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Angst vor und Ärger über Immigration

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Im Jahr 2030 wird sich die Weltbevölkerung ganz anders auf dem Planeten verteilen als heute. In Afrika und Südasien werden viel mehr Menschen leben als in anderen Teilen der Welt. Und obwohl sich die Anzahl der Menschen, die von einem Land in ein anderes migrieren werden, verändern wird, werden die Gründe hierfür die gleichen bleiben: Migration tendiert immer genau dann dazu, zu einem vorherrschenden Phänomen zu werden, wenn es in einem Teil der Welt sehr viele Kinder gibt, in einem anderen hingegen eher wenige. Oder wenn sich größere Krisen wie Hungersnöte, Aufstände, Bürgerkriege ankündigen oder es zu Naturkatastrophen kommt. Die internationale Migration wird heute oft als eine »Welle« oder gar als »Flut« bezeichnet, die eingedämmt werden müsse. Spitzenpolitiker fordern, Mauern zu errichten. Länder verlassen Handelsabkommen und politisch-wirtschaftliche Bündnisse wie die Europäische Union. Besorgte Bürger verkünden auf Transparenten, dass Immigranten unerwünscht seien. Doch was, wenn die Angst, Immigranten würden den Einheimischen Jobs wegnehmen und die Staatskassen trockenlegen, völlig falsch und kurzsichtig wäre?

Die gängige Meinung lautet, dass Migranten die angestammten Arbeiter ersetzen und ihnen ihre guten Fabrikjobs wegschnappen. Dabei stehen die meisten Immigranten überhaupt nicht im Wettbewerb mit den Einheimischen. Das zeigen Studien der amerikanischen National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine (NAS). Dies liege daran, so die NAS, dass Immigranten entweder sehr geringe oder außergewöhnlich hohe Qualifikationen mitbrächten und aus diesem Grund keine Beschäftigungsaussichten in ihren Heimatländern besäßen. Im Gegensatz dazu hätten ihre Landsleute mit mittleren Qualifikationen – wie etwa Handwerker oder Mechaniker – in ihren Heimatländern sehr viele Arbeitsmöglichkeiten, weshalb diese auch nicht dazu neigten, auszuwandern. In hochentwickelten Industrienationen wie den Vereinigten Staaten, Japan und den europäischen Staaten gibt es immer noch genügend Jobs für Geringqualifizierte, insbesondere in der Landwirtschaft und im Dienstleistungssektor, und gleichzeitig besteht eine hohe Nachfrage nach hochqualifizierten Facharbeitern. Dagegen gehen in denselben Ländern Arbeitsplätze vor allem im Produktionssektor verloren, also unter Arbeitern mit mittleren Qualifikationen. Ihre Arbeiten lassen sich einfacher und wirtschaftlicher automatisieren. In reichen Ländern ist es wirtschaftlich am sinnvollsten, Technologien zur Einsparung von Arbeitskräften dort einzusetzen, wo mittlere Qualifikationen gefordert werden. Denn in diesem Segment sind die Löhne hoch genug, um Automatisierungsanreize zu schaffen, und die entsprechenden Arbeiten sind relativ einfach zu automatisieren (wie wir in Kapitel 6 sehen werden). Also sollten sich die Angst und die Wut, die Arbeitsplatzverluste nach sich ziehen, eher auf den technologischen Wandel richten, nicht auf die Zuwanderung. Tatsächlich hat meine Kollegin an der Wharton School, Britta Glennon, herausgefunden, dass die Beschränkung von Arbeitsvisa für Wissenschaftler und Ingenieure in den Vereinigten Staaten Arbeitsplätze zerstört, weil Firmen ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen ins Ausland verlagern, um von den dortigen Talentschmieden zu profitieren. Und wer sind größten Nutznießer dieses rigorosen Vorgehens gegen Immigration? China, Indien und Kanada – also jene Länder, in die diese Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten verlagert wurden.

Wenn wir die Statistiken darüber, wie viele im Ausland geborene Menschen in den Vereinigten Staaten angestellt sind, nach Bildungsniveaus unterteilen, sehen wir, dass Immigranten den Amerikanern eher keine Jobs wegnehmen. Etwa 42 Prozent aller Arbeiter, die die Schule abbrechen, sind Immigranten, und unter allen Inhabern von Doktortiteln sind 29 Prozent im Ausland geboren. Im Gegensatz dazu sind nur 15 Prozent der Menschen mit Schulabschluss, 10 Prozent jener mit einer Art von Hochschulbildung ohne Abschluss und 14 Prozent der US-Bewohner mit Bachelorabschluss Immigranten. Gleichzeitig berichtet das Statistische Bundesamt der USA, dass die Anzahl der hochqualifizierten Arbeitsplätze im Management- und Technikbereich gewachsen ist, während die Anzahl von einfachen handwerklichen Tätigkeiten und Bürojobs stark zurückgegangen ist – aufgrund von Automatisierungsprozessen.

Wenn wir die Daten noch genauer nach spezifischen Beschäftigungsfeldern untersuchen, finden wir weitere Belege dafür, dass die meisten Immigranten nicht mit den Einheimischen um Arbeitsplätze konkurrieren. Dem Urban Institute in Washington D.C. zufolge sind in den Vereinigten Staaten die wichtigsten Berufsgruppen unter Immigranten ohne Schulabschluss: Hausangestellte, Reinigungskräfte, Köche und Feldarbeiter. Dagegen sind einheimische Arbeiter ohne Schulabschluss zahlreicher unter Kassierern, Fahrern von LKWs und anderen Fahrzeugen sowie Hausmeistern zu finden. Direkte Konkurrenzsituationen zwischen Immigranten und Einheimischen sind eher selten.

Die Migration wird dabei helfen, einige der Schwierigkeiten zu überwinden, die mit alternden Bevölkerungen in Verbindung gebracht werden. Die Vereinten Nationen nennen dies »Replacement Migration« – »Bestandserhaltungsmigration«. Die Daten des Statistischen Bundesamtes der Vereinigten Staaten legen nahe, dass die amerikanische Wirtschaft, sobald die Generation der Babyboomer in Rente geht, größere Zuströme von Immigranten benötigen wird, um den Bedarf in Dutzenden von Berufen zu erfüllen, von Pflegern über Bauarbeiter und Köche bis hin zu Softwareentwicklern. Bis 2030 werden diese und andere Stellen in den Vereinigten Staaten von Arbeitern besetzt sein, die im Ausland geboren wurden.

Eine andere Möglichkeit, um abschätzen zu können, ob Immigranten den wirtschaftlichen Status von Einheimischen gefährden, besteht darin, die Einkünfte Letzterer zu untersuchen. Die Löhne von Einheimischen sollten zurückgehen, wenn sie mit Immigranten um dieselben Jobs konkurrieren. Nach genauer Prüfung der Daten kamen die NAS zu dem Schluss, dass »der Einfluss von Immigration auf das Durchschnittseinkommen von Einheimischen klein oder fast null« sei. Allerdings fand die Untersuchung vor allem »größere negative Auswirkungen für benachteiligte Gruppen [wie etwa ethnische Minderheiten] und für früher Zugewanderte als für Einheimische insgesamt«. Dies mag womöglich das Paradox erklären, warum ein bedeutender Anteil der kürzlich Zugewanderten in Europa und den Vereinigten Staaten Kandidaten wählen, die die Immigration verteufeln. Bezeichnenderweise stellen Schulabbrecher unter Einheimischen die Bevölkerungsgruppe, die von den Folgen der Immigration am stärksten betroffen sind und strengere Zuwanderungskontrollen befürworten – ein Aspekt, der bei den Wahlen dieser Tage eine große Rolle spielt.

Wenngleich also gezeigt werden kann, dass Immigranten nicht mit Einheimischen um Jobs konkurrieren, ist es dennoch möglich, dass Zuwanderung einen Nettoverlust für das Zielland darstellt, nämlich wenn Neuankömmlinge unverhältnismäßig stark von Sozialleistungen profitieren. Tatsächlich gründet ein gehöriger Teil des Volkszorns gegen Immigranten sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten auf der Beschuldigung, sie würden den Staatshaushalt belasten, weil sie als Nutznießer des Systems mehr Sozialleistungen in Anspruch nähmen, als dass sie als Arbeiter zu dessen Stabilität beitrügen. Doch auch hier widerlegen die Daten die gängige Meinung. Etwa 72 Prozent aller internationalen Immigranten weltweit sind in einem arbeitsfähigen Alter, verglichen mit 58 Prozent der Gesamtbevölkerung. Einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) zufolge waren Immigranten seit 1990 zu 47 Prozent am Anstieg der Arbeitnehmerschaft in den Vereinigten Staaten beteiligt, in Europa sogar zu 70 Prozent. Sie tragen mehr zu den Steuereinnahmen eines Landes bei, als dass sie von dessen Sozialleistungen profitieren. »In jedem beliebigen Alter«, bemerkte der Bericht der NAS, »steuern erwachsenen Mitglieder der zweiten Generation [von Immigranten] auf allen Ebenen durchschnittlich mehr zu den Staatseinnahmen bei als Erwachsene der ersten und dritten Generation.« Zwischen 1994 und 2013 stieg das Verhältnis zwischen Steuern zu Sozialleistungen »sowohl in der ersten als auch der zweiten Generationengruppe«, was darauf hindeutet, dass Immigranten im Laufe der Zeit durch Lohn- und Einkommenssteuern mehr zum Staatshaushalt beitragen, als sie über Sozialleistungen erhalten. Beachtenswert ist, dass der steuerliche Beitrag von Immigranten in den USA auf Bundesebene – angesichts der Tatsache, dass die meisten von ihnen in einem arbeitsfähigen Alter sind – positiver ist als auf Staats- und lokaler Ebene, wo die Erziehung ihrer Kinder finanziert wird. Die NAS schlossen: »Ein Immigrant und eine im Land geborene Person mit gleichen Kennzeichen [also Alter, Erziehung, Einkommen etc.] werden sehr wahrscheinlich eine in etwa gleiche steuerliche Relevanz haben.«

2030

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