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Arbeitsmarkt der Grauhaarigen
ОглавлениеIn dem Film The Intern – Man lernt nie aus von 2015 fragt der siebzigjährige Witwer Ben Whittaker (gespielt von Robert De Niro): »Was soll ich nur mit dem Rest meiner Tage anfangen? Such es dir aus! Golf. Bücher. Filme. Doppelkopf. Ich hab’s mit Yoga probiert, kochen gelernt, Pflanzen gekauft, Mandarinkurse besucht. Glaub mir, ich hab alles ausprobiert.« Schließlich fängt er als Praktikant bei einem Online-Mode-Start-up an, das im Rahmen eines Gemeindeprojektes ältere Menschen mit speziellen Talenten an sich bindet und das von der Gründerin und Geschäftsführerin Jules Ostin (Anne Hathaway) geleitet wird. Nach mehreren Drehungen und Wendungen wird Ben Jules’ wichtigster Berater und Vertrauter.
Man bedenke, wie viel Talent wir vergeuden, weil wir das Know-How und die Erfahrung der ergrauenden Generation nicht voll ausschöpfen, während sie doch zahlenmäßig immer größer wird. Halten wir einen Augenblick inne und versuchen uns eine Welt vorzustellen, in der unsere Großeltern zu den aktivsten und produktivsten Mitgliedern der Gesellschaft gehören.
Als der preußische Staatsmann Otto von Bismarck die erste staatliche Altersversicherung einführte, versuchte er, die Arbeiterklasse im Zaum zu halten, indem er ihr etwas bot, auf das sie sich freuen konnte. Die Altersversicherung war eine der größten Erfindungen des späten achtzehnten Jahrhunderts, die – ähnlich wie das Telefon, der Verbrennungsmotor oder künstliche Fasern – die moderne Welt revolutionieren sollte. In Verbindung mit der allgemeinen Schulpflicht, einer weiteren Erfindung des neunzehnten Jahrhunderts, führten Rentenprogramme zu der klaren Unterteilung des menschlichen Lebens in drei unterschiedliche Phasen: Schule, Arbeit, Ruhestand. Man hatte keine andere Wahl. Der Staat bestimmte in Abhängigkeit vom Alter, was man zu tun hatte, und soziale Normen verstärkten dieses reglementierende Lebensmodell.
Man kann nur staunen, wenn man begreift, dass der Staat, das Gesetz und sogar die Mainstreamkultur uns für eine ganze Weile eingeredet haben, dass Menschen ab einem gewissen Alter keine echten Beiträge mehr für die Gesellschaft und die Wirtschaft leisten können. Menschen über fünfundsechzig (oder eine andere zufällige Zahl) wurden als Teil der »passiven« Bevölkerung gesehen, die weder Geber noch Nehmer sind.
Doch angesichts einer höheren Lebenserwartung – bis 2030 kann ein Sechzigjähriger im Schnitt damit rechnen, weitere 22 Jahre zu leben, in der hochentwickelten Welt steigt diese Zahl sogar auf 25 Jahre – wird es Zeit, dieses starre Schema zu hinterfragen. »Der Wunsch zu arbeiten ist zum Teil finanziell motiviert«, sagt Catherine Collinson, CEO des Transamerica Center for Retirement Studies, »doch verweist er darüber hinaus auf das Bedürfnis, weiter mit der Welt in Kontakt zu sein.« Genauso erleben auch Unternehmen einen schmerzlichen Verlust, wenn ein erfahrener Mitarbeiter in Ruhestand geht. »Wenn die Babyboomer in Rente gehen, geht ihr Wissen mit ihnen«, sagt Susan Weinstock, Vizepräsidentin der AARP. »Ältere Mitarbeiter sind für Angestellte von großem Wert.« In diesem Sinne haben Boeing, Michelin und UPS damit angefangen, in den Hochphasen ihrer Produkte und Dienstleistungen pensionierte Mitarbeiter zurückzuholen.
Doch versprechen erfahrene Mitarbeiter noch weitere potenzielle Vorteile. Untersuchungen zeigen, dass Geschlechter- und ethnische Diversität den Gruppenzusammenhalt und die Arbeitsleistung tendenziell senken, gleichzeitig jedoch die Kreativität erhöhen und für bessere Lösungen bei außergewöhnlichen Problemen sorgen. Obwohl die Bedeutung des Alters mit Dauer der Betriebszugehörigkeit verschwimmt, gibt es einige Forschungsberichte, wonach auch Gruppen aus unterschiedlichen Geburtsjahrgängen kreativer sein können. So fand etwa BMW heraus, dass generationsübergreifende Teams besser zusammenarbeiten, wenn es darum geht, Ideen zu entwickeln und Probleme zu lösen. »Ein generationsübergreifendes Team bietet eine breit gefächerte Sichtweise auf Projekte oder Probleme«, erklärt Helen Dennis, eine Spezialistin zu diesem Thema. »Je mehr Gedanken einfließen, desto größere Vorteile verschafft man sich auf dem Weg, seine Ziele zu erreichen.« Der Film The Intern zeigt auf hervorragende Weise, wie das Zusammenspiel von Generationen am Arbeitsplatz zu Win-Win-Situation führen kann – und für so manche Lacher sorgt. Doch wie sieht es mit den nicht beabsichtigten Folgen aus?
Eine weitgehend unvorhergesehene Konsequenz der Arbeit jenseits des Renteneinstiegsalters ist die zunehmende Weigerung der Regierungen in Europa und in den Vereinigten Staaten, sich um die Wohlfahrt der Menschen jenseits eines bestimmten Alters zu kümmern. Diskussionen um »Ermessensausgaben« und die Rede von »Siebzig ist das neue Fünfzig« haben Politiker davon überzeugt, dass Senioren auch ohne Staatshilfen gut zurechtkommen. Weite Kreisen in Politik und Wirtschaft vertreten angesichts fallender Steuereinnahmen und anhaltend hoher Kaufkraft die Ansicht, dass staatliche Renten nicht die Lösung sein können und es vor allem nicht sein sollten. Viele Politiker glauben, Ältere sollten ihr Schicksal in weit größerem Umfang als in den vergangenen Jahrzehnten selbst in die Hand nehmen – etwa, indem sie (wie wir in Kapitel 7 sehen werden) Privatzimmer vermieten oder für Uber fahren. Da die demographische Gruppe der über Sechzigjährigen weltweit wächst, wird dies sicher Thema erhitzter Debatten, insbesondere wenn die kleineren und jüngeren Jahrgänge der Steuerzahler – die Millennials und die »Gen Z« – politisch an Einfluss gewinnen.