Читать книгу Bezugnahmeklauseln im Kontext des kirchlichen Arbeitsrechts - Manuel Jäger - Страница 39
a)BAG vom 06.11.1996
ОглавлениеUm den Prozess um die wiederholt aufgeworfene Thematik zur normativen Geltung des AVR in der Rechtsprechung zu verdeutlichen, soll als Ausgangspunkt eine Entscheidung des BAG vom 06.11.1996 dienen. Im Rahmen einer Inhaltskontrolle kirchlicher AVR der Caritas hat der 5. Senat in einem orbiter dictum ausdrücklich offengelassen, „ob den AVR-Caritas mit Rücksicht auf Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV ‚normativer Charakter’ zukommt“149. Der erkennende Senat hob zwar bedeutende Unterschiede zwischen Tarifverträgen und kirchlichen Arbeitsbedingungen des „Dritten Weges“ hervor. Diese seien aber nicht so drastisch, als dass komplett andere Maßstäbe zu gelten hätten. Eine normative Wirkung kirchlicher Arbeitsbedingungen sei daher grundsätzlich nicht ausgeschlossen.150
Diese Auffassung ist im entscheidungsrelevanten Kontext der Inhaltskontrolle zu sehen. Sie basiert auf der Vorstellung des 5. Senats, dass bei Tarifvertragsverhandlungen und bei Verhandlungen von paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommissionen von einer gleichgewichtigen Durchsetzungsfähigkeit der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen ausgegangen werden könne. Aufgrund der Verhandlungen von gleichberechtigten Partnern ergebe sich eine sog. „materielle Richtigkeitsgewähr“, die bei kirchlichen Arbeitsbedingungen des „Dritten Weges“ und Tarifverträgen mindestens vergleichbar sei.151 Außerdem hatten die Dienstvertragsparteien ohnehin eine Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Regelungen der AVR-Caritas vereinbart, sodass die Richter des 5. Senats die Frage nach der normativen Wirkung dahinstehen lassen konnten.152