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Wie wird Wissen erworben?
ОглавлениеIm Rahmen des Informationsverarbeitungsansatzes lässt sich leicht beschreiben, unter welchen Bedingungen neue Informationen so verarbeitet werden, dass daraus Wissen entstehen kann. Sehen wir einmal davon ab, dass der Lernende zunächst mit der für den Wissenserwerb relevanten Information überhaupt konfrontiert werden muss und dass die Sinnessysteme soweit intakt sein müssen, dass sie die Reizinformationen aufnehmen können, lassen sich noch wenigstens vier allgemeine Prinzipien erfolgreichen Wissenserwerbs ausmachen: Erstens muss der Lernende der neuen Information genügend Beachtung bzw. Aufmerksamkeit zuwenden; zweitens bedarf es eines gewissen Ausmaßes an Wiederholung bzw. an Übung; drittens muss die neue Information mit dem bisher verfügbaren Wissen abgeglichen und kongruent gemacht werden; und viertens muss es zu einer Form der Konsolidierung des neuen Wissens kommen. Im Unterschied zu den drei erstgenannten Prinzipien stehen allerdings die letztgenannten Konsolidierungsprozesse nicht vollständig unter der direkten Kontrolle des Lernenden.
Streng genommen handelt es sich bei dieser Charakterisierung der notwendigen Bedingungen für den Erwerb von Wissen um die Beschreibung absichtlichen (intentionalen) Lernens. Das mag zu der Auffassung verleiten, dass dem so beschriebenen Lernen für viele Lernprozesse in unserem Leben gar keine Relevanz zukomme, da das unabsichtliche, beiläufige (inzidentelle) Lernen sehr viel häufiger geschieht. So plausibel diese Befürchtung auf den ersten Blick auch erscheinen mag, sie konnte durch empirische Studien ausgeräumt werden: Die Art und Weise, wie Informationen in unserem Gedächtnissystem verarbeitet werden, verläuft weitgehend unabhängig davon, ob wir mit oder ohne Lernabsicht mit neuen Informationen konfrontiert werden (Nelson, 1976).