Читать книгу Bundesberggesetz - Reinhart Piens - Страница 160
II.Besonderheiten des Betriebsplanverfahrens
Оглавление4Lässt man die durch § 52 Abs. 2a, 57a bis c eingeführte Planfeststellung für bestimmte bergrechtliche Rahmenbetriebspläne zunächst einmal außer Betracht, sind die Besonderheiten des Betriebsplanverfahrens folgende:
Es werden nur die in § 55 genannten öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkte geprüft: Gefahrenschutz nach den allgemein anerkannten Regeln der Arbeitssicherheit, Einhaltung der geltenden Arbeitsvorschriften, Schutz der Oberfläche, Wiedernutzbarmachung der Oberfläche, Vorsorge dafür, dass die verantwortlichen Personen die erforderliche Eignung haben. Die Auseinandersetzung mit allen anderen öffentlichen Belangen wird entweder dem privat-rechtlichen Mechanismus oder anderen öffentlich-rechtlichen Verfahren (H. Schulte, NJW 1981, 88, 94) überlassen. Die Gründe des § 55 lassen sich zum Teil als vom Gesetz konkretisiertes öffentliches Interesse kennzeichnen, der unbestimmte Begriff des öffentlichen Interesses ist dadurch eingeschränkt und justiziabel gemacht (Westermann, Freiheit des Unternehmers). Zusätzlich sind im Zulassungsverfahren öffentliche Interessen und anderweitige öffentliche Vorgaben, sofern sie nicht Gegenstand eines weiteren selbstständigen Genehmigungsverfahrens sind, zu prüfen. Dies folgt aus § 48 Abs. 2, der die Befugnisse der Bergbehörde im Betriebsplanzulassungsverfahren in soweit erweitert (BVerwG, NVwZ 1989, 1162 und 1157; NVwZ 1991, 992 = ZfB 1989, 199; VGH Kassel, ZfB 2001, 47; OVG Koblenz, DVBl 2011, 47 f.; Einzelheiten hierzu § 48). Dies betrifft vor allem das Bauplanungsrecht, soweit eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist (BVerwG 1989, 672 = ZfB 1989, 210; OVG NRW, ZfB 1995, 317), und das Imissionsschutzrecht bei nichtgenehmigungsbedürftigen Anlagen (BVerwG, NJW 1987, 1714 f. = DVBl 1986, 1275; VG Weimar ZfB 1996, 328).
5Sofern die in §§ 55 und 48 Abs. 2 bezeichneten Erfordernisse und Belange sichergestellt sind, besteht ein Anspruch auf Betriebsplanzulassung (Westermann a. a. O., S. 71; Weller, Glückauf 1981, 253; Kühne, ZfB 1980, 58). Die Betriebsplanzulassung ist eine gebundene Kontrollerlaubnis (BVerfG, NVwZ 2014, 211, 232 Rn 322), die ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt aufhebt (BVerwG, 74, 315 = DVBl 1986, 1273 = ZfB 1987, 60 f.; BVerwG, 81, 332 = DVBl 1989, 663 = ZfB 1989, 199; BVerwG, DVBl 1989, 672 = ZfB 1989, 210; BVerwG, ZfB 1991, 143; OVG Berlin, ZfB 1990, 209; VG Stade, ZfB 1991, 223 und ZfB 1992, 62; VG Koblenz, ZfB 1984, 474; VG Potsdam, ZfB 1997, 54; VG Lüneburg, ZfB 1994, 171; VGH Kassel, ZfB 2001, 47; Boldt/Weller (2016), Vorbem. §§ 50–57c Rn 12; Ludwig, ZUR 2012, 150, 152; Kühne, DVBl 2006, 662, 663; Kühne, UPR 1989, 327; Niermann, S. 54 ff.; Schmidt-Aßmann/Schoch, S. 157).
6Nichts anderes gilt aufgrund des § 48 Abs. 2. Er erweitert zwar die Befugnisse der Bergbehörde auf Anwendung außerbergrechtlicher Vorschriften, aber nur in soweit, als sie Verbote oder Beschränkungen für das Vorhaben aussprechen (BVerwG, ZfB 1991, 143; VGH Kassel, ZfB 2001, 46; Schmidt-Aßmann/Schoch, S. 160, a. A. Kühling, Fachplanungsrecht Rn 66 und 377).
7Das Gleiche gilt für die Zulassung des obligatorischen Rahmenbetriebsplans gem. § 52 Abs. 2a BVerwG, ZfB 2006, 311 und 318.
8Ein Erlaubnisverfahren mit Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis ist verfassungsrechtlich geboten, wenn das Verfahren die Ausübung grundrechtlich gesicherter Rechtspositionen (z. B. Bergwerkseigentum) zum Gegenstand hat (Boldt/Weller (2016), § 51 Rn 2). Die präventive Prüfung mit der Möglichkeit des Verbots dient der Feststellung, ob eine rechtmäßige Grundrechtsausübung beabsichtigt ist (BVerfGE 58, 300 = NJW 1982, 752).
9Die Zulassung des Betriebsplans hat eine Doppelnatur: Sie ist einerseits rechtsgestaltender Verwaltungsakt, soweit darin das Verbot aufgehoben wird, mit der Verwirklichung des beabsichtigten Vorhabens zu beginnen. Sie ist andererseits ein feststellender Verwaltungsakt, der die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält, dass die besonderen gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassungen des Betriebsplans erfüllt sind und keine anderen öffentlichen Interessen, soweit sie nach § 48 Abs. 2 zu prüfen sind, entgegen stehen (OVG Berlin, ZfB 1990, 209; VG Lüneburg, ZfB 1994, 171; Niermann, S. 55; Schmidt-Aßmann/Schoch, S. 166; so schon Piens/Schulte/Graf Vitzthum, 1. Aufl. § 56 Rn 10 ff.).
10Ein wesentliches Element der Betriebsplanzulassung ist, dass sie nur einen bestimmten Zeitabschnitt in den Blick nimmt. Wegen der Ungewissheit, die naturgegeben mit der Gewinnung von Bodenschätzen verbunden ist, haben Zulassungen nur eine Geltungsdauer, in der die Zulassungsvoraussetzungen überschaubar prognostiziert werden können.
11Die §§ 51 Abs. 1 und 52 Abs. 1 unterwerfen das „Errichten“ und „Führen“ des Betriebs der Betriebsplanpflicht. Dabei geht das Gesetz davon aus, dass es sich nicht um zwei Phasen, etwa die Errichtungs- oder Bauphase und die Betriebs- oder Nutzungsphase handelt. Errichten und Führen eines Bergbaubetriebs gehen vielmehr ineinander über und laufen parallel nebeneinander (Gaentzsch, in: Wandel und Beharren, S. 21). Das „Errichten“, etwa das Abteufen eines Schachtes, das Auffahren von Strecken, ist gleichermaßen Gewinnungshandlung wie das „Führen“ des Betriebes. Insofern genehmigt die Betriebsplanzulassung einen zusammenhängenden zwangsläufigen Prozess für einen bestimmten Zeitraum, sie ist eine Prozessgenehmigung.
12Das unterscheidet sie von anderen außerbergrechtlichen Genehmigungen, bei denen schon bei der Errichtung der zu genehmigenden Anlage beachtet werden muss, dass sie auch betrieben werden. Bei der Errichtungsgenehmigung muss deshalb schon über die Rechtmäßigkeit des späteren Betriebes bzw. der späteren Nutzung entschieden werden (Gaentzsch, a. a. O., S. 21).
13Das Betriebsplanverfahren ist ein Antragsverfahren i. S. von § 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG. Liegt ein Antrag vor, kann die Behörde nicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob und wann sie das Betriebsplanverfahren durchführt. Für das Verfahren gelten der Untersuchungsgrundsatz, die Betreuungspflicht durch die Behörde und die Mitwirkungslast der Betroffenen gem. §§ 24–26 VwVfG.
14Das Betriebsplanverfahren ist kein förmliches Verfahren i. S. von §§ 63 ff. VwVfG. Das BBergG hat für Betriebsplanverfahren weder eine Verpflichtung zur Anhörung vor der Entscheidung noch eine mündliche Verhandlung angeordnet. Dasselbe galt schon für die Betriebsplanverfahren nach früherem ABG (VG Gelsenkirchen = Glückauf 1981, 1511).
15Das Betriebsplanverfahren ist kein Planfeststellungsverfahren i. S. von §§ 72 ff. VwVfG. Der Bergbaubetrieb ist auf kurzfristige behördliche Entscheidungen angewiesen. Sowohl die Produktion als auch die Grubensicherheit erfordern ein flexibles Verfahren. Das starre System des Planfeststellungsverfahren wäre auch bei Kleinbetrieben zu langwierig und risikoreich, sodass der Gesetzgeber sich bewusst gegen die Ausgestaltung des Betriebsplanverfahrens als Planfeststellungsverfahren entschieden hat (Protokoll der 13. Sitzung der Arbeitsgruppe BBergG des BT-Ausschusses Wirtschaft, S. 106).
16Die Betriebsplanzulassung ist keine Planungsentscheidung (BVerwG, ZfB 1991, 143 = NVwZ 1991, 992; BVerwG, NVwZ 2005, 955 und ZfB 2006, 311 = NVwZ 2007, 705; OVG NRW, NUR 2006, 804 = ZfB 2005, 310 und OVG NRW, NUR 2006, 321 = ZfB 2006, 49; OVG Koblenz, DVBl 2011, 48; s. § 56 Rn 13; Schmidt-Aßmann/Schoch, S. 158 m.w.N.). Sie bedarf – auch im Falle des § 52 Abs. 2a – keiner Planrechtfertigung (OVG Lüneburg, NUR 2005, 604). Der allgemeine Grundsatz der Problembewältigung gilt im Betriebsplanverfahren nicht. Auch § 48 Abs. 2 ermächtigt die Bergbehörde nicht zu einer planerischen oder fachplanerischen Entscheidung, bei der die bergbaulichen Interessen des Unternehmers, die gem. § 55 einschlägigen öffentlichen Interessen und aller sonstigen einschlägigen Interessen im Sinne einer planerischen Abwägung zu berücksichtigen wären (BVerwG, a. a. O.). Zwar „kann“ die Bergbehörde nach § 48 Abs. 2 die Gewinnung beschränken oder untersagen, soweit ihr überwiegend öffentliche Interessen entgegenstehen. Die Vorschrift öffnet jedoch nicht ein behördliches Ermessen, sondern enthält lediglich eine Befugnisnorm (VG Lüneburg, ZfB 1994, 171; VGH Kassel, ZfB 2001, 47; OVG NRW, NUR 2006, 323 = ZfB 2006, 52; Gaentzsch, NVwZ 1998, 892, s. auch § 48 Rn 27). Eine Betriebsplanzulassung wird daher nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die Behörde bei ihrer Entscheidung Eigentümer nicht angehört hat, die ein Recht zur Verfüllung einer Kies- und Sandabbaugrube beanspruchen und deren Belange unermittelt und unberücksichtigt geblieben sind (VG Potsdam, ZfB 1997, 54). Ebenso wenig wird eine Betriebsplanzulassung dadurch rechtswidrig, weil die Bergbehörde Abbaualternativen nicht untersucht hat (OVG NRW, ZfB 2005, 171) oder weil – unbeschadet einer möglichen Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG – ein Verfahrensfehler vorliegt (OVG NRW, UPR 2006, 161 (LS) = ZfB 2006, 49; OVG Bautzen, ZfB 1998, 202, ZfB 1997, 325).
17Das Betriebsplanverfahren hat demzufolge keine Konzentrationswirkung wie etwa das Planfeststellungsverfahren oder die Genehmigung nach § 13 BImSchG (schon BT-Drs 8/1315, S. 109; Schulte, NJW 1981, 88, 94; BVerwG, ZfB 2017, 33, 36 Rn 28 = UPR 2017, 187, 189 – Biogasanlage; BVerwGE 74, 315, 317 = BVerwG, ZfB 1987, 63; VG Saarland, ZfB 1987, 384; VGH Kassel, ZfB 2001, 46; Zeiler, ZfB 1983, 409; Boldt/Weller (2016), § 52 Rn 13, 25; Müller/Schulz, Hdb Bodenschätzerecht, Rn 405; Gaentzsch, NVwZ 1998, 892). Es ersetzt andere behördliche Entscheidungen nicht. Umgekehrt sind Betriebspläne auch für solche Maßnahmen einzureichen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften genehmigungspflichtig durch andere Behörden sind. Das gilt nicht in weitgehendem Maße für die obligatorische Planfeststellung. Allerdings enthält § 57b Abs. 3 Satz 3 eine Ausnahmevorschrift zu § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Sind für Folgemaßnahmen nach anderen Vorschriften Planfeststellungsverfahren vorgesehen, ist insoweit das Verfahren nach den anderen Vorschriften durchzuführen. Die Frage der Konzentration des Rahmenbetriebsplans stellt sich insoweit nicht. So sind die erforderlichen Maßnahmen des Hochwasserschutzes durch Deichbau nach § 67 Abs. 2 Satz 2 WHG gesondert durch wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren der zuständigen Wasserbehörde durchzuführen (BVerwG, ZfB 2006, 313 = ZfB 2008, 23; OVG NRW, NUR 2006, 325) dabei kommt es allein auf die Planfeststellungsfähigkeit an, nicht darauf, ob ein Planfeststellungs- oder Genehmigungsverfahren durchgeführt wird (OVG NRW, a. a. O.) oder ob es sich um notwendige oder nicht notwendige Folgemaßnahmen handelt (BVerwG, a. a. O.).
18Außerdem ist bedauerlicherweise das von den Bergbauunternehmern lebhaft gewünschte und im Interesse der auf kurzfristige Entscheidungen angewiesenen Betriebe notwendige Entscheidungsrecht der Bergbehörde nach drei Monaten (früher § 68 Abs. 3 ABG NRW) nicht übernommen worden, sodass auch aus diesem Grunde eine längere Verfahrensdauer zu befürchten ist.
19Besonderheiten gegenüber den einfachen („fakultativen“) Betriebsplanarten weist der obligatorische Rahmenbetriebsplan auf. Seine Zulassung ist bei UVP-pflichtigen Abbauvorhaben als Planfeststellungsbeschluss konzipiert. Dies mit der bergrechtlichen Besonderheit, dass die Genehmigungswirkung und die Gestaltungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses gem. § 75 VwVfG durch §§ 52 Abs. 2a, 57a und durch § 57a Abs. 4 Satz 2 BBergG eingeschränkt sind. Der Planfeststellungsbeschluss hat aber im Gegensatz zu den „einfachen“ Betriebsplanarten eine – allerdings begrenzte – Konzentrationswirkung (vgl. § 51 Rn 17; § 52 Abs. 2a Rn 131 f.). Im Übrigen gelten keine Besonderheiten im Vergleich zu den anderen Betriebsplanarten. Insb ist die Zulassung, auch soweit über sie gem. § 52 Abs. 2a durch Planfeststellung zu entscheiden ist, eine gebundene Entscheidung ohne planerischen Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (BVerwG, ZfB 2006, 311 und ZfB 2006, 318). Das allgemeine und drittschützende fachplanerische Abwägungsgebot gilt für die bergrechtliche Planfeststellung nicht (s. § 51 Rn 7; § 52 Abs. 2a Rn 136). Die rechtliche Zulassungsform eines Betriebsplans als Rahmen-, Haupt- oder Sonderbetriebsplan ist kein maßgebliches Kriterium für die Anwendbarkeit der UVP-V Regeln und damit der UVP-Pflicht. Die Verpflichtung zur Durchführung der UVP bestimmt sich allein nach den sachlichen Voraussetzungen des § 1 Nr. 1–9 UVP-V Bergbau (OVG Lüneburg, NUR 2009, 58 = NdsVBl 2009, 111). Allerdings ist der Zweck eines Rahmenbetriebsplanes, vor allem des obligatorischen Rahmenbetriebsplanes, die Einflüsse des Bergbauvorhabens auf die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 UVPG zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten und danach festzustellen, dass das Gesamtvorhaben zulassungsfähig ist und ihm keine überwiegenden öffentlichen Interessen i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 1 entgegenstehen (BVerwGE 126, 205 Rn 23 = ZfB 2006, 156, 160; BVerwG, ZfB 2008, 249 Rn 16 auch OVG Koblenz, ZfB 2007, 283). Da diese Feststellung der Bestandskraft fähig ist, kann sie bei der Zulassung der Haupt- und Sonderbetriebspläne – vorbehaltlich einer zwischenzeitlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – nicht erneut in Frage gestellt werden (Boldt/Weller (2016), § 52 Rn 44; BVerwG, a. a. O.). Die UVP-Vorprüfung und UVP-Prüfung wird bei Erfordernis eines obligatorischen Rahmenbetriebsplanes daher im Regelfall nicht nochmals in nachfolgenden Betriebsplänen durchgeführt. Aus der Bindungswirkung des Rahmenbetriebsplanes folgt außerdem, dass die Behörde die Zulassung eines Haupt- oder Sonderbetriebsplanes nicht aus einem Grund versagen darf, der schon zur Versagung der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes hätte führen müssen (Boldt/Weller (2016), § 52 Rn 45; Neumann, in: Kühne/Ehricke, Entwicklungslinien des Bergrechts, S. 33, 37). Siehe auch § 52 Rn 126 und 133.