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Wie kann ich in meinem Fahrtenschiff eine gemütliche Atmosphäre schaffen?

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Es dauert ein bisschen, bis ein Boot seine Seele gefunden hat. Einige Schiffe werden so stiefmütterlich behandelt, dass sie auch nach Jahren immer noch so aussehen, als seien sie gerade erst von der Werft ausgeliefert worden.

Funkelnagelneue Schiffe sind auf einer Bootsmesse immer besonders schön zu bewundern, trotzdem haben sie einiges mit Charterschiffen großer Firmen gemein: Sie sehen alle gleich und unpersönlich aus. Das ist ja auch die Absicht auf einer Messe: Ein neues Schiff bekommt erst durch seinen Eigner und dessen Engagement eine Persönlichkeit und einen Charakter. Charterschiffe sollen ähnlich wie Hotelzimmer möglichst viele Gäste ansprechen, ohne durch zu viel persönliche Ausschmückung abschreckend zu wirken. Einige Hotels haben inzwischen aber verstanden, dass Menschen sehr wohl Zimmer mit Charakter zu schätzen wissen, und so gibt es selbstverständlich auch Charterschiffe, die mit persönlichem Stil ausgeschmückt sind. Auch Ausstellungsboote werden inzwischen oft mit Kissen, Handtüchern oder einer Obstschale hier und da ausgeschmückt.

Ein kleines Fahrtenschiff bietet natürlich nicht ganz so viel Gestaltungsspielraum wie ein Haus, doch die bestehenden Möglichkeiten sollte der Eigner umso dringlicher nutzen, um sein Schiff persönlich zu prägen und den Wohlfühlfaktor zu steigern. Das Fahrtenschiff verwandelt sich im Nu vom sterilen Ausstellungsobjekt zum gemütlichen Zuhause. Für geringes Geld lassen sich die Stoffbezüge im Salon auswechseln (wobei sich vielleicht herausstellt, dass auch die Polster mit ausgetauscht werden sollten), um maximale Gemütlichkeit zu gewährleisten. Es lohnt sich, in sein Boot zu investieren; nicht zuletzt auch, um den Partner und die Familie für das Wohnen auf dem Schiff zu begeistern.

Von den vielen Möglichkeiten, wie dem Schiff eine Persönlichkeit geschenkt werden kann, sind hier ein paar Ideen und Inspirationen skizziert. Es gibt aber natürlich noch unzählige weitere Möglichkeiten und viel Raum, um seiner gestalterischen Fantasie freien Lauf zu lassen.

Das mittig im Salon angebrachte Hauptschott wirkt oft wie eine riesige dominante Wand. Dem kann man leicht entgegenwirken, indem man sie mit einem Bild, einem persönlichen Erinnerungsstück oder einer Seekarte dekoriert.

Die breit streuenden Deckenleuchten, die wahrscheinlich aus Stromspargründen auf LED umgerüstet wurden, haben oft einen hässlichen Schein, denn sie geben ein viel zu kontrastloses Licht, das sich gleichförmig im ganzen Salon verbreitet. Die Gemütlichkeit kann schnell um ein Vielfaches erhöht werden, wenn stattdessen viele kleine Lichtquellen sowie indirektes Licht mit LED-Tapes eingesetzt werden. Empfehlenswert sind hier Hochqualitäts-LEDs, die ein ansprechendes Licht ausstrahlen, und nicht die billigeren Varianten aus dem Baumarkt. Dimmer ermöglichen eine individuelle Lichtgestaltung und können je nach gewünschter Atmosphäre situationsbedingt eingestellt werden.

Zusätzlich geht nichts über eine traditionelle Petroleumlampe, die zu besonders gemütlichen Abenden gezündet werden kann und im Cockpit aufgehängt den Abend im wahrsten Sinn des Wortes vergoldet. Der verregnete, graue Tag oder die blaue Stunde lädt zu gemütlichem Beisammensein oder eigener Achtsamkeit im Cockpit vor Anker oder im Hafen ein.

Kontrovers diskutiert wird häufig, ob ein Teppich auf einem Boot die Gemütlichkeit erhöht oder kategorisch als unschiffig und unpraktisch zu betrachten ist. Wenn man mit nass triefenden Regenkleidern in die Kajüte stapft, ist ein Teppich natürlich schnell problematisch. Für andere schafft der Teppich hingegen nicht nur Wärme für die Füße, sondern gibt vor allem einen wunderbaren Studiosound, indem die hohen Reflexionen der Tonwellen einfach vom Material des Teppichs verschluckt werden. Wer sich also für das Ambiente einen Teppich wünscht, kann die Regenkleider und Stiefel einfach schon unter der geschützten Sprayhood im Cockpit ausziehen. Das hilft übrigens auch gut gegen Seekrankheit! In südlicheren Revieren gilt zu beachten: Gerade in Salzwasser gebadete oder sandige Füße lassen den Teppich zum unappetitlichen Schmutzfänger werden. Zum Glück bieten Teppiche die Option, sie zu gewissen Segeltörns einfach an Land zu lassen – viele müssen nicht verklebt werden, sondern lassen sich durch Druckknöpfe rutschfest montieren und sind waschbar.

Viele verbringen die nächtlichen Stunden in einem Schlafsack und verschlafen so ein Drittel ihrer Bootszeit als Single in einem Nylon-Kokon. Aber warum nicht genauso gemütlich wie zu Hause gemeinsam unter einer Steppdecke kuscheln? Viele Decken sind heute aus feuchtigkeitsabweisender Kunstfaser, und wenn die Bettwäsche statt aus 100 % Baumwolle aus einem Mischgewebe mit 50 % Nylon besteht, ist ein komfortabler Kompromiss zwischen Trockenheit und Kuschelfaktor gewährleistet.

Plastikgeschirr ist ohne Zweifel sehr praktisch für Mahlzeiten unterwegs im Cockpit. Doch auch hier gibt es große Qualitätsunterschiede zwischen billigem Campinggeschirr und hochwertigem Kunststoff. Für gemütliche wie stilvolle Stunden am Ankerplatz oder im Hafen spricht außerdem absolut nichts gegen Teller und Tassen aus Porzellan sowie Weingläser aus richtigem Glas. Individuell in Kartons verpackt oder durch kleine Papiereinlagen voneinander getrennt, lassen sie sich sogar im Schapp sicher verstauen. Wer gern selber werkelt, kann sich auch den Bau einer Vitrine für die Gläser als Projekt für den nächsten Winter vornehmen.

Unter Deck

–Die Breite des Schiffes ist weniger wichtig als die individuelle Stehhöhe

–Viele Handläufe, eine attraktive Pantry und bequeme Kojen sind wichtig

–Die Nasszelle wird bei längeren Törns viel benutzt

–Eine (Not-)Dusche lässt sich auch in kleinen Schiffen einrichten (ggf. im Außenbereich)

–Viele Nasszellen riechen aufgrund von gasundichten Schläuchen nicht gut

–Eine nachgerüstete, süßwassergespülte elektrische Toilette kann viele Probleme auf einmal lösen

–Die Gemütlichkeit kann durch kleine Details und persönliche Gestaltung sehr gesteigert werden

So könnte die Liste über Zierkissen, Stoffe, Haushaltsgeschirr und Dekorationen noch lange weitergeführt werden. Das Wichtigste ist immer, dass die Crew sich wohlfühlt.

Praxisguide Fahrtensegeln

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