Читать книгу Die Tarotspielerin/Das Geheimnis der Tarotspielerin/Das Tarot der Engel - Drei Romane in einem Band - Marisa Brand - Страница 28
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ОглавлениеSidonia schlang die Decke enger um sich. »Ihr seid der Ritter?«
Der Fremde betrachtete sie aufmerksam. »Erstaunt dich mein Kommen so sehr? Ich hatte es doch angekündigt.«
Der Mann glitt auf sie zu und verschloss ihre Lippen mit einem Kuss. Sidonia sank verblüfft auf das Bett zurück, die Lippen des Fremden waren zart und warm, mit geschmeidiger Zunge öffnete er ihren Mund, schob sie in ihren und ließ sie darin tänzeln. Seine Hände umfassten ihre Schultern. Er zog Sidonia an sich heran. Seinen Kleidern entströmte der Geruch kalten Rauchs, der sich mit dem moschusartigen Aroma von Männerhaut mischte. Seine Zunge fuhr tiefer in die Höhlung ihres Mundes.
Zwischen Neugier und Angst schwankend, ließ Sidonia den Unbekannten gewähren, spürte, wie sich ihr Herzschlag verdoppelte und ein Pochen zwischen ihre Schenkel schickte. Eine Welle so verbotener wie verlockender Lust stieg in ihr auf. Doch als der Fremde die Decke über ihren Brüsten nach unten schob, stieß sie ihn fort.
Der Mann lachte, seine Lippen glänzten feucht. »Gefalle ich dir nicht?« Er richtete sich auf und entfernte sich hinkend vom Bett. »Nun, mir liegt nichts an einer Braut, die mich nicht begehrt.« Seine Augen leuchteten in der Dunkelheit wie die einer Katze.
Plötzlich erkannte Sidonia diese Augen wieder, genau wie das vornehme Gesicht. Ihr Herz setzte einen Takt lang aus. Es waren die Augen des Dominikaners, der sie gestern auf dem Markt vor dem Stadtsoldaten Goswin gerettet hatte. »Du, du kannst nicht der Graf von Löwenstein sein, gestern trugst du die Kutte eines Mönches!«
Der Mann mit den hellen Augen verzog amüsiert den Mund. »Und du trägst gelegentlich die Kleidung einer Magd, nicht wahr? Vor allem bei heimlichen Ausflügen in der Nacht.«
Sidonias Augen weiteten sich. »Woher weißt du das?«
»Ich beobachte dich seit einiger Zeit, schöne Sidonia. Ich wollte herausfinden, mit wem mein verstorbener Vater seinen Sohn vereinen wollte. Herzen sind kein Handelsgut. Ich wollte dich kennen lernen, ohne dass du mich erkennst.«
Er machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen. Seine Augen versanken in Sidonias. Schmeichelnd fuhr er fort: »Mir gefiel, was ich sah. Nachts im Hafen, gestern auf dem Markt.«
Seine Augen hielten ihren Blick fest, während er sich wieder dem Bett näherte. »Du hast Temperament und Leidenschaft, bist klug, eine faszinierende Frau.«
Sidonia glaubte sich bei seinen Komplimenten in einem Traum wiederzufinden. Einem ihrer Träume von Liebe, die so verwegen wie romantisch, so leidenschaftlich wie unsinnig waren. Und ausgesprochen verführerisch.
»Willst du sagen, dass du dich als Kirchendiener verkleidet hast, um mich kennen zu lernen?«
Der Mann neigte sich zu ihr hinunter. »Bei einer offiziellen Begegnung hättest du dich verstellen müssen. Nie hätte ich deinen wahren Charakter entdeckt. Ein Blümchen Rühr-mich-nicht-an wäre aber ganz und gar nicht nach meinem Geschmack! Ich will mehr.«
Mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand fuhr er die Konturen ihres linken Ohrläppchens nach, streichelte ihre Ohrmuschel. Sidonia hatte nicht gewusst, wie erregbar dieser Teil ihres Körpers war. Unwillkürlich stieß sie einen Seufzer aus.
Erschrocken schüttelte sie seine Hand ab. »Warum sollte ein Ritter von Löwenstein sich hinter einer Maske verbergen? Unser Haus stand ihm stets offen.«
Der Fremde ergriff ihre Hand. »Und dein Herz?«
Ging niemanden etwas an. Schon gar keinen nächtlichen Besucher. »Für wie leichtgläubig hältst du mich? Du bist ein Betrüger!«
Der Mann im Grafengewand ging zur Tür und öffnete sie. »Mutter?«
Sidonia richtete sich verblüfft im Bett auf. Im Türrahmen stand Doña Rosalia von Löwenstein. Ihr Gesicht war wie aus Marmor gemeißelt.
»Nun«, wandte ihr Besucher sich an die Witwe, »willst du Jungfer Sidonia nicht sagen, wer ich bin?«
Die Witwe starrte direkt in Sidonias Augen. War es eine Drohung oder eine Warnung, die aus ihren kalten Augen sprach? Sidonia fröstelte.
»Er ist mein Sohn«, sagte die Gräfin mechanisch, dann verschwand sie in der Dunkelheit des Flurs.
Der Mann blieb mit der Hand am Türriegel im Schlafzimmer stehen. »Eine strenge Frau! Sie ist nicht froh über meine Heimlichkeiten, genauso wenig wie sie eine Verbindung mit dem Haus van Berck wünscht, aber ich bin ein Abenteurer und will ein leidenschaftliches Weib, das es mit mir aufnehmen kann. Ich will dich.«
Sidonia strich sich das Haar aus der feuchten Stirn.
»Nun, genügt dir die Auskunft meiner Mutter nicht?« Er wartete kurz, dann ging er durch die Tür. Noch einmal drehte er sich um. »Du schlägst dein Glück leichtfertig aus, nach allem, was an diesem Abend im Haus van Berck geschehen ist. Ich bedaure, dass du so spröde bist. Eine Heirat mit dir hätte mich zu einem glücklichen Mann gemacht. Ich glaubte, wir seien verwandte Seelen! Erhaben über die Gesetze der Welt.«