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Im Namen des Volkes: VW Individual

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VW ist eine Kollektivmarke, bestens inszeniert in Walt Disneys Love-Bug-Saga: Um die grazile Oma (Volksbild) gegen die Macht des Bösen (Elitebild) zu retten, rast Herbie (Volkswagen) durch die Straßen San Franciscos und hupt alle Kumpel zur Verteidigung. Hunderte treuer Käfer stürzen sich auf die tödlichen Caterpillars und besiegen sie. Ein grandioses Kinoerlebnis, alle weinen vor Freude: aus Liebe zum Automobil. Volkswagen hat sich fest in der beneidenswerten Position des gutmütigen Riesen unter den globalen Volksmarken positioniert. Das vor kurzem eingeführte Premium-Label „Individual“, das unter anderem auf exklusive, für exklusive Kunden gefertigte VWs geklebt werden soll, passt in dieses Bild nicht hinein. Folglich scheint auch die Designkonzeption des i-Wappens nicht wirklich gelungen zu sein, obwohl dies hier nur eine Nebenrolle spielt. „Excludere“, also „ausschließen“, sollte die Marke Volkswagen niemanden, denn eine volkstümliche Liebesbeziehung darf niemand zerbrechen. Zwar wird die gesamte Markenstruktur des Wolfsburger Konzerns hiermit nicht zerbrochen, aber doch zumindest umgebaut. Eine Millisekunde nach seiner Ernennung zum neuen Chef verkündet Martin Winterkorn den Plan, Audi, Bentley, Bugatti und Lamborghini in eine Premiumgruppe und Volkswagen, Seat und Skoda in eine Volumengruppe zu sortieren. Die neue Aufteilung ist sinnvoll: Einerseits gibt es künftig ein wertvolles Bündel an Premium- und Luxusmarken, die gut zueinander passen; andererseits entsteht ein schwergewichtiges Massen-Konglomerat, in dem Synergien einfacher sind. Für die Markengruppe Volkswagen, befreit vom Zwang des internen Wettbewerbs um Image und Profit mit der Audi Brand Group, würde das ein „back to the roots“ bedeuten, einen Schritt, der die Liebesbeziehung zum Volk stärkt. Ab wann das Volk jedoch in den Genuss der Früchte dieser Strategie kommen kann, ist jetzt die große Frage. Erst vor kurzem verabschiedete man eine Modelloffensive, wobei Chefdesigner Murat Günak aufgefordert wurde, Volkswagen in die sechste Designgeneration seit Entstehung der Firma zu leiten. Noch kann man nicht endgültig sagen, wie die neuen Modelle aussehen werden. Fest steht allerdings, dass deren strategische Richtlinien die vorherige Markenstruktur des Konzerns reflektieren müssen. Ist das mit dem neuen Kurs nicht vereinbar, kann es mehr als zehn Jahre dauern und sehr viel Geld kosten, bis sich Volkswagen der jetzigen Umstrukturierung vollständig angepasst haben wird. Wie lange aber kann beim VW-Konzern die dafür notwendige Ruhe herrschen? Es sieht so aus, als ob bald wieder etwas passieren könnte. Zu gerne würde Ferdinand Piëch aus den Schöpfungen seines Großvaters ein Familienunternehmen machen. Mögliche Traumvorstellung: Porsche als wertes Hauptmitglied der Audi-Premiumgruppe; VW & Co. auf der anderen Seite, dazu zwei Geschäftsführer mit Wendelin Wiedeking als Konzernchef. Gelingt das nicht, so könnte Porsche auf seine Kontrollposition verzichten und sich mit der gesamten Premium-Gruppe abfinden lassen. Es entstünde der beste und profitabelste private Luxuskonzern der Automobilwelt. Sollten sich keine Hedgefonds zur Beteiligung animieren lassen – zum Beispiel von einem mächtigen Partner wie DaimlerChrysler, dessen Portfolio die VW-Marke so gut ergänzen würde –, dann bliebe Volkswagen in Niedersachsen. Nicht nur Politik und Finanzen werden bei der endgültigen Lösung eine Rolle spielen, vieles hängt vom emotionalen Faktor ab: von Ferdinand Piëchs Liebe zum Volkswagen. Ich bin sicher: Selbst dieser kaltblütige Milliardär wird vor Freude weinen, wenn er seinen Herbie auf der Leinwand sieht.

13. November, 2006

Design 2 Go

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