diese epochalen Veränderungen zum Teil abschwächen, weil Menschen aus Teilen der Welt mit einem Geburtenüberschuss in andere mit niedrigen Geburtenraten abwandern werden. Tatsächlich ist dies in der Geschichte der Menschheit wiederholt geschehen, zum Beispiel, als viele Südeuropäer in den fünfziger und sechziger Jahren nach Nordeuropa einwanderten. Doch diesmal wird die Migration, die aus obiger Grafik ersichtlichen Entwicklungen nicht aufwiegen können. Ich betone das, weil zu viele Regierungen dieser Welt entschlossen zu sein scheinen, neue Mauern zu errichten – ob nun althergebracht mit Zäunen und Stacheldraht oder mithilfe moderner Technologien wie Laser und chemischen Detektoren zur Überwachung von Grenzübergängen, oder mit beidem.
Doch selbst wenn diese Mauern nie gebaut werden oder sich als wirkungslos erweisen sollten, veranschaulicht unsere Grafik, dass die Folgen der Migration keinen größeren Einfluss auf die Bevölkerungstrends haben werden. Ausgehend von gegenwärtigen Migrations- und Bevölkerungsentwicklungen wird Subsahara-Afrika – also jene rund fünfzig afrikanischen Länder, die nicht an das Mittelmeer grenzen – bis zum Jahr 2030 die Weltregion sein, in der die zweitmeisten Menschen leben. Einmal angenommen, das Migrationsvolumen verdoppelt sich in den nächsten zwanzig Jahren, dann werden doppelt so viele Migranten den Eintritt obiger Prognosen nur verzögern. Sie werden die Bevölkerungstrends, die zum Ende der Welt, wie wir sie kannten, führen werden, nicht umkehren, sondern lediglich um etwa drei Jahre auf das Jahr 2033 verschieben.