Читать книгу Die Tarotspielerin/Das Geheimnis der Tarotspielerin/Das Tarot der Engel - Drei Romane in einem Band - Marisa Brand - Страница 22

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Zwei Dutzend Fackeln tauchten den Hof des van Berck’schen Anwesens in Licht. Das Pflaster hatte der Kaufmann nach türkischer Sitte mit Teppichen belegen lassen. Teppiche! Auf dem Boden statt an den Wänden – wo gab es so was? In Venedig, aber nicht in Köln. Ein Spalier aus Pfingstrosen überdachte den Weg zum Wohntrakt und parfümierte die Abendluft.

»Spero invidiam« – ich hoffe, beneidet zu werden – stand in goldenen Lettern über dem Flügelportal, das ins Haus führte.

Von den Fenstern hingen Fahnen herab. Darunter ein seidenes Banner mit dem Wappen der Löwensteins. Eine Geldstrafe wegen Übertretung der Luxusgesetze war dem Rüstungskaufmann sicher. Darüber waren sich die Ratsherren Rinkenpfuhl und Schlosstedt beim Spaziergang über den Hof einig.

Sie hatten eben eine Unterredung mit dem Hausherrn über Claas’ heimliche Importe niederländischen Pulvers in den Weinfässern eines Klosters beendet. Ein frecher Fall von Schmuggelei, mit der sich Wegezölle und Steuern umgehen ließen.

»Der Mann ist zu dreist«, zischte Rinkenpfuhl seinem Kollegen zu und nippte an einem Pokal Malvasier. »Unterwandert alle Einfuhrgesetze und scheut sich nicht, die Früchte seiner Betrügereien zur Schau zu stellen!«

Schlosstedt nickte bedächtig. »Immerhin lässt er der Stadt einen Anteil an seinen Gewinnen zukommen. 100 Goldgulden in Schuldverschreibungen, so viel hätte uns der Zollanteil auf das Pulver nicht eingebracht. Wir müssen an Kölns Gemeinwohl denken, die Zeiten sind schlecht.«

»Nicht für Claas van Berck«, schäumte Rinkenpfuhl, »schau dir seine Tochter an.«

Sidonia stand in einem roten Brokatgewand vor dem Hauptportal und begrüßte die Gäste. Ihr Mieder war so geschnürt, dass ihre Brüste wie auf einem Balkon ausgestellt schienen. Die neueste Mode bescherte Frauen eine Taille und betonte die Formen des Leibes. Ein Adelsfräulein – das sie noch nicht war – hätte das Tragen eines so freizügigen Kleides wagen dürfen – oder eine Hure. Neben Sidonia stand ein Mädchen in einem Kostüm, das an höfische Possenreißer erinnerte. Man konnte die Nachahmung von Adelssitten auch übertreiben.

Rinkenpfuhls Miene wurde grimmig. »Es ist zu widerwärtig, dass wir mit diesem Prahlhans um Abgaben feilschen müssen. Wer weiß, was er noch alles auf dem Kerbholz hat.«

Schlosstedts Stimme sank zu einem Flüstern herab: »Der Gewaltrichter verriet mir, dass im Zusammenhang mit dem Pilgermord ein Messer aus dem Haus van Berck gefunden wurde.«

Sein Kollege winkte ab: »Diese Messer sind überall in Gebrauch, darum ist der Mann doch so reich.«

»Dieses Messer trägt sein persönliches Wappen und – welche Hoffart – auch das Wappen der Löwensteins.«

Rinkenpfuhls Augen verengten sich zu Schlitzen. »Er lässt bereits Messer mit dem Löwensteinwappen schmieden?«

»Und verschenkt sie an Mörder«, ergänzte Schlosstedt.

»Ihr meint ...? Nein, das macht doch keinen Sinn. Warum sollte er seinen Reliquienhändler ermorden lassen?«, rätselte Rinkenpfuhl.

»Vielleicht war es sein missratener Sohn, der zustach? Jeder weiß, dass er antikatholische Reden schwingt und Aufruhr will.«

»Den wir mit van Bercks Waffen würden niederkämpfen müssen«, schäumte Rinkenpfuhl. »Am Ende verdient er immer!«

»Er hätte also Interesse an einem bewaffneten Aufstand gegen den Klerus«, trieb Schlosstedt seine Spekulationen auf die Spitze.

»Du meinst, der alte van Berck schürt heimlich den Pfaffenhass? Was für ein teuflischer Gedanke!«, frohlockte Rinkenpfuhl.

»Krieg ist sein Geschäft«, bemerkte Schlosstedt.

»Nun, um ehrlich zu sein, würde man sich fast wünschen, dass das Volk den Prälaten ein Feuerchen unterm Hintern anzündet. Vielleicht wären sie dann bereit, Steuern auf ihre Handelsgüter, Gewerbe und die testamentarischen Schenkungen zu zahlen. Wenn es so weitergeht wie jetzt, gehört der Kirche bald halb Köln, und wir verlieren allen Einfluss.« Rinkenpfuhl nahm einen Schluck aus seinem Pokal.

Schlosstedt konnte auch der Wein nicht beruhigen. »Das Volk ist unberechenbar, sein Zorn wechselt rasch die Richtung, und seine Treue zum Rat welkt schneller als Salatköpfe. Stell dir vor, Claas’ Zunftgenossen erfahren von seinen Schiebereien und Bestechungen! Das Haus würden sie dem Kerl in die Luft jagen, und unseren Rat dazu.«

»Wenn uns Gefahr droht, werden wir van Berck schon die Hände binden. Wir wissen genug, um ihn als Sündenbock an den Pöbel zu liefern. Hier ist einiges faul! Er ist und bleibt ein Lumpenclaas.« Augenzwinkernd stießen die Ratskollegen ihre Pokale gegeneinander.

Ein Kanonendonner ließ die Herren zusammenzucken. Blutrot schwappte ihr Wein auf das Steinpflaster.

»Darf ich den Herren nachschenken«, fragte ein munterer van Berck, der wie aus dem Nichts hinter ihnen aufgetaucht war. »Prächtig. Prächtig. Jetzt ist der Vogel auf dem Neumarkt also geschossen, meine Freunde! Herrlicher Kanonendonner. Mein niederländisches Pulver hat beachtliche Sprengkraft. Die Flamen verfeinern es, indem sie ihr Wasser darüber abschlagen. Muss stark wie Pferdeharn sein, so wie es riecht.«

Rinkenpfuhl und Schlosstedt schnupperten.

Claas van Berck griff sich eine Fackel und deutete mit ausladender Geste auf den Gebäudetrakt in ihrem Rücken. »Im Lagerhaus hinter Euch verwahre ich einige Fässer davon. Staubtrocken.«

»Das ist gegen das Gesetz! Pulver darf nur im Zeughaus und außerhalb der Stadtmauern gelagert werden!«

Van Berck grinste. »Oh, keine Angst, die Fässer sind gut bewacht. Ich benötige sie, um meinen Kunden kleine Kostproben der Sprengkraft zu geben! Habt Ihr Interesse an einer Vorführung?«

Rinkenpfuhl und Schlosstedt entfernten sich hastig in Richtung Festsaal.

»Hasenfüße«, murmelte van Berck, »würde zu gern wissen, ob Ihr Euch auch darüber austauscht, wie viel ich jedem von Euch zustecken musste, damit Ihr Lambert einen Geleitbrief für die Mission zum Kaiser nach Spanien verschafft!« Lambert! Wo steckte dieser Nichtsnutz nur! Was Sidonia ihm am Nachmittag über ihn berichtet hatte, war mehr als ärgerlich. Köln in seinen Grundfesten erschüttern! Pah. Nun gut, Lambert würde bald nach Spanien reisen und ... Die schlanke Gestalt eines Fremden erregte van Bercks Aufmerksamkeit.

»Guten Abend, mein Herr. Helft mir auf die Sprünge, ich glaube, ich vergaß Euren Namen.« Claas van Berck warf dem Mann in spanischer Tracht einen lauernden Blick zu.

»Buenas noch es! Mein Name ist Gabriel Zimenes, ich bin der Dolmetscher der Kölner Gesandten, die sich demnächst zum Kaiser nach Spanien einschiffen werden.«

Claas van Bercks Gesicht hellte sich auf. »Ah, vortrefflich. Ich muss Euch später meinem Sohn vorstellen, der an der Mission teilnehmen wird. Und Ihr müsst meinen Ehrengast, den Ritter Adrian von Löwenstein, kennen lernen. Er ist gerade aus Iberien heimgekehrt.«

Gabriel Zimenes’ Gesicht nahm den Ausdruck vollkommener Verblüffung an: »Der Ritter von Löwenstein ist hier

»Ihr kennt ihn?«

»Wir hatten in Santiago de Compostela und später in der Neuen Welt miteinander zu tun.«

»Prächtig, prächtig! Nun, er hat sein Kommen angekündigt.« Claas van Berck wandte sich neuen Gästen zu.

Gabriel Zimenes blieb zurück, »¡Imposible! Das ist unmöglich«, flüsterte er. »Es ist unmöglich!«

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