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Perspektiven Tor! – Hyundai Grandeur

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Verträge sind Verträge, also muss Autoland Deutschland hinnehmen, dass die VIP-Limousinen zur WM aus Korea stammen. Selbst Fußball-Papst und Audi-Promoter Beckenbauer schwärmt derweil, zumindest öffentlich, von den Produkten der Marke Hyundai. Ist das ernst zu nehmen, eine Luxus-Limousine von Hyundai? Schaut man sich das Auto an, so lautet die Antwort: Nein. Vorne gibt es einen heimlichen Mercedes-Grill (ohne Stern), die Seitenlinie mit dem geschwungenen Kuppeldach und sechs Fenstern ist vom Audi übernommen (ohne dessen Stil), das Heck schmeckt nach 7er BMW (ohne dessen Extravaganz). Von Hyundai stammen lediglich die unvorteilhaft modellierten, ausgestellten Kotflügel, die das Ganze ein wenig plumper aussehen lassen als nötig. Jetzt nun ehrlich: Wer möchte so ein Auto fahren? Bevor man die Hand hebt, sollte man lieber nachdenken. In aller Bescheidenheit und in kaum vier Jahrzehnten hat es Hyundai aus dem Nichts auf Rang 6 der Global Player der Automobilbranche geschafft. Schneller als viele Japaner und viel schneller als jeder westliche Konzern. So falsch kann die Hyundai-Strategie also nicht sein. Nimmt man die Big-Six unter die Lupe, so gibt es keine populärere Marke als Hyundai. Also könnte man wohl sagen, dass keine andere Marke besser zur Fußball-WM passt. Populäre Sportart trifft auf Volksmarke. Nur, was bewegt dieses Konsumentenvolk? Das Volk will, ja wünschte sich immer schon, einfache Mittel zur Projektion eines idealisierten sozialen Status. Und das Volk versteht die überfordernde Komplexität, die Doktrin der neuen Premiummarken kaum – geschweige denn, dass es sich diese leisten könnte. Das Volk, und hier kommt der Trick, strebt lieber nach Bequemlichkeit denn Vollendung. Diesen Wunsch erfüllt ein Hyundai am besten. Hyundais Autos vereinen alle ästhetischen Merkmale eines bekannten Premiumprodukts und bleiben dabei auf biedere Art massenfreundlich. Der neue Grandeur – einmal wieder: Was für ein Name! – schenkt mit 5 Metern die Illusion des sechszylindrigen Luxus europäischer Herkunft. Hyundai gibt freiwillig zu, dass nicht viele Grandeur in Deutschland abgesetzt werden können. Dagegen spricht die Tatsache, dass die Limousine ihre soziale Bedeutung als Familienhut verloren hat. Sonst würde der Hyundai, diese Ferrero Rocher unter den deutschen Pralinen, der automobilen Bundesliga Sorgen bereiten. Die Sportanalogie ist nicht aus der Luft gegriffen. Wenn sie nicht gerade segeln oder surfen, spielen alle Automarken heute Golf: Eine Scheinwelt für erlesene Individualisten, die sich von anderen Individualisten gerne abgrenzen wollen. Hyundai dagegen spielt Fußball, scheut weder die Weltprovinz noch die unbeliebten Stadtränder und trifft idealerweise auf Massen von Menschen, die mit einem Hyundai zu Wal-Mart, zum Center-Park oder eben ins Stadium fahren. Menschen – es sind Millionen –, die zwar eher zu fett als zu fit sind, sich aber damit zufriedengeben. Gute Zeiten, schlechte Zeiten, Hyundai freut sich und leidet mit ihnen. Auch wenn der Wagen kein echter Benz ist: Hauptsache, er sieht ihm ähnlich, und man ist damit zufrieden. Hauptsache, Deutschland wird Weltmeister. Oder irgendwann auch Korea...

19. Juni, 2006

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