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Das Kirchenschisma

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Als der Mönch Hildebrand zu Beginn seiner Kirchenkarriere im Dezember 1048 von Papst Leo IX. aus dem Kloster Cluny nach Rom geholt wird, durchlebt der Vatikan eine harte Bewährungsprobe. Leo IX., der bedeutendste deutsche Papst des Mittelalters, hatte sich als Reformer einen Namen gemacht. Er hatte Priesterehe, Ämterhäufung und das Recht weltlicher Herrscher geistliche Würdenträger in ihre Ämter zu berufen - die so genannte Laieninvestitur - bekämpft. Leo IX. verordnet der päpstlichen Verwaltung grundlegende Veränderungen und holt zahlreiche Reformer nach Rom. Die gregorianischen Reformen werden unter seinem Pontifikat weiter geführt und das bis heute praktizierte Kardinalskollegium begründet, das fortan als höchstes päpstliches Beratergremium fungiert.

Aber Leos IX. Amtszeit ist überschattet von einem Dogmenstreit zwischen der Westkirche, deren Oberhaupt er ist, und der Ostkirche, die der Patriarch von Konstantinopel, Michael Kerullarios, führt. Die beiden seit Jahrhunderten nebeneinander existierenden Kirchen unterscheiden sich vor allem in den Auffassungen über die richtige Liturgie und die kirchlichen Dogmen. Anfang 1054 wird klar, dass sowohl Papst Leo IX. als auch das Oberhaupt der oströmischen Kirche den Führungsanspruch über die Christenheit erheben. Kurz nach dem Tod Leos IX. kommt es im Juli 1054 schließlich zum endgültigen Zerwürfnis zwischen der römischen und der byzantinischen Kirche, als der päpstliche Abgesandte Kardinal Humbert nach Konstantinopel reist, um den in seinen Augen abtrünnigen Patriarchen zu bekehren. Als dies misslingt, knallt er am 16. Juli 1054 eine päpstliche Bannbulle gegen Michael Kerullarios auf den Altar der Hagia Sophia und provoziert damit seinen eigenen Bann. Dieser ursprünglich nur auf zwei – ebenso unnachgiebige wie arrogante - Personen bezogene Bannfluch spaltet die christliche Kirche endgültig.

Von nun an gehen die römische und die byzantinische Christenheit getrennte Wege. Dieses „Schisma“ („Kirchenspaltung“) bedeutet für den Papst in Rom eine Verkleinerung seines Einflussgebietes und einen Ansehensverlust für die römische Kirche. Trotz vielfacher Versuche, die Spaltung zu überwinden, hat das Schisma bis heute Bestand.

Anlässlich einer Fastensynode im Februar 1075 sagt Gregor VII. der weltlichen Macht im christlichen Abendland den Kampf an. Er will die Unterordnung der weltlichen unter die geistliche Macht. Damit soll die römische Kurie wieder zu dem werden, was sie eigentlich ist: Zentrum eines christlichen Glaubens, der den Kontinent eint, und nicht willfähriger Steigbügelhalter der weltlichen Macht. Das Sagen über die Welt – und das ist in der mittelalterlichen Vorstellungswelt Europa - soll der mit göttlicher Mission ausgestattete Papst haben. Deswegen muss auch die Funktion der Bischöfe und Priester neu definiert werden. Wenn er, der Papst, der Stellvertreter Christi auf Erden ist, so sollen fortan die Bischöfe und Priester die Stellvertreter des Papstes sein. Nur er, der Papst, soll künftig das Recht haben, seine Stellvertreter in Amt und Würden zu bringen. Diesem Prinzip widerspricht die so genannten „Laieninvestitur“. „Laieninvestitur" bezeichnet das Recht eines Königs oder Kaisers Bischofsämter vergeben zu können. Dem König oder Kaiser ist es auch erlaubt, den Bischofsstab und den dazugehörigen Ring, den die Untertanen gehorsamst zu küssen haben, zu verleihen. Auf dieser Basis sind weltliche und geistliche Macht eine Art Bündnis eingegangen – zum Wohle beider Seiten. Die so durch den König eingesetzten Bischöfe und Äbte haben sich in der Vergangenheit zum stabilen Machtfaktor entwickelt und, ausgestattet mit weltlichen Machtbefugnissen, den deutschen Königen seit Otto dem Großen einen effizienten Herrschafts- und Verwaltungsapparat geschaffen, der nun vor dem Zusammenbruch steht.

Dem Papst ist all das zuwider, er will die Macht des weltlichen Herrschers brechen. Der nun beginnende Streit um die „Laieninvestitur“ wird mit harten Bandagen geführt, Papst und Kaiser schrecken nicht davor zurück, Ansehen und Macht in die Wagschale zu werfen. Gregor VII. verbietet also auf besagter Fastensynode in Rom die seit Jahrzehnten gängige Ernennungspraxis und degradiert damit Kaiser und Könige zu ganz gewöhnlichen Laien, die in Zukunft weder Bischöfe noch Priester oder Äbte in ihre Ämter einsetzen dürfen. Die Abschaffung dieses Privilegs ist in den Augen Heinrichs IV. ein Angriff auf einen der wichtigsten Stützpfeiler seiner Regentschaft. Der so genannte „Investiturstreit“ beginnt.

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