Читать книгу Die Tarotspielerin/Das Geheimnis der Tarotspielerin/Das Tarot der Engel - Drei Romane in einem Band - Marisa Brand - Страница 29

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Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, erwachte Sidonia aus ihrer Erstarrung. Was für eine Gans du bist, tadelte sie sich selbst. Hatte sie nicht eben noch um das Erscheinen des Ritters gebetet? Ihn herbeigesehnt als rettenden Engel? Und nun war er erschienen, sah genau nach diesem Engel aus, warb um sie und versprach die Genüsse und Abenteuer, auf die sie immer gehofft hatte. Er verhieß ein Glück, das ihre kühnsten Träume überstieg.

Sidonia kämpfte sich aus der Decke frei und rannte durch ihr Zimmer. Die Liebenden! Diesmal würde sie den Rat der Karten nicht missachten. Sie würde ihren Gefühlen folgen und zugleich die Ehre des Hauses retten. Mit einem Ruck entriegelte sie die Tür.

»Warte«, rief sie leise in den Gang, »komm zurück!«

Als der Fremde wieder unter der Tür stand, zerrte Sidonia ihn ins Zimmer. Endlich konnte sie handeln und dem Schicksal eine neue Wendung geben.

Amüsiert schaute der Mann sie an. »Hat deine Leidenschaft dich überwältigt?«

»Ja, nein, ich ... Verzeih, dass ich so schroff war, aber ich, ich musste zu lange auf dich warten.«

»Und das Warten fällt dir schwer, nicht wahr?« Mit kehliger Stimme setzte er hinzu. »Mir geht es nicht anders, seit ich dich zum ersten Mal sah.«

Sidonia ging rückwärts zu ihrem Bett. Ihr Besucher folgte langsam, während er den Gurt seines Samtwamses löste. Er streifte beides elegant ab, ließ sein Hemd folgen, löste die Schnürungen seiner Hose. Sidonia sank auf ihr Bett und betrachtete den sehnigen Körper des Mannes. Nur ein Tuch bedeckte noch seine Lenden, und die Kappe auf seinem Haar schien er vergessen zu haben. Hätte er als Kämpfer nicht mehr Muskeln haben müssen? Immerhin überzogen seinen straffen Bauch weiße Narben, und sein Hinken musste Folge einer Kampfverletzung sein. Es war ein Makel, aber ...

Sie zwang sich, in sein Gesicht zu schauen. Bei Gott, das war vornehm! Und nun erkannte sie auch, dass das Grau seiner Augen dem von Rosalias Augen glich, während sein Haar, das unter der Kappe vorlugte, blond wie das seines Vaters war. Ihre Gebete waren erhört worden. Vor ihr stand der Ritter von Löwenstein.

Und wartete. Worauf?

Sidonia streckte unsicher ihre Hand aus. Der Ritter ergriff sie und führte sie zwischen seine Schenkel, drückte sie gegen das Lendentuch. Zum ersten Mal in ihrem Leben spürte Sidonia das, was in Gedichten als Liebeslanze oder Amors Pfeil bezeichnet wurde und in Gossenversen als Lustpfahl und Galgenschwengel. Hart fühlte sich das Geschlecht des Mannes an, sie spürte das pulsierende Blut unter dem Stoff. Seine Erregung übertrug sich auf sie und ließ sie erröten.

»Dir gefällt, was du fühlst, nicht wahr?« Er drückte ihre Hand fester auf sein Geschlecht. Sidonia zog sie wie ertappt zurück. »Was willst du von mir?«

»Einen Beweis deines vollkommenen Begehrens.«

»Wie kannst du das vor der Hochzeit verlangen«, flüsterte Sidonia und wusste in Erinnerung an den Kuss, dass sie bereits zu weit gegangen war, um sich noch als scheue Jungfrau zu geben.

Der Ritter zog sein Lendentuch von den Hüften. Sidonia atmete so heftig, das es wie ein Keuchen klang.

»Ich gefalle dir also? Dann leg dich hin, und spreize deine Beine, um mich zu empfangen, wie es sich ziemt.«

Sidonia schüttelte den Kopf. »Wir müssen warten.«

»Warten? Ich habe lang genug auf diesen Augenblick gewartet.« Roh drückte er Sidonia in die Kissen. Sidonia wollte schreien, doch der Ritter brachte sein Gesicht ganz nah an das ihre: »Willst du das wirklich tun? Es würde alles zerstören! Was würde die Welt denken, wenn man die Schwester eines Ketzers vor der Ehe mit einem Mann im Bett entdeckte?«

»Ich bin keine Hure«, erwiderte Sidonia schwach und war weit entfernt von dem Stolz, mit dem sie den gleichen Satz vor zwei Nächten dem Hafenwächter entgegengeschleudert hatte.

»Jede Frau wird im Bett zur Hure, Sidonia. Ich weiß es. Denke daran, was ich dir zu geben habe, und sei ein gehorsames Weib«, sagte der Mann. Er griff nach dem Gurt, der eben noch sein Wams umschlossen hatte, und fesselte ihre Hände.

Sidonia schüttelte verzweifelt den Kopf. »Warum tust du das?«

»Weil mir deine Unterwerfung ein köstliches Vergnügen verschafft.« Er schwang sich über sie und spreizte mit seinem Knie ihre Beine.

Sidonia bäumte sich auf, presste ihre Schenkel gegen sein Knie. »Ich verspreche, dir in allem zu gehorchen, wenn du mich geheiratet hast.«

»Wie berechnend du klingst! Ich will deine vollkommene Hingabe und ein Opfer. Bist du dazu nicht bereit?«

Sidonia wand sich, als er mit harten Griffen wieder ihre Schenkel spreizte. Es war schrecklich und doch auch erregend, den Begierden ihres künftigen Gemahls ausgeliefert zu sein. Nie hatte sie das Gefühl von Hilflosigkeit zugelassen. Sie war immer ihren Launen gefolgt, dabei stolz bis zur höchsten Eitelkeit gewesen und unberührt von tiefem Gefühl. Vielleicht war es an der Zeit, es mit einer Hingabe zu versuchen, die allen Regeln des Anstandes, der Moral und den Gesetzen der Vernunft widersprach. Nur einmal, ein einziges Mal! Wäre sie erst verheiratet, würde sie einen neuen Weg finden, Einfluss über diesen Mann zu gewinnen. Einfluss hatte sie doch schon jetzt. Die Lust des Ritters war unübersehbar.

Keuchend vor Wollust sagte er: »Ich werde dir zeigen, wie viel Freude aus Schmerz entstehen kann.«

Sidonia schloss zweifelnd die Augen.

»Willst du mich zu deinem Mann und deinem Gebieter nehmen?«

»Ich will«, wisperte Sidonia und unterdrückte ein leises Gefühl des Widerwillens.

Den Ausdruck triumphaler Kälte, der Aleanders Gesicht überzog, als er mit einer einzigen Bewegung in ihren Schoß eindrang, sah sie nicht. Sidonias entsetzte Wehlaute erstickte er mit seiner Hand.

»Nun, stolze Sidonia? Ich wusste, dass du für die Sünde gemacht bist, wie alle Töchter Evas. Von nun an sollst du es nie mehr vergessen.«

Sidonia empfand keinerlei Freude, der Schmerz war unerträglich. Vielleicht wusste sie wirklich nicht, was Lust war oder sein konnte. Es war entsetzlich, den Ausdruck grausamer Verzückung auf dem Gesicht des Ritters zu sehen, während er rücksichtslos in sie eindrang. Ihr Schoß brannte. Je widerwilliger sie sich unter ihm wand, umso mehr Freude schien er zu empfinden.

Der Mann, der ihr eben noch wie ein Engel erschienen war, war nun der gräulichste aller Teufel. Ein Satan, der sie ihre unverzeihlich dummen Träume von Liebe und Leidenschaft büßen ließ. Fest verschloss sie die Augen. Sie wollte das Bild, das der Ritter in seiner keuchenden Lust bot, auslöschen. Dunkel umfing sie.

Aus dem Dunkel stieg eine Stimme auf: »Vergesst den Ritter. Er kann und würde Euch nicht glücklich machen. Niemals.« Es war die Stimme von Gabriel Zimenes. Sidonia riss die Augen auf. Lieber würde sie ihrem künftigen Gemahl ins Gesicht schauen, als diese Stimme hören.

Mit aller Macht presste sie ihre Schenkel gegen seine Hüften, zog ihre Scham zusammen, wollte den Mann von sich abwerfen, als sich eine Flut in ihr ergoss. Während er sich aus ihr zurückzog, spiegelte das Gesicht ihres Liebhabers genau die Verachtung wider, die sie für sich selber empfand.

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