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V.Der Anwendungsbereich des § 48 Absatz 2
Оглавление1.Anwendungsbereich im Betriebsplanverfahren
20Unter Hinweis auf die Stellung des § 48 im Gesetz – außerhalb des 2. Kapitels betreffend den Betriebsplan – und auf die Entstehungsgeschichte der Norm wurde zunächst die Ansicht vertreten, § 48 Abs. 2 könne im Betriebsplanverfahren keine Geltung beanspruchen. Die Beschränkung und Untersagung bedürfe eines besonderen Verwaltungsakts, der selbstständig anfechtbar sei (Boldt/Weller, § 55 Rn 51). Der Katalog des § 55 formuliere die Zulassungsvoraussetzungen für einen Betriebsplan abschließend.
21Hiergegen sprachen aber bereits sehr früh nach Erlass des Gesetzes Auffassungen, die auf die Frage der Verhältnismäßigkeit und verfahrensökonomische Gesichtspunkte hinwiesen (Piens/Schulte/Graf Vitzthum, 1. Aufl. § 55 Rn 3; H. Schulte, NJW 1981, 88, 94; Kühne, DVBl 1984, 713): Es sei nicht sinnvoll, dass die Bergbehörde einen Betriebsplan, dem überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, zunächst gem. § 55 zulassen müsse, um ihn anschließend gem. § 48 Abs. 2 Satz 1 zu widerrufen. Es sei notwendig, § 48 Abs. 2 und § 55 miteinander zu koppeln. Dem schloss sich die Rspr. (BVerwGE 74, 315, 323 – Altenberg – = ZfB 1987, 66; BVerwGE 81, 329 = ZfB 1989, 199 = NVwZ 1989, 1157; BVerwG, ZfB 1989, 210; ZfB 1991, 140; OVG NRW, ZfB 2006, 32, 52 – Walsum; BVerwG, ZfB 2006, 159 – Garzweiler II; ZfB 2006, 311 – Gemeinde gegen Bergwerk Walsum; ZfB 2006, 319 – Grundeigentümer gegen Bergwerk Walsum; VG Saarland, ZfB 1987, 384; VG Aachen, ZfB 1988, 227) und die Lit. an (Seibert, DVBl 1986, 1278; H. Schulte, ZfB 1987, 186; Hoppe, Nationalparkverordnung, s. 54; Kühne, JuS 1988, 436; Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 213; Boldt/Weller, Erg.-Bd. § 48 Rn 5; Kremer/Neuhaus gen. Wever, Rn 253; Ludwig, S. 77; Beckmann, DÖV 2010, 512; Knöchel, FS Kühne, 599 ff.). § 48 Abs. 2 begründet nicht nur eine eigenständige Anordnungsbefugnis – etwa parallel zu § 71 –, sondern ergänzt die Voraussetzung des § 55 Abs. 1. Dies ist heute allgemeine Auffassung.
2.Anwendungsbereich im Abschlussbetriebsplanverfahren
22Da nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 1 die Bergbehörde nur die Aufsuchung und Gewinnung beschränken oder untersagen kann, könnte zweifelhaft sein, ob die Vorschrift auch für Abschlussbetriebspläne gilt, in denen die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche im Vordergrund steht. Jedoch ist in der Rspr. (BVerwG, ZfB 2005, 161 = ZfW 2006, 17) geklärt, dass die öffentlichen Interessen i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 auch im Abschlussbetriebsplanverfahren zu prüfen sind (BVerwG, ZfB 2005, 156, 160 = BVerwGE 123, 247, 255; Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 36; Beckmann, DÖV 2010, 512; VG Ansbach, ZfB 2015, 264, 277; OVG Koblenz, ZfB 2008, 147, 154). Dies schon deshalb, weil die Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 keine Rolle bei der Einstellung des Betriebs mehr spielt und die entgegenstehenden überwiegenden Interessen ein besonderes Gewicht erhalten. Im Übrigen kann die Wiedernutzbarmachung als nachfolgende Tätigkeit i. S. des Begriffes „Gewinnen“ i. S. von § 4 Abs. 2 verstanden werden.
3.Anwendungsbereich für Aufbereitungsbetriebe
23Nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 1 gilt die Beschränkungs- oder Untersagungsermächtigung nur für die Aufsuchung und Gewinnung, nicht für die Aufbereitung. Da § 48 Abs. 2 Satz 1 eine behördliche Eingriffsermächtigung gegenüber dem Aufsuchungs- oder Gewinnungsberechtigten gewährt, muss sie aus verfassungsrechtlichen Gründen eindeutig und bestimmt sein. Aufbereitung ist nach § 2 Nr. 1 und § 4 Abs. 3 ein anderer Rechtsbegriff als Aufsuchung und Gewinnung und wegen seiner zahlreichen Varianten nicht mehr als Teil des Gewinnungsprozesses anzusehen. Eine entsprechende Anwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 verbietet sich daher. Ein praktisches Bedürfnis ist in den meisten Fällen hierfür auch nicht gegeben, soweit die übertägigen Aufbereitungsanlagen nach dem BImSchG genehmigt werden müssen.
4.Anwendung nach der Betriebsplanzulassung
24Da § 48 Abs. 2 Satz 1 die materiellen Zulassungsvoraussetzungen des § 55 erweitert, muss diese Erweiterung auch für die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 und des § 71 gelten. Außerbergrechtliche überwiegende öffentlich-rechtliche Interessen können demnach zu der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 (BVerwG, Urt. v. 22.11.2018 – 7 C 9.17 = NVwZ 2019, 886 Rn 15 – Kieselgurtagebau –; OVG Magdeburg, ZfB 2017, 141, 150 m. w. N. – Kieselgurtagebau; Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 37 und § 56 Rn 22 m. w. N.; Kühne, DVBl 2010, 874, 876; Beckmann, DÖV 2010, 517) und zu Anordnungen gemäß § 71 Absatz 1 führen, sofern die weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Eine eigenständige Entscheidung gem. § 48 Abs. 2 Satz 1 kommt in diesen Fällen nicht in Betracht, da §§ 56 Abs. 1 Satz 2 und 71 Abs. 1 spezielle Regelungen sind.
25Ausdrücklich ausgeschlossen werden spätere Entscheidungen aufgrund von § 48 Abs. 2 Satz 1 für die Fälle, in denen ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren stattgefunden hat (§ 57a Abs. 5). Nach der umfassenden Prüfung des § 48 Abs. 2 Satz 1 im Planfeststellungsverfahren besteht für die weitere Entscheidung der Bergbehörde im Anschluss an das Planverfahren, aber bezogen auf dasselbe Vorhaben, kein Grund mehr. Die Konzentrationswirkung der Planfeststellung erfasst auch die Voraussetzungen und Folgen des § 48 Abs. 2 Satz 1.
26Ausgeschlossen von der Konzentrationswirkung sind gem. § 57a Abs. 5 die in § 48 Abs. 2 Satz 2 genannten Fällen des Schutzes von Rechten Dritter. Wenn sich also später herausstellt, dass ein zugelassenes Vorhaben zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des Oberflächeneigentums führen kann, ist trotz Planfeststellungsbeschluss eine behördliche Entscheidung gem. § 48 Abs. 2 Satz 1 in Form einer nachträglichen Auflage oder Anordnung zulässig (Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 41).
5.§ 48 Absatz 2 als Befugnisnorm zur Berücksichtigung außerbergrechtlicher Belange
27Die Bergbehörde hat bei ihrer auf § 48 Abs. 2 Satz 1 gestützten Entscheidung trotz des Wortlauts („kann“) kein Ermessen. Es handelt sich lediglich um eine sog. Befugnisnorm (BVerwGE 74, 315 = ZfB 1987, 60, 67 = DVBl 1986, 1273; BVerwG, NVwZ 2005, 954 = ZfB 2005, 161; – Ton-Tagebau Fortuna – = UPR 2005, 353; UPR 2006, 451; BVerwG, ZfB 2006, 306 und 315 – Walsum; BVerwG, ZfB 2006, 161 – Garzweiler – s. auch § 51 Rn 7; OVG NRW, ZfB 2006, 32, 49; OVG Saarland, ZfB 2005, 294, 302; VG Freiburg, ZfB 1990, 321; Rausch, Umwelt- und Planungsrecht S. 206). Beim Vorliegen überwiegender öffentlicher Interessen ist ein rechtswidriger Zustand erreicht, der es nicht mehr zulässt, dass die Behörde zusätzlich noch ihr Ermessen ausübt, ob sie tätig wird. Das Ermessen beschränkt sich darauf, dass die Behörde die Aufsuchung oder Gewinnung völlig untersagt oder – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – nur beschränkt (s. Rn 18). Das BVerfG hat die Anwendungspraxis des BVerwG im sog. Garzweiler-Urteil (BVerfGE 134, 242 Rn 274 ff. = ZfB 2014, 49 Rn 275 ff. = NVwZ 2014, 211, 226 = DVBl 2014, 175) verfassungsrechtlich gebilligt (Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 49).
6.Grenzen der Anwendung des § 48 Absatz 2 Satz 1
28Der Anwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 sind mehrere Grenzen gesetzt:
Nach dem Wortlaut der Vorschrift gilt sie nur „in anderen Fällen als denen des Absatzes 1“. Sie gilt also nicht für bergbauliche Tätigkeiten, die sich auf im öffentlichen Interesse geschützte Grundstücke beziehen und zu deren Durchführung eine Befreiung von den in § 48 Abs. 1 angesprochenen Schutzvorschriften erforderlich ist (Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 43). Dies ist konsequent, denn auf den Grundstücken i. S. des § 48 Abs. 1, d. h. Bebauungsplanflächen und umweltrechtlichen Schutzgebieten, ist Bergbau ohne die Erteilung einer Befreiung von den die Flächen schützenden Vorschriften nicht möglich. Die Befreiungen sind aber fachgesetzlich ausgestaltet und der Entscheidung von Fachbehörden zugewiesen, sodass darüber hinaus kein weiterer Schutz öffentlicher Interessen durch § 48 Abs. 2 Satz 1 erforderlich ist (Rausch, Umwelt- und Planungsrecht im Bergbau S. 206 f.).
29Nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 1 gilt diese Vorschrift ferner nur „in anderen Fällen als denen des § 15“. Sie gilt also nicht in Antragsverfahren über die Erteilung von Bergbauberechtigungen, in denen die Berücksichtigung öffentlicher Interessen nach Maßgabe des § 11 Nr. 10 erfolgt und schon durch die Beteiligung anderer Behörden, die die öffentlichen Interessen wahrzunehmen haben, gem. § 15 sichergestellt ist. Auch insofern soll eine Doppelprüfung öffentlicher Interessen nicht erfolgen. Dass § 48 Abs. 2 Satz 1 im Verfahren zur Erteilung von Bergbauberechtigungen nicht anwendbar ist, folgt also aus dem Wortlaut der Vorschrift („in anderen Fällen als denen des § 15“; „für die Zulassung von Betriebsplänen zuständige Behörde“) und aus der vorrangigen speziellen Vorschrift des § 11 Nr. 10 für Bergbauberechtigungen (Kühne, in: Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 43; Rausch, Umwelt- und Planungsrecht im Bergbau, s. 207).
30Schließlich gilt die Befugnisnorm des § 48 Abs. 2 Satz 1 „unbeschadet anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften“. Damit wird der Anwendungsbereich der Vorschrift eingegrenzt: Die Befugnis zur Beschränkung oder Untersagung und die Anwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 sind nur insoweit gegeben, wie nicht bereits eine andere öffentlich-rechtliche Vorschrift eine spezielle Behörde mit der Wahrnehmung der zu schützenden öffentlichen Interessen betraut hat (BVerwGE 74, 315 = ZfB 1987, 60, 67; Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 44; Rausch, a. a. O. S. 207; Kremer/Neuhaus gen. Wever, Rn 253; Frenz, Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung, S. 73).
31Eine „spezielle Behörde“ ist in diesem Sinne auch dann mit der Wahrnehmung der zu schützenden öffentlichen Interessen betraut, wenn aufgrund von Zuständigkeitsregelungen die Bergbehörde diese „spezielle Behörde“ ist. Denn es verbleibt in diesem Falle aufgrund des materiellen Rechts bei verschiedenen Verfahren mit unterschiedlichem Inhalt (Rausch, a. a. O. S. 221).
32Auch wenn die Berücksichtigung der öffentlichen Belange nicht in einem Genehmigungsverfahren der speziellen Behörde erfolgt, sondern sie erst im Nachhinein und nicht schon im Genehmigungsverfahren eingreifen kann, ist die Anwendung von § 48 Abs. 2 Satz 1 ausgeschlossen. Vielmehr ist nach dem Kriterium der Sachnähe die spezielle Behörde für die Untersagung und Beschränkung des Abbaus zuständig, die nach den spezialgesetzlichen Vorschriften die speziellen Belange wahrzunehmen hat (z. B. Wasserbehörde). Das folgt daraus, dass die Anwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 „unbeschadet anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften“ erfolgt, d. h. nur dann, wenn mit der Wahrnehmung andere Behörden nicht betraut sind (Frenz, Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung, S. 73; Rausch, Umwelt und Planungsrecht im Bergbau, S. 221 unter Hinw. auf BVerwGE 74, 315, 324 = ZfB 1987, 60, so auch BVerwG, UPR 2017, 142 Rn 2c). Dies gilt nicht nur für das Genehmigungsverfahren, sondern auch für die in § 48 Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich genannten Verwaltungsakte der Untersagung und Beschränkung des Abbaus.
7.Entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen
33Nach der Formulierung des Gesetzes ist auf der Tatbestandsseite eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen zu treffen: Es ist einerseits das für die Aufsuchung oder Gewinnung sprechende öffentliche Interesse des Unternehmers einschl. der für seinen Betrieb sprechenden öffentlichen Interessen zu ermitteln und zu gewichten in Abwägung andererseits mit den gegen das Bergbauvorhaben sprechenden öffentlichen Interessen. Dabei müssen aufgrund der „Unbeschadet-Klausel“ öffentliche Interessen, die durch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bereits anderen Behörden zur Prüfung zugewiesen wurden, außen vor bleiben. Ebenso müssen die öffentlichen Interessen unberücksichtigt bleiben, für die in § 55 spezielle Regelungen getroffen wurden. Denn § 48 Abs. 2 Satz 1 ist nicht Grundlage für die Berücksichtigung solcher Belange, die § 55 enumerativ aufzählt (VG Weimar, ZfB 1996, 328; Frenz, Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung S. 77; Ludwig, Auswirkungen der FFH-RL S. 78; Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 40; OVG Lüneburg, ZfB 2008, 265; VG Oldenburg, ZfB 2008, 306).
34Überwiegen die der Aufsuchung oder Gewinnung entgegenstehenden öffentlichen Interessen, muss die Behörde tätig werden. Wegen des Charakters des § 48 Abs. 2 Satz 1 als Befugnisnorm kann die Behörde nicht mehr entscheiden, ob sie tätig wird. Ein Ermessen unter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat die Bergbehörde nur in Bezug auf die Art und Weise ihrer Tätigkeit: Im Betriebsplanverfahren hat sie die Wahl zwischen Nebenbestimmungen und im Extremfall Versagung, bei nachträglichen Anordnungen zwischen Beschränkung oder Untersagung (s. Rn 14). Nach dem Gesetzeswortlaut steht im Übrigen fest, dass es nicht ausreicht, wenn öffentliche Interessen entgegenstehen: Sie müssen auch überwiegend sein.
35Die abwägende Entscheidung zwischen widerstreitenden öffentlichen Interessen gem. § 48 Abs. 2 Satz 1 bedeutet nicht, dass eine umfassende fachplanerische Abwägung im Betriebsplanverfahren ermöglicht oder gefordert wird. Die Betriebsplanentscheidung bleibt eine gebundene Entscheidung, auf sie besteht ein Rechtsanspruch, sofern überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen (BVerwG, NVwZ 1991, 993 = ZfB 1991, 140, 143; ZfB 1995, 278, 287; ZfB 2006, 161 – Garzweiler II; UPR 2017, 141; VG Greifswald, ZfB 2007, 295; VG Weimar, ZfB 1996, 330; VG Freiburg, ZfB 1990, 314, 321; Frenz, Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung S. 78 m. w. N.; Beyer, Verantwortung, S. 131; Schmidt-Assmann/Schoch, S. 158; s. auch § 51 Rn 4).
36Die nach § 48 Abs. 2 gebotene Abwägung unterliegt nicht den Grundsätzen der planerischen Gestaltungsfreiheit. Sie entspricht der gerichtlich voll überprüfbaren Abwägung im Rahmen eines unbestimmten Tatbestandsmerkmals (BVerwG, ZfB 2006, 161; VG Weimar, ZfB 1996, 193; VGH Mannheim, ZfB 1989, 57, 67; VG Greifswald, ZfB 2007, 295).
37Der Begriff der entgegenstehenden öffentlichen Interessen ist weit gefasst (OVG Lüneburg, ZfB 2008, 265; BVerwG, ZfB 2006, 159; VG Oldenburg, ZfB 2008, 306). Was das bedeutet, ist allerdings in der Rspr. nicht eindeutig: § 48 Abs. 2 erweitere die Befugnisse der Bergbehörde auf die außerbergrechtlichen Vorschriften, „aber nur insoweit, als sie Verbote oder Beschränkungen für das Vorhaben aussprechen“ (BVerwG, ZfB 1991, 140, 144 = NVwZ 1991, 993). Oder es sollen als überwiegende öffentliche Interessen nur solche in Betracht kommen, die „in öffentlich-rechtlichen Vorschriften konkretisiert sind, indem sie Tätigkeiten verbieten oder beschränken, die ihrer Art nach der Aufsuchung oder Gewinnung von Bodenschätzen dienen könnten“ (BVerwG, ZfB 1995, 278, 287 = BVerwGE 100, 1, 16). Nach BVerwG in ZfB 2016, 205, 207 = UPR 2014, 141 Rn 16 – Bannwald – stehen öffentliche Interessen einem Vorhaben nur dann entgegen, „wenn sie in Rechtsvorschriften … oder verbindlichen Aussagen eines Planes ihren Niederschlag gefunden haben“. Sie bedürfen einer „normativen Anknüpfung“ (VGH Kassel, Beschl. v. 20.2.2014 – Az. 2 B 277/14 Rn 18; VGH Kassel, NUR 2015, 781, 782; Louis, UPR 2017, 285, 287). In anderen Entscheidungen werden jedoch öffentliche Interessen berücksichtigt, die nicht in ausdrücklichen Verbotsnormen verankert sind: Die „abfallrechtlichen Grundpflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen“ (BVerwG, ZfB 2005, 156, 161 = BVerwGE 123, 254) oder „die Anforderungen des Bodenschutzrechts“ (BVerwG a. a. O.) oder die „Ziele der Raumordnung“ (BVerwG, ZfB 2006, 156, 160 – Garzweiler II – = BVerwGE 126, 210), die „Interessen der vom Tagebau unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümer“ (BVerwG, ZfB 2006, 159), das „öffentliche Interesse an der Findung eines Standorts zur Endlagerung radioaktiver Abfälle“ (OVG Lüneburg, ZfB 2008, 266). Die durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierte kommunale Selbstverwaltung wurde zu den Rechtsgütern gezählt, deren Schutz ein öffentliches Interesse i. S. von § 48 Abs. 2 ist (BVerwG, ZfB 2006, 306, 311 = NVwZ 2007, 702 = BVerwGE 127, 259 Tz 30), wenn sie unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Für ein weites Verständnis i. S. einer Einbeziehung aller öffentlichen Interessen, deren Wahrnehmung nicht einer anderen Behörde zugewiesen ist: Kühne, in: Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 50 f., allerdings mit Begrenzung auf bestimmte Fallgruppen.
38Die Rspr. zum öffentlichen Interesse i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 hat die Tendenz zur Relativierung struktureller und dogmatischer Festlegungen bis hin zur Verengung auf Einzelfallentscheidungen (krit. hierzu Kühne in: Wandel und Beharren im Bergrecht S. 58 f.). Die ursprüngliche Forderung der Rspr. nach der Notwendigkeit explizierter Verbotsnormen ist mehr und mehr aufgegeben worden. Es ist daher sinnvoll, das öffentliche Interesse in Ergänzung zu den oben genannten Fällen anhand von Beispielen zu umgrenzen.
39Zu den gesetzlich normierten öffentlichen Belangen, die in § 48 Abs. 2 Satz 1 zu berücksichtigen sind, gehören für die nach dem BImSchG nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen die Gebote des § 22 BImSchG (BVerwGE 74, 315, 324 = ZfB 1987, 60 = NJW 1987, 1713 – Altenberg; OVG Brandenburg, ZfB 2005, 20, 23; OVG NRW, ZfB 2008, 144; VG Weimar, ZfB 1996, 328; VG Stade, ZfB 2004, 249; VG Kassel, ZfB 2004, 71; Heitmann, ZfB 1990, 186; H. Schulte, ZfB 1987, 207; Kühne/Gaentzsch, Wandel und Beharren im Bergrecht, S. 30 f.; Frenz, Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung, S. 74). Immissionsschutzrechtliche Gesichtspunkte für nicht genehmigungspflichtige Bergbauanlagen sind demnach gem. § 48 Abs. 2 Satz 1 im Betriebsplanverfahren zu berücksichtigen. Im Einzelnen s. Anh. § 56 Rn 213 ff.
39aÜberwiegende öffentliche Interessen können auch durch Art. 12 Abs. 1 der RL 96/82 EG v. 9.12.1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (i. F. Änderungs-RL 2003/105/EG v. 16.12.2003 – Seveso II-RL) vermittelt werden. Denn der EuGH (Urt. v. 15.9.2011 – C-53/10 = NUR 2012, 115) hat die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, langfristig dem Erfordernis der Wahrung angemessener Abstände zwischen einem Störfallbetrieb und öffentlich genutzten Gebäuden Rechnung zu tragen, auch auf Genehmigungsbehörden übertragen, die bei gebundenen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben zu befinden haben (OVG NRW, NUR 2017, 482, 489 – Kraftwerk Trianel).
40Das Gleiche gilt für das Bauplanungsrecht. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 hat die Bergbehörde bei bergbaulichen Vorhaben, die nicht den bergaufsichtlichen Genehmigungsverfahren unterstehen, über die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen des Vorhabens bei der Betriebsplanzulassung mit zu entscheiden (BVerwG, ZfB 1889, 210, 215 = NVwZ 1989, 1157 mit Anm. H. Schulte, S. 1138; NVwZ-RR 2002, 8; VGH Kassel, ZfB 2001, 40 ff. = NVwZ-RR 2001, 301; VG Ansbach, ZfB 2007, 292; VG Freiburg, ZfB 1990, 318). Zweifelhaft ist, ob eine Veränderungssperre gem. § 14 Abs. 1 BauGB eine ausreichend konkrete und verfestigte Planung ist, die gem. § 48 Abs. 2 Satz 1 als öffentlicher Belang anzusetzen ist. Da die Veränderungssperre bereits nach dem Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes angeordnet werden kann und ihr Ziel ist, die ungestörte Verwirklichung eines Bebauungsplanaufstellungsverfahrens zu ermöglichen (BVerwG NVwZ 1993, 473), sind die Anforderungen an eine konkretisierte Planung denkbar gering (BayVGH v. 20.11.2013 – Az. 9 N 13.1681) und kommt daher als öffentliches Interesse i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 nicht in Betracht.
41Das bedeutet: Soweit die bauplanungsrechtliche Abwägung zugunsten der bergbaulichen Nutzung ausfällt, kann sie durch Abwägung im Rahmen des § 48 Abs. 2 nicht umgestoßen werden. Denn § 48 Abs. 2 kann den bergbaufremden Interessen keine höhere Durchsetzungskraft verleihen als § 35 BauGB (Kühne, DVBl 1984, 713).
42Geht die rein bauplanungsrechtliche Wertung gegen das bergbauliche Vorhaben aus, kann die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 und seiner Ausstrahlung auf die öffentlichen Interessen i. S. von § 48 Abs. 2 zu einem für den Bergbau günstigeren Endergebnis führen (Kühne, a. a. O.).
43Unterliegen ein untertägig ausgeführtes Bergbauvorhaben und seine übertägigen Auswirkungen dem Bauplanungsrecht nicht (s. Anh. § 56 Rn 14, 37 ff.), gehen die nach § 35 BauGB einzustellenden Abwägungselemente in die Abwägung nach § 48 Abs. 2 ein.
44Auch die Ziele der Raumordnung konnten über § 48 Abs. 2 Satz 1 in das Betriebsplanverfahren als öffentliche Interessen eingebracht werden (BVerwG, ZfB 2006, 156, 160; OVG NRW, ZfB 2008, 122; ZfB 2008, 144; OVG Greifswald, ZfB 2001, 199; OVG Bautzen, ZfB 1997, 321; VGH Mannheim, NUR 1989, 135 = ZfB 1989, 57; VG Wiesbaden, ZfB 2001, 76; VG Weimar, ZfB 1995, 225, 231; VG Leipzig, ZfB 1993, 48, 56; Kühne, Braunkohlenplanung und bergrechtliche Zulassungsverfahren, S. 29 ff., und DVBl 1984, 709, 712; H. Schulte, ZfB 1987, 220). Zwar gehören Raumordnungsziele in den Raumordnungsplänen nicht zu den Rechtsnormen, die Gewinnungstätigkeiten auf bestimmten Grundstücken unmittelbar verbieten oder beschränken. Dennoch ergab sich aus der Entstehungsgeschichte des § 48 Abs. 2 Satz 1, dass diese Vorschrift als Raumordnungsklausel angesehen werden muss (ausf. Kühne, DVBl 1984, 709, 711; VGH Mannheim, a. a. O. 75; a. A. Hoppe, UPR 1983, 105, 110; Weller, Band 65 der Materialien der Akademie für Raumforschung und Landesplanung Hannover, 1983, S. 44; Degenhart, Rechtsfragen der Braunkohlenplanung für Brandenburg, S. 35; ders., DVBl 1996, 773, 775; Hess VGH, ZfB 2001, 48 = NVwZ-RR 2001, 302). Hierzu ausführlich auch Anh. § 56 Rn 424 ff., § 48 Rn 2a. Das folgt allerdings jetzt schon unmittelbar aus dem durch Gesetz zur Änderung raumordnungsrechtlicher Vorschriften vom 23.5.2017 (BGBl, 1245) eingeführten § 48 Abs. 2 Satz 2 (s. auch § 48 Rn 2a).
45Ein Versagungsgrund für ein bergbauliches Vorhaben kann ein Ziel der Raumordnung nur sein, wenn es in einem rechtswirksam zustande gekommenen, für verbindlich erklärten Landesentwicklungsplan und/oder einem Regionalplan gleicher Qualität konkret ausgewiesen ist und in einem solchen Plan den Vorrang gegenüber dem Bergbau erhalten hat (VGH Mannheim, NUR 1989, 135 = ZfB 1989, 57, 75; VG Dessau, LKV 2002, 480 = NUR 2002, 110; VGH Kassel, NVwZ-AR 2001, 302). Allerdings enthält § 48 Abs. 2 keine strikte Zielbindung, die über die Bindungswirkung nach § 35 Abs. 3 BauGB hinausgeht. Die Ausweisung muss das Ergebnis einer überörtlichen und oberflächlichen gesamtplanerischen Interessenabwägung sein und muss über das hinausgehen, was bereits in § 35 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB für den Außenbereich gesetzlich vorgegeben ist (BVerwG, NJW 1984, 1367; NVwZ 1991, 161; NVwZ 1998, 960; VGH Kassel, NWvZ-RR 2001, 302 m. w. N.). Einzelheiten s. Anh. § 56 Rn 423. S. aber nunmehr zur bergrechtlichen Raumordnungsklausel § 48 Rn 2a und § 56 Anh. Rn 425.
46Grundsätze der Raumordnung können kein überwiegendes öffentliches Interesse i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 darstellen (VG Dessau, LKV 2002, 481= NUR 2002, 111), ebenso nicht eine Biosphärenreservats-VO (VG Dessau a. a. O.).
47Ziele der Braunkohlenpläne sind im Betriebsplanverfahren nicht nur abwägend zu berücksichtigen (so Erbguth, Verw.Arch. 1996, 258, 271), sondern verbindlich zu beachten (Kühne, a. a. O. S. 32). Einzelheiten s. Anh. § 56 Rn 444 ff., 414, 419; OVG NRW a. a. O. S. 122 und 144. Das folgt jetzt ausdrücklich aus § 48 Abs. 2 Satz 2 (s. § 48 Rn 2a und 44).
48Andererseits: Fehlt es an einer verbindlichen Braunkohlenplanung, fehlt es regelmäßig auch an hinreichend konkretisierten öffentlichen Belangen, die dem Vorhaben gegenüber § 48 Abs. 2 Satz 1 entgegengehalten werden könnten (OVG Brandenburg, ZfB 2000, 297, 315; Degenhart, Rechtsfragen der Braunkohlenplanung für Brandenburg, S. 36). Aus dem Fehlen einer verbindlichen Braunkohlenplanung ist nicht zu schließen, dass das Vorhaben einer geordneten räumlichen Entwicklung zuwiderläuft und ihm deshalb überwiegend öffentliche Interessen entgegenstehen.
49Ein weiterer Anwendungsfall des § 48 Abs. 2 Satz 1 ist das Denkmalrecht. Sofern darüber nicht in einem eigenen fachlichen Genehmigungsverfahren oder im Rahmen von § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 zu entscheiden ist, werden die denkmalschutzrechtlichen Fragen über § 48 Abs. 2 Satz 1 in das Betriebsplanverfahren transferiert (OVG NRW, ZfB 2008. 143; Attendorn, NUR 2006, 757 m. w. N.; Battis/Mühlhoff, DVBl 1991, 1, 4). Einzelheiten s. Anh. § 56 Rn 111 ff.
50Nach der Rspr. sind auch die Anforderungen des Bodenschutzes mit Hilfe von § 48 Abs. 2 Satz 1 im Betriebsplanverfahren zu prüfen (BVerwG, ZfB 2005, 156, 161 = NVwZ 2005, 954 – Tontagebau „Fortuna“ –; OVG NRW, ZfB 2008, 143; VG Magdeburg, ZfB 2008, 200; OVG Koblenz, ZfB 2008, 147, 154). Insofern stellt § 48 Abs. 2 Satz 1 zwar keine Anforderungen an die Verwendung bergbaufremder Abfälle, durch die schädliche Einwirkungen auf den Boden hervorgerufen werden. Er stellt aber das zur Berücksichtigung der bodenschutzrechtlichen Anforderungen erforderliche Verfahren, jedenfalls, soweit die Subsidiaritätsklausel des § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG nicht greift, bereit. Einzelheiten s. Anh. § 56 Rn 79 ff.
51Als öffentliche Interessen kommen auch die Belange des Naturschutzes in Betracht. Für Eingriffe in Natur und Landschaft gilt allerdings schon § 17 Abs. 1 BNatschG, wonach die erforderlichen Entscheidungen in der Betriebsplanzulassung getroffen werden müssen (sog. Huckepack-Verfahren). Der Transmission über § 48 Abs. 2 Satz 1 bedarf es nicht (Wolf, ZUR 2006, 525; s. auch Anh. § 56 Rn 270 ff.).
52Für andere Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege steht § 48 Abs. 2 Satz 1 zur Verfügung, sofern dessen Voraussetzungen gegeben sind (Frenz, Glückauf 2010, 105; ders., in: Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung, S. 74 m. w. N.; Rausch, Umwelt- und Planungsrecht beim Bergbau, S. 229; Wolf, ZUR 2006, 524 m. w. N.; H. Schulte, ZfB 1987, 178, 208; Boldt/Weller (2016), Rn 57). Beispiele hierzu: Ludwig, Auswirkungen der FFH-RL, S. 78 hinsichtlich FFH-Verträglichkeitsprüfung, hierzu auch BVerwG, UPR 2013, 107; OVG Berlin-Brandenburg, ZfB 2007, 259 ff.; Freytag/Pulz/Neumann, Glückauf 2007, 474 ff.; VG Koblenz, ZfB 1999, 53 ff. hinsichtlich einstweiliger Sicherstellung als Naturschutzgebiet; OVG NRW, ZfB 2008, 118 hinsichtlich indirekter Einwirkungen, z. B. Beeinflussung des Grundwasserstandes durch ein außerhalb des Schutzgebietes durchgeführtes Vorhaben; OVG NRW, ZfB 2008, 121 betreffend Belange des Schutzes des Waldes; VGH Mannheim, ZfB 1989, 67 betreffend absolute Veränderungssperre im Abbaugebiet durch Normen des Natur- und Landschaftsschutzes. Einzelheiten zum Natur- und Landschaftsschutz s. Anh. § 56 Rn 228 ff.
52aZu den öffentlichen Interessen i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 gehören auch wasserrechtliche Vorschriften (OVG NRW, ZfB 2016, 33, 48; Müggenborg, NUR 2013, 326, 328; siehe auch § 56 Anh. Rn 689 a.E). Vorschriften des Wasserrechts dienen dem Ziel, die öffentliche Wasserversorgung sicherzustellen und schädliche Einwirkungen auf die Gewässer zu verhindern. Die Anwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 ist unabhängig davon, ob eine wirksame Wasserschutzgebietsverordnung besteht (OVG NRW a. a. O.). Zur Klagebefugnis von Trägern der Wasserversorgung s. § 56 Rn 198a.
53In die Prüfung des § 48 Abs. 2 Satz 1 sind auch die Belange der Grundeigentümer einzubeziehen, deren Grundstücke für die Verwirklichung des Vorhabens unmittelbar in Anspruch genommen werden müssen. Die Zulassung eines Rahmenbetriebsplans enthält die Feststellung, dass die beabsichtigte Gewinnung von Braunkohle nicht aus überwiegenden öffentlichen Interessen, also auch nicht unter Berücksichtigung des Schutzes des unmittelbar betroffenen Eigentums, zu beschränken oder zu untersagen ist (BVerwG, ZfB 2006, 156, 160 – Garzweiler II – BVerwGE 126, 205, 211; OVG NRW, ZfB 2008, 109 = DVBl 2008, 452; a. A. noch BVerwG, ZfB 1991, 140, 142 = NVwZ 1991, 993; OVG Brandenburg, ZfB 2000, 297, 304; OVG NRW, ZfB 2005, 304; zweifelnd Kühne, in: Leipziger Schriften Band 15, S. 16). Ein Tagebauvorhaben widerspricht dem öffentlichen Interesse i. S. von § 48 Abs. 2, wenn bereits bei der Zulassung des (fakultativen) Rahmenbetriebsplanes erkennbar ist, dass die Verwirklichung des Vorhabens daran scheitern muss, dass die dafür erforderliche Inanspruchnahme des Eigentums privater Dritter nicht durch Belange des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist (BVerwGE 126, 205, 209 f. = NVwZ 2006, 1173 Rn 19; BVerfG 2014, 211, 226 Rn 276 – Garzweiler II).
54Bereits erheblich früher hatte die Rspr. entschieden, dass das öffentliche Interesse i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 auch dann berührt ist, wenn Maßnahmen des Bergbaus das Grundstückseigentum in schwerer und unerträglicher Weise beschädigen (BVerwGE 81, 329 = ZfB 1989, 199 – Moers-Kapellen – = DVBl 1989, 663 mit Anm. von Beckmann = NWvZ 1989, 1157 m. Anm. von Schulte S. 1139; BVerwGE 89, 246, 248 ff. = ZfB 1992, 38 = NVwZ 1992, 980 – Gasspeicher-Urteil; BVerwG ZfB 2010, 134 – Bergwerk West; OVG NRW, ZfB 1990, 33, 37; OVG Saarland, ZfB 2008, 270, 278; VG Karlsruhe, ZfB 1990, 336, 338; VG Gelsenkirchen, ZfB 1995, 125; ZfB 1992, 284, 288; ZfB 1992, 294; ZfB 1992, 143, 148; VG Stade, ZfB 1992, 63; VG Saarland, ZfB 2003, 293, 300 m.w.N; ZfB 1995, 334; ZfB 1997, 55; VG Dresden, ZfB 2012, 73, 76;VG Düsseldorf, ZfB 2010, 191 – Sonderbetriebsplan Abbaueinwirkungen. S. auch § 52 Rn 51 ff.).
55Wenn schwerwiegende, über das normale Bild von Bergschäden hinausgehende Folgen, z. B. der Totalverlust von Gebäuden, Gebäude in Unstetigkeitszonen, Gesamtschieflage von mehr als 35 mm/m; Gebäude mit sensiblen Konstruktionen (ausf. Wiesner, ZfB 1992, 194 ff.; Lange ZfB 1992, 188 ff.; Kriterienkatalog des Arbeitskreises Rechtsfragen im LAB, ZfB 1995, 345) im Rahmen des Bergbaus unvermeidbar sind oder doch wenigstens in einem hohen Grade wahrscheinlich sind, kann die Bergbehörde den Schutz des Grundrechts der Oberflächeneigentümer aus § 14 Abs. 1 GG nicht unbeachtet lassen. Insoweit ist § 48 Absatz 2 Satz 1 nachbarschützend. Die Vorschrift ist verfassungsgemäß so auszulegen, dass in diesen Fällen der Grundrechtsschutz zugunsten des Eigentümers in geeigneter Weise und in dem erforderlichen Umfang sowohl formell als auch materiell gewährleistet wird, wenn nur dadurch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des durch Art. 14 GG geschützten Oberflächeneigentums vermieden werden kann. Die Bergbehörde muss im Einzelfall die Interessen des betroffenen Grundeigentümers mit den berechtigten Belangen des Bergbaus abwägen und den Betriebsplan erforderlichenfalls beschränken oder versagen (BVerwG, ZfB 2006, 156, 159).
55aEs ist nicht zweifelsfrei, ob auch kommunales Oberflächeneigentum in den Schutzbereich des § 48 Abs. 2 einbezogen ist, selbst wenn es sich um schwerwiegende Bergschäden i. S. des Moers-Kapellen-Urteils des BVerwG (NJW 1989, 1159) handelt. Denn dieses wird nicht durch Art. 14 GG geschützt. Insofern wird von der Rspr. die Anwendung des § 48 Abs. 2 und des überwiegenden Interesses in Bezug auf kommunales Oberflächeneigentum abgelehnt (OVG NRW, ZfB 2003, 282, 283; VG Saarlouis, ZfB 2003, 136, 137; VG Freiburg, ZfB 2017, 180, 185; a. A. Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 72; hierzu auch Kühne, NVwZ 2005, 59 und Hinw. des LAB – Arbeitskreis Rechtsfragen – in ZfB 1995, 345). Anderes kann allerdings angenommen werden, wenn die Bezugsnorm nicht das Eigentum ist, sondern das Bodenschutzrecht i. V. mit dem Eigentum (BVerwGE 123, 247, 260 f. = ZfB 2005, 156, 165) oder das Immissionsschutzrecht i. V. mit dem Eigentum (BVerwGE 74, 315, 327 = ZfB 1987, 61, 69; VG Freiburg, ZfB 2017, 180, 185) von der Kommune geltend gemacht wird.
56Die Bergbehörde ist durch § 48 Abs. 2 Satz 1 aber nicht veranlasst, die Auswirkungen des beabsichtigten Bergbaus, bezogen auf die einzelnen möglicherweise betroffenen Grundstücke bereits im Rahmenbetriebsplanverfahren zu ermitteln und zu prüfen, ob unverhältnismäßig schwere Beeinträchtigungen am Oberflächeneigentum drohen. Sie kann sowohl im obligatorischen als auch im fakultativen Rahmenbetriebsplan durch eine Nebenbestimmung die Prüfung der Schwere der bergbaubedingten Einwirkungen auf das Grundeigentum in einen Sonderbetriebsplan verweisen (BVerwG, UPR 2010, 391 = ZUR 2010, 433; BVerwGE 127, 272 = ZfB 2006, 318 f. = NVwZ 2007, 704; VG Saarland, ZfB 2003, 293, 303; ZfB 1995, 202 m. w. N.; OVG Saarland, ZfB 1993, 218; Gaentzsch, FS Sendler, S. 403). Mit Einwendungen im Sonderbetriebsplanverfahren sind dann Oberflächeneigentümer gem. § 57a Abs. 5 nicht ausgeschlossen, unabhängig davon, ob sie im Verfahren über die Zulassung des Rahmenbetriebsplans Einwendungen erhoben haben (BVerwG, ZUR 2010, 433 = UPR 2010, 391; anders OVG NRW, ZfB 2005, 312 zur Präklusion von Einwendungen gegen die Standsicherheit von Deichen).
57Umgekehrt gilt: § 48 Abs. 2 Satz 1 ermächtigt die Bergbehörde nur dann, die Zulassung eines Betriebsplans nach Abwägung der gegenteiligen Belange zu verweigern oder einzuschränken, wenn Schäden am Oberflächeneigentum drohen, die über kleine oder mittlere Bergschäden hinausgehen (VG Gelsenkirchen, ZfB 1990, 53; ZfB 1992, 292, 294; ZfB 1995, 127; ZfB 1995, 132; OVG Saarland, ZfB 1998, 171; OVG NRW, ZfB 1985, 215; OVG Lüneburg, ZfB 1987, 367; VG Düsseldorf, ZfB 1992, 267 im Anschluss an BVerwG, NJW 1989, 1159; VG Stade, ZFB 1991, 224; Kühne, JZ 1990, 139; Beckmann, DVBl 1989, 671). „§ 48 Abs. 2 vermittelt dem Eigentümer nur insoweit Drittschutz, als schwerwiegende Beeinträchtigungen des Oberflächeneigentums voraussichtlich unvermeidbar oder mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind“ (VG München, Urt. v. 14.9.2016 – Az. M 9 K 15.4109 = ZfB 2017, 199, 205). Aus § 48 Abs. 2 Satz 1 ergibt sich folglich keine zwingende Beteiligung jedes Oberflächeneigentümers in der Nähe bergbaulicher Vorhaben (VG Stade a. a. O.). Einzelheiten zur Beteiligung von Grundeigentümern s. § 52 Rn 51, 63 f.; § 54 Rn 108 ff.; § 56 Rn 32.
58Ein besonderes Beteiligungsrecht lässt sich auch nicht aus den durch Änderungsgesetz v. 12.2.1990 (BGBl, 215; BT-Drs 11/5601, 15 f. = ZfB 1990, 109) eingefügten § 48 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 (jetzt Abs. 2, Sätze 3–6) entnehmen (VG Stade ZfB 1991, 222 f.; VG Saarland, ZfB 2003, 293, 305; OVG Saarland, ZfB 2005, 207, 222). Diese Beteiligungsvorschriften setzen eine Eigentümerbetroffenheit durch schwere und unerträgliche Schäden voraus und schaffen kein Recht auf eingeständige Verfahrensbeteiligung oder Beteiligungspflicht durch die Bergbehörde.
59§ 48 Abs. 2 Satz 3 schafft kein neues Beurteilungsermessen der Bergbehörde. Er setzt eine aus den Grundsätzen der Rspr. des BVerwG (ZfB 1991, 140; ZfB 1989, 199 = NVwZ 1989, 1197) abzuleitende Beteiligungspflicht voraus. D. h. es müssen mind. erhebliche Schäden durch das im jeweiligen Betriebsplanverfahren beschriebene Vorhaben für die Oberflächeneigentümer zu erwarten sein (VG Stade, ZfB 1991, 213, 224).
60Öffentliches Interesse i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 kann auch das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in Form der Planungshoheit sein (VG Leipzig, ZfB 2017, 188, 194 betreffend Flächennutzungsplan, BVerwGE 127, 259, 264 = ZfB 2006, 306, 311; OVG Sachsen, Urt. v. 17.8.2018 – 1 A 320/17 = ZfB 2019, 146, 155 Rn 76 – Kiesabbau im Gemeindegebiet). Vorausgesetzt ist, dass durch das Bergbauvorhaben nachhaltig eine hinreichend bestimmte gemeindliche Planung gestört oder wegen dessen Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren eigenen Planung entzogen werden und der entsprechende Eingriff unverhältnismäßig ist (OVG NRW, ZfB 2006, 32, 54 m. w. N. – Deiche Walsum – VG Cottbus, ZfB 2003, 117). Jedoch kann der Schutz der gemeindlichen Planungshoheit gem. § 48 Abs. 2 Satz 1 nicht weiter reichen als der Schutz der gemeindlichen Planungshoheit allgemein und insb im Fachplanungsrecht (BVerwG, ZfB 1994, 215 = DVBl 1994, 1152; OVG Bautzen, ZfB 2005, 58 betreffend Aufsuchungsbetriebsplan; OVG Brandenburg, ZfB 1995, 203 betreffend Drittschutz gem. § 54 Abs. 2; VG Aachen, ZfB 2003, 103 betreffend Landschaftsplanungsrecht). Denkbare Bergschäden an einzelnen Gebäuden, auch wenn sie in Bebauungsplänen festgesetzt wurden, sind keine Beeinträchtigung des Planungsrechts der Gemeinde (Boldt/Weller (2016), § 48 Tn 60 m.H. auf BVerwGE 127, 259 Rn 31 = ZfB 2006, 311). Dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht kommt im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 1 insb aufgrund der besonderen Standortgebundenheit bergbaulicher Tätigkeiten und der volkswirtschaftlichen Bedeutung einer gesicherten Versorgung mit Rohstoffen kein absoluter Vorrang vor bergbaulichen Interessen zu (OVG Bautzen, ZfB 2019, 146).
61Im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 1 sind nicht die Belange zu prüfen und abzuarbeiten, die in anderen Verfahren geprüft werden, die mangels einer Konzentrationswirkung der Betriebsplanzulassung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlich sind (BVerwGE 126, 205, 209 = ZfB 2006, 156, 159; OVG NRW, ZfB 2008, 101, 124). Dazu gehört z. B. das wasserrechtliche Verfahren.
62Erfolgte eine Prüfung öffentlicher Interessen bereits gem. § 11 bei der Erteilung der Bergbauberechtigung, kann eine Ablehnung der Betriebsplanzulassung nicht mehr auf diese geprüften Belange des § 11 gestützt werden (Frenz, Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung, S. 76). Etwa entgegenstehende öffentliche Interessen sollen möglichst früh bereits auf der Ebene der Bergbauberechtigung geprüft werden.
63Keine öffentlichen Interessen i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 sind außerbergrechtliche, insb umweltschutzrechtliche Belange, die nicht ihre Verfestigung in öffentlichen Verboten oder Beschränkungen gefunden haben. Die öffentlichen Interessen müssen aus rechtsstaatlichen Gründen rechtlich geregelt sein (BVerwG, ZfB 1991, 140, 143; BVerwG, DVBl 1996, 258 = ZfB 1995, 287; VG Weimar, ZfB 1996, 328; VG Lüneburg, ZfB 2005, 246, 256; Knöchel, FS Kühne, S. 602 „Parlamentsgesetz“; Bohne, ZfB 1989, 112; a. A. Frenz, Bergrecht und Nachhaltige Entwicklung, S. 75 f.; Kühne, in: Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 52 ff., der sich für eine nach kasuistischen Fallgruppen geordnete weitere Auslegung ausspricht). Dies folgt aus der prinzipiellen Funktion des § 48 Abs. 2 Satz 1 als Beschränkungs- und Versagungsnorm. Sie begrenzt die Ausübung der mit verfassungsmäßigem Eigentumsschutz ausgestatteten Bergbauberechtigung und ist deshalb an das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot von Eingriffsnormen gebunden. Eine klare Konturierung des öffentlichen Interesses auf solche Belange, die durch rechtliche Ver- oder Gebote fundamentiert sind, ist ferner wegen des Charakters der Zulassung als gebundener Verwaltungsakt erforderlich. Die Gründe zur Versagung der bergrechtlichen Zulassung müssen für den Unternehmer vorhersehbar und für das Gericht eindeutig nachvollziehbar sein. Politische Ansichten, Parteiprogramme, Koalitionsvereinbarungen, das „Klimaschutzpaket“ der Bundesregierung v. 5.12.2007, internationale Vereinbarungen zum Klimaschutz, z. B. Kyoto-Protokoll v. Dezember 1997, Entscheidung des Rates der EU v. 25.4.2002 (ABl EG L 130, S. 1, 19; hierzu OVG NRW, ZfB 2008, 114; krit. Verheyen, ZUR 2010, 403 ff.) sind keine öffentlichen Interessen i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1; ebenso nicht die Entziehung der landwirtschaftlichen Bodennutzung (OVG Magdeburg, ZfB 2007, 140; VG Halle, ZfB 2009, 227 zu § 15 LwG LSA) oder Umweltgüter ohne normative Anknüpfung (VGH Kassel, ZfB 2014, 137, 141 Rn 18).
8.Belange zugunsten des Abbauvorhabens
64In die Abwägung der Bergbehörde, ob überwiegende öffentliche Interessen der Zulassung des Betriebsplans entgegenstehen, sind die zugunsten des Abbauvorhabens sprechenden Belange einzubeziehen. Dazu gehört die grundrechtlich geschützte Position des Bergbaueigentümers (VG Saarland, ZfB 1994, 31), den Bodenschatz abbauen zu dürfen (Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 46). Zu den öffentlichen Interessen, die auf Seiten des Bergbauunternehmers in die im Hinblick auf die Zulassung eines Tagebaugroßvorhabens verfassungsrechtlich gebotene Gesamtabwägung (BVerfG NVwZ 2014, 211, 219 Rn 215) eingebracht werden können, gehören das Interesse „an der Gewinnung gerade des bestimmten Bodenschatzes zur Versorgung des Marktes mit Rohstoffen und damit im Ergebnis gleichlaufend das durch eine Bergbauberechtigung gesicherte Interesse des Bergbautreibenden an dessen Gewinnung und Verwertung (s. BVerfGE 77, 130, 136 = NJW 1988, 1076)“ (BVerfG NVwZ 2014, 211, 219 Rn 217).Ebenso ist zu berücksichtigen, dass durch Beschränkung oder Untersagung der Gewinnung bzw. der Betriebsplanzulassung Arbeitsplätze aufgegeben werden müssen (OVG NRW, ZfB 1990, 33; ZfB 1990, 39; ZfB 2008, 115 f.; OVG Saarland, ZfB 2006, 287, 302; VG Saarland, ZfB 1994, 31; OVG Brandenburg, ZfB 2000, 297, 315; ZfB 2005, 21). Ins Gewicht fällt auch, dass durch § 1 Nr. 1 und § 48 Abs. 1 Satz 2 („Rohstoffsicherungsklausel“) der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen schon von Gesetzes wegen besondere Bedeutung zuerkannt wird.
65Die Sicherstellung der Energieversorgung eines Staates ist eine öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung. Die Energieversorgung ist als Bestandteil der Daseinsvorsorge eine Leistung, derer der Einzelne zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf (BVerwGE 117, 140; OVG NRW, ZfB 2008, 101, 110; OVG Berlin-Brandenburg, ZfB 2007, 259, 270; OVG Brandenburg, ZfB 2000, 297, 305 f. = LKV 2001, 174 m. w. N.; SächsVerfGH, ZfB 2000, 267 = SächsVBl 2000, 239, 245; SächsVerfGH, ZfB 2006, 143; VG Saarland, ZfB 1994, 31). Die Zielsetzung des § 1 Nr. 1 und des § 48 Abs. 1 Satz 2 bezieht sich darauf, die deutsche Rohstoffversorgung zu sichern. Es kommt daher für die Beurteilung der energiepolitischen Erforderlichkeit nicht darauf an, ob ohne das Vorhaben in der gesamten Bundesrepublik Deutschland oder einem erheblichen Teilgebiet sozusagen „die Lichter ausgehen“ (VerfGH Brandenburg, EuGRZ 1998, 698, 704; VerfGH NRW, ZfB 1997, 300; OVG NRW, ZfB 2008, 111; OVG Brandenburg, ZfB 2007, 259, 270). Einzelheiten zur Rohstoffsicherungsklausel s. § 48 Rn 12 ff.
66§ 57a Abs. 5 letzter Halbs. schließt für unanfechtbare Zulassungen obligatorischer Rahmenbetriebspläne aufsichtliche Maßnahmen zur Beschränkung oder Untersagung der Aufsuchung oder Gewinnung aus entgegenstehenden bergrechtsexternen überwiegenden öffentlichen Interessen i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 aus. Allerdings bleibt die Bergbehörde zu Entscheidungen nach § 48 Abs. 2 befugt, soweit es um den Schutz von Rechten Dritter geht, die zugleich öffentliche Interessen darstellen (z. B. Lärmschutz gem. § 22 BImSchG, besonders schwere Bergschäden: Gaentzsch, FS Sendler, 403, 416). S. auch § 57a Rn 44, 52 ff.
9.Verfahrensvorschriften des § 48 Absatz 2
67Die Verfahrensvorschriften des § 48 Absatz 2 Satz 3 bis 6 sind Auswirkungen der Rspr. zum Drittschutz bei Bergschäden von erheblichem Gewicht und kommen nur in diesem Rahmen zu Anwendung.
68§ 48 Abs. 2 Satz 3 gibt der Bergbehörde ein Verfahrensermessen. Für die Anwendung der Vorschrift reicht es aus, wenn eine der beiden Voraussetzungen – mehr als 300 von schweren Bergschäden Betroffene oder Kreis der Betroffenen nicht abschließend bekannt – vorliegt. Liegen beide Voraussetzungen nicht vor, erfolgt anstelle der öffentlichen eine individuelle Bekanntmachung des Vorhabens an die Betroffenen. Ihnen ist gem. § 28 VwVfG Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
69§ 48 Abs. 2 Satz 4 bestimmt die Einzelheiten der Auslegung. Sie richten sich nach den dort enumerativ aufgeführten Regelungen des § 73 VwVfG. Die Zuständigkeit für die Durchführung des Auslegungsverfahrens liegt bei der Bergbehörde anstelle der nach § 73 VwVfG zuständigen Gemeinde.
70Durch die Bezugname auf § 73 VwVfG ergibt sich folgender Ablauf des Betriebsplanverfahrens, soweit öffentliche Interessen zugleich den Schutz von Grundeigentümerbelangen umfassen: Die Betriebsplanunterlagen sind einen Monat zur Einsicht bei der Bergbehörde auszulegen. Vor der Auslegung ist dies vorher ortsüblich bekannt zu machen und darauf hinzuweisen, dass verspätet erhobene Einwendungen ausgeschlossen sind (§ 48 Abs. 2 Satz 6; BBerg i. V. mit 73 Abs. 5 VwVfG). Nach Wegfall der früheren Wochenfrist in § 73 Abs. 5 VwVfG kann die Bekanntmachung „vorher“, d. h. einen einzigen Tag vor der Planauslegung, erfolgen (BVerwG NVwZ 1996, 1011; Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 99; a. A. Kopp/Ramsauer, VwVfG 16. Aufl., § 73 Rn 108). Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist können Einwendungen von den Eigentümern erhoben werden, deren Grundstücke durch die betriebsplanmäßige Maßnahme voraussichtlich schwer und unerträglich beeinträchtigt werden.
71Dieselben Regeln sind analog anzuwenden, wenn statt der Planauslegung eine Einzelbeteiligung der Betroffenen durchgeführt wird (Boldt/Weller (2016), § 48 Rn 96). Wenn das in § 48 Abs. 2 Satz 3 vorgeschriebene Auslegungsverfahren nicht durchgeführt wurde, kann das nicht zur Aufhebung des Zulassungsbescheids führen. Dies hat, wie aus § 48 Abs. 2 Satz 5 deutlich wird, lediglich zur Folge, dass die Präklusionswirkung entfällt (VG Gelsenkirchen ZfB 1992, 216, 220).
§ 49Beschränkung der Aufsuchung auf dem Festlandsockel und innerhalb der Küstengewässer
Im Bereich des Festlandsockels und der Küstengewässer ist die Aufsuchung insoweit unzulässig, als sie
1. den Betrieb oder die Wirkung von Schiffahrtsanlagen oder -zeichen,
2. das Legen, die Unterhaltung oder den Betrieb von Unterwasserkabeln oder Rohrleitungen sowie ozeanographische oder sonstige wissenschaftliche Forschungen mehr als nach den Umständen unvermeidbar,