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Autobild: Audi City
ОглавлениеEin Bild sagt mehr als tausend Worte. Es hebe die Hand, wer diesen Satz nicht schon einmal gesagt hat. Der erste war jedenfalls nicht Konfuzius, wie man gemeinhin glaubt, sondern Fred R. Barnard, ein amerikanischer Werbefachmann, der um 1920 das angeblich chinesische Sprichwort erfand, um Kunden anzulocken. Man muss kein Philologe sein, um genau das Gegenteil zu behaupten, dennoch hat sich Barnards Postulat als goldrichtig herausgestellt. Das menschliche Gehirn ist grundsätzlich faul und arbeitet gerne mit Bildern. RTL-Gründer Helmut Thoma sprach nicht umsonst von Couch Potatoes, eine in ihrer gemütlichen Passivität gefangene Zielgruppe, die vor dem Bild(schirm) sprichwörtlich abhängt. Erst wurde man in einen Tuttifrutti-Kindergarten versetzt und hing mit offenem Mund und glitzernden Augen vor der Glotze, als ob sie ein unendliches Märchenbuch wäre. Dann kam die Internet-Schule und man musste Schreiben lernen. Selbst wer die sozialen Netzwerke noch scheut, kommuniziert mit Bildern. Die Annonce für das gebrauchte Automobil, die Einladungskarte zur Geburtstagsparty, alles mit Bild – heute billig und bequem. Allmählich ergänzt eine Bilderwelt die Welt, so dass man beide Dimensionen kaum mehr unterscheiden kann. Aber „sind diese Bilder echt“? Weil die Phantomzeichnungen zur Vorstellung künftiger Automobilmodelle mittlerweile verführerisch real wirken, musste „AutoBild“ die Leser eine Zeit lang darauf aufmerksam machen, dass ein Bild auch Abstraktion ist, wenn nicht gar Manipulation. Ob man dem berühmten Topmodel am Flughafen begegnet oder das ersehnte Premiummodell auf der Straße erwischt: Wahre Ware enttäuscht. Schuld daran ist weniger der kluge Fotograf als besagtes faules Gehirn. Dreidimensionalität im Kontext wahrzunehmen, erfordert mehr Aufwand, als die direkte Aufnahme der synthetischen Oberflächlichkeit eines Bildes. Man tut den Menschen also einen Gefallen, wenn man ihnen die Realität als Bild anbietet. Einen konsequenten Schritt in diese Richtung geht auch Audi City, eine neue Art des Automobilsalons, in dem das Auto als Bild verkauft wird. Die Idee ist klug, denn wenn man Bilder statt Autos präsentiert, braucht man nur ein Drittel der Verkaufsfläche. Der Kunde sitzt am „Multitouch-Table“ und spielt mit einem Konfigurator. Hat er seinen Favoriten gefunden, kann er das Bild mit einer einfachen Geste auf die „Powerwall“ übertragen, eine 12 Quadratmeter große Leinwand, die das Auto in tatsächlicher Größe präsentiert – es rotiert wie auf der Bühne oder fährt durch eine magische Landschaft, der Innenraum lässt sich bis ins Detail erkunden. Trotz minimalistisch-superkühler Inneneinrichtung in Audis bewährtem Vorsprung-durch-Technik-Look, kann man bei Audi City den spielerischen Ansatz nicht übersehen. Mehrere hundert Millionen Modellvarianten kann man am Touchscreen erzeugen. Und wären es auch nur einhundert Millionen, so müsste man schon ganze 3 Jahre vor der „Powerwall“ sitzen, um alle Modelle im Sekundentakt zu bewundern. Ein unendliches Spiel, wofür die beste Location gewählt wurde: ganz in der Nähe der glamourösen Spielotheken um Piccadilly Circus. Man kann das Spiel aber auch zu Hause fortsetzen, bis man vielleicht eines Tages kein Auto mehr, sondern einfach nur dessen Bild kaufen möchte.
07. August, 2012