Читать книгу Zweihundertneunundneunzig - Lorens Tabert - Страница 13

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Obwohl sie erst in der zweiten Stunde Unterricht haben sollte, war sie schon zum Schulbeginn erschienen und hatte sich im Lehrerzimmer einen freien Platz gesucht. Da sie nun aber nichts mit der Wartezeit anzufangen wusste, schaute sie sich um: Sie blickte auf die Fensterfront, die sich zum Bahndamm hin öffnete. Das einst quadratische Muster der grobmaschigen Gardinen hatte sich längst verzogen. Die Wand in ihrem Rücken war vom Boden bis zur Decke aus Schranktüren gebaut, wobei ein weißer Streifen aus offenen Fächern die ockergrüne Ödnis auf halber Höhe teilte. An den Fächern waren Namensschildchen befestigt. Sie hatte noch nicht geschaut, ob sie auch schon eines besaß. Den Platz zwischen Schrank- und Fensterwand füllte ein Karree aneinandergestellter Tische mit ockerig-grünen Tischplatten. Darauf lagen Bücher- und Papierstapel herum, verstreut, aber immerhin doch so, dass alles einzelnen Sitzplätzen zuzuordnen war. In diesem Moment schlich jemand über den abgetretenen Samtteppich von hinten an sie heran. „Frau Schiihill, die Kinderchen warten schohon“, wurde sie leise, in einer Art Singsang von der Borke angesprochen. „Ich habe erst zur Zweiten!“, wehrte sie ab, die Sekretärin wusste es aber besser: „Immer als Erstes auf den Vertretungsplan schauen!“ Vermutlich, weil sie die Frage im Gesicht der Schill gelesen hatte, fuhr sie - weiter leise und unaufgeregt - fort: „Folgen Sie mir, es ist nie zu spät, etwas zu lernen.“ Neben der Lehrerzimmereingangstür lag auf einem Beistelltisch ein aufgeschlagenes Buch, das einen Tabellenvordruck mit handschriftlichen Eintragungen enthielt. Neben dem Datum dieses Tages und der 1. Stunde stand dort: „Sl - 7a - S25“. „»Sl« steht für Schill. Was »7a« bedeutet, erraten Sie selber. »S« steht für den Südflügel, »2« für das zweite Obergeschoss und »5« für den fünften Raum. Also gehen Sie einfach durch den Lichthof, zweimal die Treppe rauf und suchen den Raum, in dem es am lautesten ist!“ Als Frau Schill sich bedanken wollte, winkte die Borke nur ab: „Nicht dafür! - Nun aber los, bevor noch jemand etwas merkt.“ Das „noch“ betonte sie dabei. Als die Kriminalrätin dem letzten Treppenabsatz zustrebte, stob eine Jungenwolke vor ihr los. „Die Neue ist da!“, konnte sie hören und das Knallen einer Tür. Als sie selbst vor dieser Tür angekommen war, verharrte sie. Sie atmete tief, ihre Beine zitterten. Erst in diesem Augenblick gestand sie sich ein, dass sie Angst hatte.

Zweihundertneunundneunzig

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