Читать книгу Praxisguide Fahrtensegeln - Leon Schulz - Страница 63

Wie haben sich die Schiffe über die Jahre hinweg entwickelt? Was ist der Trend?

Оглавление

Die Bewohnbarkeit stand wohl schon immer an erster Stelle bei Fahrtenschiffen, nur haben sich die Ansprüche daran über die Jahrzehnte verändert. Wir Menschen sind bequemer und anspruchsvoller, die Schiffe immer größer geworden. Wer ein älteres und aus heutiger Sicht eher »kleines Schiff« als Einsteigermodell kauft, übernimmt nicht selten das Flaggschiff der Werft vergangener Zeiten. Der pure Luxus von damals kann heute für verhältnismäßig erschwingliches Geld gekauft werden. Ein 40-Fuß-Schiff aus den ersten Jahrzehnten nach der GFK-Revolution war fast schon ein Größenmonster und benötigte damals nicht selten zwei Masten, um von einer kleinen Crew bedient werden zu können. Jahr für Jahr verschob sich die Marge, und heute lohnt es sich für eine Werft kaum mehr, kleinere Fahrtenschiffe zu bauen, da sie in der Herstellung nicht wesentlich günstiger zu produzieren sind als größere Schiffe. Moderne Ausrüstung, wie beispielsweise eine Rollgenua oder elektrische Winschen, erlaubt es heute, selbst große Schiffe mit nur einem langen Mast (statt zwei kurzen) mit einer kleinen Crew bequem zu handhaben.

Abgesehen von der wachsenden Größe der Boote hat sich vor allem die Performance weiterentwickelt. Im Regattabereich zunächst gewagte, experimentell erprobte Lösungen wurden nach bestandener Bewährungsprobe oftmals für Fahrtenschiffe übernommen, vorsichtig angepasst und langsam von den Fahrtenseglern akzeptiert: immer tiefere und kürzere Kiele, freihängende Ruder, flache Unterwasserschiffe und eine leichte Sandwichbauweise, die auch für Isolation sorgt. Ein tief unter die Wasseroberfläche reichender Kiel eines modernen Kurzkielers, der manchmal auch am untersten Ende mit einer schweren »Bleibombe« versehen ist, gibt ein enormes Gegengewicht zu den immer größeren Segeln an immer höheren Masten. Viel Segelfläche und ein tief liegender Schwerpunkt eines kurzen Kiels sorgen zunehmend für mehr Dynamik, Fahrt und Segelspaß, aber auch für Einschränkungen beim Ankern und Segeln in flachem Gewässer.

Schiffe bekommen auch immer mehr Volumen unter Deck und zudem deutlich mehr natürliches Licht durch Luken und Fenster. Lautete der Slogan für Fahrtenschiffe früher oftmals noch »Bewohnbarkeit statt Performance« – da Fahrtensegler viel Zeit hätten und nicht über das Meer hetzen müssten –, geht der Trend aktuell immer mehr hin zu »Performance trotz Bewohnbarkeit«.

Ein weiterer wichtiger Trend bei Fahrtenyachten ist die enorme Entwicklung der Bootsausrüstung. Sie hat eindeutig einen positiven Einfluss auf das Segeln, besonders wenn es um Komfort und Sicherheit geht. Die Zuverlässigkeit der modernen Ausrüstung ist enorm gestiegen. Früher gaben der Dieselmotor oder die Bordelektronik auf einem Schiff gern mal ihren Geist auf; heute ist die Stromversorgung an Bord fast genauso gut wie zu Hause, und die elektronische Navigation segelt das Schiff scheinbar schon fast von allein ans Ziel. Ein weiterer Vorteil: Moderne Bootsausrüstung lässt sich selbst in ältere Schiffe jederzeit refitten – und sie wiegt dabei nicht einmal mehr besonders viel.

Mit dem Einzug der Smartphones und Tablets in unseren Alltag ist heutzutage auch das Internet selbst auf See oft nicht weit entfernt: Die Netzabdeckung erstreckt sich – länderabhängig – ca. 10 sm von der Küste hinaus aufs Meer. Durch das Internet ist nahezu die gesamte Welt kommunikativ verbunden, und in vielen Bereichen ist durch Homeoffice sogar das Arbeiten vom Boot aus möglich.

Dennoch ist das gute alte Funkgerät durch ein Handy nicht zu ersetzen.

Ein weiterer Unterschied zwischen älterem und neuerem Design ist oftmals die Akzeptanz einer Grundberührung, die in neueren Schöpfungen mehr oder weniger abhandengekommen ist. Bei neueren Schiffen scheint es einfach vorausgesetzt zu sein, dass der moderne Skipper nie auf Grund läuft. Genauste Satellitennavigation lässt keinen Zweifel über die Position, und ein selbst navigierender Plotter zeigt den Weg an, der mit perfekten Seekarten bestückt bei der Routenwahl automatisch Untiefen umfährt. Wer läuft denn da noch auf Grund? Versicherungsgesellschaften und die Seerettung können diese Frage für Wissbegierige gern beantworten.

Früher wurden Schiffe nach dem Motto »Wer noch nicht auf Grund gelaufen ist, ist noch nicht lang genug gesegelt« konstruiert. Das bedeutet, jeder Skipper hat sich und sein Schiff mal auf eine Untiefe gesetzt, und die Fahrtenschiffe wurden entsprechend konstruiert, damit sie auch die eine oder andere Grundberührung aushalten konnten, ohne gleich zu delaminieren, also sich stellenweise in die einzelnen Glasfaserschichten zu zerlegen. Heute sollte jeder Segler es tunlichst vermeiden – schon der hohen Geschwindigkeit wegen –, mit einem modernen Schiff mit kurzem Kiel und großem Tiefgang gegen einen Stein zu prallen.

Praxisguide Fahrtensegeln

Подняться наверх