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Anti-Status: Dacia Logan MCV
ОглавлениеSpieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land? Alle Marken, und somit nahezu alle Autos, wollen nur das eine: elegant-progressiv, dynamisch-sportlich sein. Also unwiderstehlich schön. Was wirklich schön ist, bleibt jedoch Geschmacksache. Was meinen Geschmack betrifft, so hat das gegenwärtige Automobildesign leider kaum Schönes und nur wenig Gutes zu bieten. Selbst die Design- und Kommunikationseuphorie ist ziemlich langweilig: Attraktivität und die daraus resultierende Erregung werden zur Normalität erklärt. Doch wo bleibt das Einzigartige, das Exklusive? Wenn alle glamourös sein wollen, dann faszinieren eher Nicht-Marken, die andere Wege gehen. Zum Beispiel Richtung Mitte: Eine von VW, Opel, Ford, FIAT & Co. unbeachtete Marktlücke, deren Bewohner sich nicht zu jedem Preis profilieren müssen, sondern ganz einfach und sachlich leben wollen. Das Markenkonzept von Dacia ist denkbar bescheiden: wenig Geld, viel Auto. Lediglich das erste Modell war konzeptlos, eine stinknormale, kompakte Limousine, deren Form vermutlich bei den Traditionsverwurzelten und den Nostalgikern fest verankert ist – womit sich der relativ gute Erfolg erklären lässt. Die Ansprüche einer modernen bürgerlichen Mitte erfüllt die Limousine mit Ostblockgefühl dennoch kaum. Mit dem ab 2007 verfügbaren MCV wird sich diese Situation ändern. Dabei handelt es sich um einen funktional geschnittenen Kombi mit Kastenwagen-Charakter, der kaum 20 Prozent mehr als das Basismodell kostet, dafür aber einen um satte 27 Zentimeter verlängerten Radstand und bis zu sieben Plätze bietet, alle für ausgewachsene Menschen gedacht. Der MCV verkörpert auf schnörkellose Weise alle Eigenschaften eines perfekten Alleskönners und ist dank kurzem Preis und langer Garantie nahezu unschlagbar. Mehr Auto fürs Geld gibt’s nicht. Dazu ist seine Ästhetik unwiderstehlich geschmacksneutral – also weder gut noch schlecht. Hier ein wenig Renault, dort ein wenig (alter) Opel; in der Linienführung austauschbar, in den Maßen markant. Mal auf biedere Art protzig (der prominente Grill), mal auf souveräne Art bodenständig (die rauen Kunststoffteile). Der Logan ist ein mimetisches Fahrzeug, das kein eindeutiges Image ausstrahlt. Vielmehr lässt er den Besitzer frei entscheiden, wie und wozu er sein Auto einsetzen und wie er dabei wahrgenommen werden möchte. In guten Händen könnte aus dieser Dynamik sogar ein radikales Anti-Statussymbol werden. Nur, damit es klar ist: Es geht hier nicht um Lifestyle. Eine erwachsene Ente, das ist der MCV – hätte er nur ein schönes, langes Faltdach.
18. Dezember, 2006