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Downsizing: Handelsblatt Tabloid
ОглавлениеAufgrund des wirtschaftlichen Erdbebens muss die globale Industrie ihren Masterplan verändern. Die Einführung manch neuen Produktes muss verschoben oder gar gestrichen werden, und man darf sich Zeit nehmen, um neue Konzepte für Produkte und Dienstleistungen zu definieren. Was designrelevante Neuerscheinungen angeht, ist es derzeit allerdings denkbar langweilig. Drei Ereignisse sind jedoch erwähnenswert: Erstens, die Wiedereinführung des MacBook Pro mit 13-Zoll-Bildschirm, der kleinste unter den Premium-Laptops. Zweitens, das europaweite Verkaufsverbot für die 100-Watt-Glühbirne, die Königin unter den Leuchtmitteln. Drittens, die Ankündigung von Ulrich Bez, einen Kleinwagen auf Toyota-IQ-Basis unter der Marke Aston Martin vermarkten zu wollen. Es gibt aber noch ein viertes Ereignis: das Handelsblatt im neuen Format. Was alle Ereignisse verbindet, ist eine gemeinsame Botschaft: Downsizing. Die Kunst, Dinge kleiner zu machen, den Überfluss zu vermeiden, liegt wieder im Trend. Dessen Wiederkehr darf nicht verwundern, denn Downsizing hat die Angewohnheit, stets zu Krisenzeiten aufzutreten: 1929, 1959, 1979, nun auch 2009. Im Verhältnis zur Vergangenheit hat sich die Botschaft jedoch verändert. Wurde Downsizing früher als notwendige Verzichtserklärung verstanden und von Herstellern und deren Kunden nur kurze Zeit geduldet, so findet in unserer wachstumsverwöhnten Konsumgesellschaft nun allmählich ein Paradigmenwechsel statt. Downsizing gilt als sexy. Dafür gibt es mehrere Erklärungen. Einerseits die Erkenntnis, dass der Besitz von vielen Riesendingen kein Indikator mehr für sozialen, geschweige denn intellektuellen Wohlstand ist. Andererseits die Feststellung, dass man aus lauter Mehrbesitz kaum noch Zeit und Raum für sich selbst in Anspruch nehmen kann. Und letztlich die Bekenntnis zu mehr privater und sozialer Verantwortung in Bezug auf den Einsatz von Ressourcen und Energien – sei es aus Angst vor künftigen Versorgungsengpässen, aus Freude an technischer Gesamteffizienz oder aus dem Bedürfnis heraus, sich durch den intelligenten Gebrauch von Produkten und Dienstleistungen aus der blind konsumierenden Masse herauszuheben. Das Handelsblatt ist kleiner geworden, erhebt dafür aber den Anspruch besser zu sein. Der Wirtschaftskrise ist zu verdanken, dass eine lange diskutierte Veränderung endlich durchgesetzt werden konnte. Bestand einerseits der Wunsch, das Blatt effizienter und leserfreundlicher zu gestalten, so konnte und wollte man nicht das Risiko eingehen, die Verkleinerung des Formats mit einer Minderung der inhaltlichen Kompetenz einhergehen zu lassen. Genau das wäre passiert, hätte man die Umstellung früher vorangebracht: als das Leben in der Bundesmedienrepublik noch einer Vanity Fair glich und es Automobilfirmen gab, die mehr Profit als Umsatz machten. Plötzlich erscheint selbst die Werbe-Doppelseite von BMW, welche die erste Ausgabe des neuen Handelsblatts schmückt, im richtigen Größenverhältnis. Im übrigen stellt sich außerhalb eines finanzwirtschaftlichen Kontexts die Frage nach der Größe nicht: So wie die Schuhe eines Profisportlers, muss sie einfach passen. Das neue Handelsblatt passt, schön aufgeschlagen, genau zur durchschnittlichen Schulterbreite oder der Breite eines Flugzeugsitzes. Also genau richtig – egal was drin steht.
02. Februar, 2009