Читать книгу Das richtige Essen in der Schwangerschaft - Lily Nichols - Страница 18

Fette

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Sie haben sicherlich auch schön gehört, dass man während der Schwangerschaft nur wenig Fett essen sollte. Dieser Rat hält jedoch keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand und entzieht sich meiner Meinung nach jeglichem gesunden Menschenverstand. Vielleicht ist Ihnen beim Lesen des Abschnitts oben aufgefallen, dass die meisten der dort aufgeführten eiweißhaltigen Nahrungsmittel auch Fettlieferanten sind. Das ist natürlich beabsichtigt. Echte und natürliche proteinhaltige Nahrungsmittel enthalten in der Regel immer auch Fette, es sei denn, diese werden künstlich entfernt (zum Beispiel in Proteinpulvern, Hühnerfleisch ohne Haut oder fettarmer Milch).

Während der Schwangerschaft hat Ihr Körper aber einen höheren Bedarf an fettreichen Nahrungsmitteln. Der Bedarf an Cholin und Vitamin A steigt in der Schwangerschaft sogar signifikant an. Große Mengen dieser Nährstoffe sind in Leber und Eigelb enthalten. Wenn Sie diese Nahrungsmittel aufgrund ihres Fettgehalts (oder Cholesterins) meiden, werden Sie weniger davon konsumieren und vielleicht sogar einen Nährstoffmangel haben. Schon regulär nehmen 94 % aller Frauen zu wenig Cholin zu sich und ein Drittel aller Schwangeren nicht genug Vitamin A.35,36 70 % der Frauen, die keine Leber essen, konsumieren nicht die empfohlene Tagesmenge (RDA) an Vitamin A.37 Die Zufuhr von Cholin wirkt sich direkt auf die Gehirnentwicklung Ihres Kindes aus und somit auch auf die Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit mit langfristigen Folgen, die bis ins Erwachsenenalter reichen können.38 Eine niedrige Cholinzufuhr gehört zu den Risikofaktoren für Neuralrohrdefekte.39 Ein Mangel an Vitamin A erhöht das Risiko für angeborene Missbildungen, unzureichende Ausbildung von Lunge und Leber, niedriges Geburtsgewicht und andere Komplikationen.40 Mit anderen Worten: Wenn Sie nicht genügend fetthaltige Nahrungsmittel essen, kann das ernsthafte Konsequenzen haben.

Wenn Ihnen gesagt wurde, dass Sie in der Schwangerschaft nur wenig Fett und Cholesterin essen sollten, überrascht es Sie vielleicht zu hören, dass die wissenschaftlichen Belege dafür fehlen. Eine Studie mit menschlichen Probanden wurde nie durchgeführt und die These wird hauptsächlich von Studien an Ratten abgeleitet. Das Futter der Ratten wird mit Fett – meist raffiniertes Sojaöl – angereichert und anschließend der Verlauf der Trächtigkeit beurteilt. Die Qualität des verzehrten Fettes ist jedoch genauso wichtig wie die Quantität.41 Was die Studien an Ratten zum Thema Fett wirklich aussagen ist, dass große Mengen an Omega-6-Fettsäuren eine Schwangerschaft ungünstig beeinflussen (wir werden uns später noch ausführlich mit diesen Fetten beschäftigen). Mir ist nur eine einzige Studie bekannt, in der auch die Qualität der Fette berücksichtigt wurde. In der Regel stellt man in den Studien an Ratten, deren Futter mit Sojaöl angereichert wird, fest, dass diese Ratten mehr an Gewicht zunehmen, einen höheren Blutzuckerspiegel haben und auch die Entzündungsmarker höher sind. In dieser einen Studie untersuchten die Forscher zwei Gruppen: Beide Rattengruppen wurden mit fetthaltigem Futter gefüttert, bei der einen Gruppe wurde das übliche Sojaöl jedoch durch Kokos-, Walnuss- und Fischöl ersetzt. Die Nager, die mit gesunden Fetten gefüttert wurden, nahmen in der Trächtigkeit deutlich weniger zu und hatten weniger Körperfett als die Sojaöl-Gruppe, obwohl die Kalorienaufnahme in beiden Gruppen gleich war.42 In der Gruppe mit gesunden Fetten wurden auch bessere Blutzucker- und Insulinwerte und eine bessere Leberfunktion verzeichnet. Kurz gesagt – auf die Qualität kommt es an. Eine Ernährung, die viel Sojaöl enthält (also vor entzündungsfördernden Omega-6-Fettsäuren nur so strotzt), ist eine ganz andere Nummer als eine, in der gesunde Fette kombiniert und eine ausgewogene Menge an mehrfach und einfach gesättigten Fetten, Omega-3-Fettsäuren und nur kleine Anteile an Omega-6-Fettsäuren konsumiert werden. Wenn Sie das nächste Mal den Satz hören „Fette sind für werdende Mütter schädlich“, wissen Sie, dass das nur die halbe Wahrheit ist.

Bedenken Sie bitte, dass das Gehirn Ihres Babys – ein Gehirn besteht zu etwa 60 % aus Fett – während der Schwangerschaft von Grund auf neu gebildet wird.43 Der Bedarf an Cholesterin, Cholin, Omega-3-Fettsäuren und vielen anderen fettlöslichen Nährstoffen ist hier besonders hoch. Um es in den Worten eines Forschers auszudrücken: „Das Gehirn besteht überwiegend aus Fett, deswegen spielen essenzielle Fettsäuren eine entscheidende Rolle für die Ausbildung der Gehirnstrukturen und -funktionen. Diese Fettsäuren nehmen wir über die Nahrung auf.“44 Cholesterin hat bei der Entwicklung Ihres Babys eine Hauptfunktion inne, wird für die Synthese von Hormonen benötigt (bei Ihnen und Ihrem Kind) und ist in jeder einzelnen Ihrer Körperzellen und denen Ihres Babys enthalten.45 Wir wissen, dass die Babys genauso viele essenzielle Fettsäuren in sich tragen wie ihre Mütter. Betrachten Sie dies als Ansporn, besonders gut auf Ihre Ernährung zu achten.46

Die Omega-3-Fettsäure DHA ist in dieser Zeit besonders wichtig, weil sie eine entscheidende Rolle in der Entwicklung des Gehirns und des Sehvermögens spielt. Ich werde später noch näher darauf eingehen, dass DHA hauptsächlich in fettem Fisch und Meeresfrüchten und in Eiern und Fleisch aus Weidehaltung enthalten ist. Auf der anderen Seite werden Omega-6-Fettsäuren mit Entwicklungsstörungen im fetalen Gehirn und mit Angststörungen im Erwachsenenalter in Zusammenhang gebracht, wenn Mütter während der Schwangerschaft zu viel davon essen.47 Studien haben gezeigt, dass der Verzehr von zu viel Omega-6 (zum Beispiel Öl aus Mais, Soja, Färberdistel und Baumwollsamen) die Synthese von DHA hemmt.48 Dies könnte erklären, warum es bei Kindern von Müttern, die mehr Omega-6-Fettsäuren als Omega-3-Fettsäuren in der Schwangerschaft verzehrt haben, zweimal so häufig zu Entwicklungsverzögerungen kommt.49 In Kapitel 4 werde ich ausführlicher berichten, welche schädlichen Auswirkungen bestimmte Pflanzenöle und industriell hergestellte Transfette haben.

Leider verzehren die meisten von uns viel zu viel an Omega-6-Fetten, nachdem die pflanzlichen Öle (oder besser gesagt die „industriell verarbeiteten Öle aus Saatgut“) die traditionellen Fette aus unserer Ernährung verdrängt haben. Traditionell sind in der menschlichen Nahrung die Omega-6-Fette in einem Verhältnis von ungefähr 1:1 zu den Omega-3-Fetten enthalten, heutzutage entspricht dieses Verhältnis eher 30:1.50

Eine der besten Möglichkeiten, dieses Verhältnis wieder gerade zu rücken, besteht darin, nicht mehr mit pflanzlichen Ölen zu kochen oder sie überhaupt zu konsumieren (zum Beispiel in kommerziell erhältlichen Salatdressings oder gebratenen Lebensmitteln). Wenn Sie in alten Kochbüchern blättern, werden Sie feststellen, dass dort sehr oft Butter, Rahm, Schmalz (vom Schwein) oder Talg (Rinderfett) verwendet wird. Schmalz und Fett, das vom Kochen übrigblieb, wurde für den späteren Gebrauch aufgehoben oder zu einer reichhaltigen Soße verarbeitet. Heute wird Ihnen in modernen Kochbüchern ausdrücklich nahegelegt, beim Kochen auf diese Fette zu verzichten und durch sogenannte „gesunde“ Pflanzenfette zu ersetzen. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht – und auch kulinarisch betrachtet – ist das eine einzige Katastrophe.

Auch wenn es allem widerspricht, was Sie über „gesundes Fett“ gehört haben – Schmalz und Butter sind eine bessere Wahl als pflanzliche Öle. Ich habe eine klassische Ausbildung als Ernährungsberaterin gemacht und es hat sehr lange gedauert, bevor ich mich an den Gedanken gewöhnen konnte, dass tierische Fette gesund sein können. Aber nachdem ich zahlreiche Forschungsarbeiten (die ich Ihnen hier und in Kapitel 3 vorstelle) genau unter die Lupe genommen habe, wurde mir bewusst, dass fetthaltige tierische Nahrungsmittel unbedingt zu einer gesunden Schwangerschaft dazugehören, weil diese so viele wertvolle Nährstoffe enthalten, die man nirgendwo sonst findet. Plötzlich machte es bei mir „klick“. Diese Nahrungsmittel enthalten aus gutem Grund so viel Fett. Dieses Fett einfach zu entsorgen steht im Widerspruch zu allem, was in praktisch allen traditionellen Kulturen üblich ist.51 Anstatt blind der Empfehlung zu folgen „nur mageres Fleisch und fettarme Milchprodukte zu verzehren“, sollten wir genau das Gegenteil tun: dafür sorgen, dass in unserer Nahrung die natürlichen, ursprünglichen Fette unbedingt erhalten bleiben. Im Klartext heißt das: Hühnchen mit Haut, Vollmilch, ganze Eier mit Eigelb und von dem saftigen Steak nicht das Fett abschneiden.

Der Schlüssel liegt darin, dass Sie, wann immer möglich und es Ihr Budget erlaubt, qualitativ hochwertige tierische Nahrungsmittel kaufen. Die in Fleisch, Eiern und Milchprodukten enthaltenen Fette spiegeln nämlich auch das Futter dieser Tiere wider. Fleisch von Tieren, die mit Gras anstatt Getreide gefüttert wurden, enthält mehr Omega-3-Fettsäuren und weniger Omega-6-Fette.52 Eier von Hühnern aus Weidehaltung haben einen deutlich höheren Nährwert als die von konventionell gehaltenem Geflügel, wie ich im nächsten Kapitel erläutern werde. Glücklicherweise schmecken Produkte von Tieren aus Weidehaltung auch sehr viel besser und die Umstellung dürfte Ihnen überhaupt nicht schwerfallen.

Es gibt noch einen Grund, warum man mehr Fett essen sollte, denn die Forschung hat einen Zusammenhang zwischen Milchprodukten und Fruchtbarkeit entdeckt. Ich finde es höchst interessant, konventionelle Ratgeber über pränatale Ernährung zu lesen und tue dies auch oft. Sehr häufig finde ich Empfehlungen zu einer fettreduzierten Ernährung. Es gibt aber sehr starke Belege dafür, dass der Verzehr von Vollmilchprodukten die Fruchtbarkeit fördert – fettreduzierte Milchprodukte dagegen die Unfruchtbarkeit – und ich kann partout nicht verstehen, warum sich das plötzlich während der Schwangerschaft ändern sollte.53 Die Nährstoffe, die Ihnen helfen schwanger zu werden, helfen Ihnen auch schwanger zu bleiben. Tatsächlich hat man herausgefunden, dass bei künstlich befruchteten Frauen die Wahrscheinlichkeit, das Baby auszutragen, deutlich steigt, wenn die Frauen in der Schwangerschaft Milchprodukte – und vor allem Vollmilchprodukte – verzehren.54

Viele Frauen haben vor allem im dritten Trimester ein starkes Verlangen nach fetthaltigen Nahrungsmitteln. Das ergibt Sinn, weil Fette von Natur aus viel Energie liefern und satt machen. Wenn das Baby auf den Magen drückt und Sie nicht mehr so viel Platz für eine ausgiebige Mahlzeit haben, ist es nur verständlich, dass Sie „wenig, aber dafür richtig“ essen wollen. Außerdem ist Fett kaum zu übertreffen, wenn es um einen gesunden Energiehaushalt und Blutzuckerwerte geht. Fett lässt weder Ihren Blutzuckerspiegel noch Ihre Insulinwerte in die Höhe schnellen, sondern liefert Ihnen gleichmäßig, langsam und nachhaltig Energie. Darüber hinaus haben Fette einen wunderbaren Geschmack. Wenn Sie also instinktiv ein großes Verlangen nach Fett haben, gibt es sicherlich einen triftigen Grund dafür.

Wenn man bedenkt, dass Fett und Protein in den meisten natürlichen Nahrungsmitteln im Tandem auftreten, mache ich mir nur selten die Mühe, die beiden zu trennen. Der Klarheit halber möchte ich Ihnen aber ein paar gesunde, fettreiche Nahrungsmittel vorstellen.

Das richtige Essen in der Schwangerschaft

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