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4. Versprechen und Vereinbarungen von Leistungen

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Versprechen an Betriebsratsmitglieder, die zusätzliche Leistungen für diese vorsehen, werden in der Kommentarliteratur fast ausschließlich dem tatsächlichen Gewähren solcher Zuwendungen gleichgestellt bzw. wegen Verstoßes gegen das Unentgeltlichkeitsprinzip nach § 37 Abs. 1 BetrVG als unzulässig erachtet, ohne dass für diese Annahme eine Begründung genannt wird.180

Dieser Auffassung kann im Hinblick auf § 37 Abs. 1 BetrVG nicht zugestimmt werden. Gibt der Arbeitgeber einem gewählten Betriebsratsmitglied sein Versprechen, dass er ihm in Zukunft ein höheres Entgelt oder eine zusätzliche Pauschale gewähren wird, hat der Mandatsträger zu diesem Zeitpunkt weder eine konkrete Zahlung noch einen geldwerten Vorteil erhalten. Vielmehr hat das Betriebsratsmitglied lediglich die Aussicht, in absehbarer Zeit eine solche Leistung zu empfangen. Zwar könnte der Schutzzweck der Norm, insbesondere die Unabhängigkeit der Mandatsträger, bereits durch ein Inaussichtstellen von geldwerten Vorteilen durchaus gefährdet sein, weil auch schon die Erwartung bzw. die Hoffnung auf eine bestimmte Zahlung das Betriebsratsmitglied in seinem Handeln beeinflussen kann. Auf der anderen Seite ist aber fraglich, welche Verbindlichkeit einem solchen Versprechen zukommt; dies lässt sich nur schwer beurteilen und nicht allgemein festlegen, sondern hängt von verschiedenen Umständen, unter anderem der Person des Versprechenden, ab. Ein Verstoß gegen das Unentgeltlichkeitsprinzip müsste dann auf Mutmaßungen gestützt werden, ob ein Versprechen auf zusätzliche Leistungen hinreichend wahrscheinlich auch eingehalten und tatsächlich umgesetzt wird, anderenfalls würde man einen Verstoß schon bei noch unsicheren Ereignissen in der Zukunft bejahen. Allein der Schutzzweck der Vorschrift rechtfertigt daher noch nicht die Subsumtion eines bloßen Versprechens einer Leistung unter den Begriff Unentgeltlichkeit. Das wäre mit dem Wortlaut des § 37 Abs. 1 BetrVG nicht vereinbar und würde dessen Anwendungsbereich zu weit ausdehnen. Da es an einer tatsächlichen Leistung oder einem tatsächlich eingetretenen Vorteil und damit an einer Besserstellung fehlt, ist ein Versprechen auf eine zusätzliche Leistung nicht nach § 37 Abs. 1 BetrVG unzulässig. Solche Fälle können aber gegen das Begünstigungsverbot nach § 78 S. 2 BetrVG verstoßen und gegebenenfalls i.V.m. § 134 BGB nichtig sein.181

Ähnlich verhält es sich mit Vereinbarungen, beispielsweise in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen sowie individuellen Abreden in Arbeitsverträgen, die Zuwendungen an Betriebsratsmitglieder zum Inhalt haben.

Trotz der vergleichbaren Konstellation sind solche Abreden nicht mit bloßen Versprechen gleichzusetzen, sondern getrennt zu betrachten und zu beurteilen. Es handelt sich bei dem Begriff des Versprechens entgegen einer Auffassung im Schrifttum nicht um eine mehrdeutige Bezeichnung, zu deren genaueren Bestimmung ein Rückgriff auf strafrechtliche Begrifflichkeiten der Bestechungsdelikte nach §§ 331 StGB erforderlich wäre und unter die auch vertragliche Vereinbarungen zu fassen sind.182 Auch wenn die Fälle von Leistungsversprechen an Betriebsratsmitglieder in der Kommentarliteratur überwiegend in Zusammenhang mit entsprechenden Vereinbarungen bewertet werden,183 bedeutet dies nicht, dass hier kein Unterschied zwischen den beiden Varianten zu machen ist.184 Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Fälle nur aufgrund der ähnlichen Sachlage gemeinsam genannt werden.

Zwischen den beiden Konstellationen besteht ein bedeutender Unterschied, der für die Beurteilung der Zulässigkeit entscheidend ist. Während ein Versprechen nur einseitig gegeben wird, sind bei Vereinbarungen dagegen zwei Parteien beteiligt, die sich über einen bestimmten Inhalt einig werden. Zwar ist es durchaus möglich, dass ein bislang unverbindliches Versprechen auch in einer vertraglichen Vereinbarung festgehalten wird, das ist aber nicht automatisch oder zwingend der Fall. Im Gegensatz zu bloßen Versprechen weisen Vereinbarungen durchaus einen verbindlichen Charakter auf. Zwar geben sie selbst noch keinen direkten geldwerten Vorteil, sie können aber einen Rechtsanspruch – zum Beispiel auf eine vereinbarte Zusatzleistung – begründen.

Daher stellt sich hier die Frage, ob eine solche Forderung bereits eine so gefestigte Aussicht auf eine zusätzliche Leistung darstellt, dass entsprechende Vereinbarungen unter das Unentgeltlichkeitsprinzip nach § 37 Abs. 1 BetrVG fallen und damit unzulässig sind. Denkt man auch hier zunächst an den Schutzzweck der Norm, liegt die Annahme nahe, dass die Unabhängigkeit eines Betriebsratsmitgliedes durch entsprechende vertragliche Abreden bereits gefährdet ist. Teilweise wird dies mit der Begründung vertreten, dass sich der Mandatsträger damit bereits auf die Besserstellung eingelassen hat.185 Ob jedoch bei jeder Vereinbarung mit einer generalisierten Betrachtungsweise automatisch von dem Verlust bzw. der Gefährdung der Unabhängigkeit eines Betriebsratsmitgliedes auszugehen ist, bleibt zweifelhaft. § 37 Abs. 1 BetrVG betrifft ausschließlich die Unentgeltlichkeit der Amtsführung, verbietet also jede tatsächliche Vergütung. Dass es nicht darauf ankomme, ob die vereinbarte Zahlung letztlich auch tatsächlich gewährt wird,186 dem ist nicht zu folgen. Es ist – gerade auch im Rahmen des § 37 Abs. 1 BetrVG – zwischen der schuldrechtlichen Verpflichtung auf zukünftige Leistungen einerseits und dem tatsächlichen Gewähren von Zuwendungen andererseits zu unterscheiden. Eine schuldrechtliche Vereinbarung auf eine künftige Leistung bedeutet per se nämlich nicht, dass eine Leistung auch wirklich erfolgt. Würde eine entsprechende Abrede zwar geschlossen, aber – aus vielerlei denkbaren Gründen – dann nicht erfüllt werden, wäre eine Unzulässigkeit der Vereinbarung zu Unrecht angenommen worden. Das könnte zwischenzeitlich weitere, nicht umkehrbare Rechtsfolgen ausgelöst haben. Da sich das Unentgeltlichkeitsprinzip ebenso gegen die Betriebsratsmitglieder selbst richtet und daher ein Verstoß dagegen auch eine Amtspflichtverletzung darstellen kann, wäre ein Ausschluss des Mandatsträgers aus dem Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG denkbar,187 obwohl keine zusätzlichen Leistungen gewährt wurden. Natürlich lässt sich hier anführen, dass Sinn und Zweck der Regelung ist, bereits im Vorfeld mögliche Unabhängigkeitsgefährdungen von Betriebsratsmitgliedern auszuräumen. Der Anwendungsbereich des § 37 Abs. 1 BetrVG würde damit aber über seinen Wortlaut hinaus zu weit ausgedehnt, so dass im Ergebnis auch bei vertraglichen Vereinbarungen ein Verstoß jedenfalls gegen das Unentgeltlichkeitsprinzip nicht angenommen werden kann. Solche Vereinbarungen können gegebenenfalls jedoch gegen das Begünstigungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG verstoßen.188

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