Читать книгу Bundesberggesetz - Reinhart Piens - Страница 71
IV.Normative Begriffsbestimmungen 1.Unternehmer
Оглавление42Der Begriff des Unternehmers spielt im BBergG eine nicht unerhebliche Rolle, weil er Anknüpfungspunkt für alle Rechte und Pflichten ist, die sich aus den Besonderheiten bergbaulicher Tätigkeiten ergeben. Denn Unternehmer im Sinne des Abs. 5 sind nur solche natürlichen oder juristischen Personen oder Personenhandelsgesellschaften, die eine oder mehrere in § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 bezeichneten bergbaulichen Tätigkeiten auf eigene Rechnung ausüben oder ausüben lassen. Damit bezweckte der Gesetzgeber, bei verbundenen Unternehmen im Sinne des Aktienrechts – wie bei der seinerzeit weitgehend bergbaubestimmten Ruhrkohle AG (RAG) – sicherzustellen, dass die herrschende oder leitende, also die den Betrieb maßgeblich beeinflussende Gesellschaft, und nicht etwa eine bloße Betriebsführungsgesellschaft Unternehmer ist. Ferner soll die im Bergbau häufig anzutreffende Tätigkeit von sog. Bergbauspezialgesellschaften, wie etwa beim Abteufen von Schächten, im Interesse einer klaren Zuordnung der Verantwortlichkeit zwischen Auftraggeber und -nehmer sichergestellt werden (Zydek, 87).
43Das ist im Interesse einer wirtschaftlich-technisch effektiven, nach innen und außen geordneten und sicherheitlich einwandfreien Betriebsführung dringend geboten. Denn der Unternehmer ist die zentrale Person im Betriebsplanverfahren (§§ 50 ff.), bei den verantwortlichen Personen (§§ 58 ff.), im Grundabtretungsverfahren (§§ 77 ff.) und im Bergschadensrecht (§§ 114). Allerdings muss wegen der gravierenden Veränderungen im Bergbau, auch im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung, die Frage gestellt werden, ob dieser Unternehmerbegriff eine abschließende rechtliche Festlegung sein kann oder eher eine Leitlinie darstellt. Letzteres muss wohl verneint werden, weil nach Aussage der AmtlBegr. Ziel des Unternehmerbegriffs eine klare Zuordnung der Verantwortung für betriebliche und unternehmerische Vorhaben und ihre Abläufe sein muss (Zydek, 87). Ob das allerdings tatsächlich erreicht ist, unterliegt einigen Zweifeln. Denn zunächst ist nicht eindeutig:
44– Gilt die finanzielle Verantwortung „auf eigene Rechnung“ nur für das Selbstdurchführen oder auch für das Durchführenlassen?
Zweck des Zusatzes war, die finanzielle und wirtschaftliche Trägerschaft als wesentliches Indiz für die Unternehmereigenschaft herauszustellen (Pfadt, Betriebsplan, 142), die finanzielle Verantwortung sollte Voraussetzung für die bergrechtliche sein. Daraus kann immerhin geschlossen werden, dass weder das Durchführen noch das Durchführenlassen auf fremde Rechnung den Unternehmerbegriff trägt. Das entspricht auch dem ehem. Recht des ABG in NRW. Schon dort wurde als Unternehmer derjenige verstanden, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wurde und der in der Lage war, die wirtschaftlichen, planerischen und organisatorischen Voraussetzungen für Sicherheit und Ordnung des Bergwerksabtriebes zu schaffen (Weller, ZfB 106 (1965), 437, 441; Zydek, 276). Diese Umschreibung kann das Durchführen und Durchführenlassen umfassen.
45– Reicht das Durchführen jeder der in § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 genannten Tätigkeiten für die Unternehmereigenschaft aus, nachdem es früher darauf ankam, dass der Unternehmer den Betrieb führte?
Auch hier wird man im Rückgriff auf das bis zum Inkrafttreten des BBergG geltende Recht feststellen, dass eine tätigkeitsbezogene atomisierte Einzelverantwortung keinesfalls dem Zweck des Gesetzes entsprechen kann. Der Unternehmerbegriff des § 4 Abs. 5 fordert vielmehr eine betriebs- und unternehmensbezogene Gesamtverantwortung mit Delegationsbefugnis. Nur durch eine derartige Auslegung wird auch eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Doppelverantwortung zwischen einem auftraggebenden, betriebsführenden Bergbauunternehmen und einer beauftragten Unternehmerfirma/Bergbauspezialgesellschaft vermieden.
46Zuordnungs- und Abgrenzungsfragen stellen sich auch bei Konzerngesellschaften und sog. Unternehmerfirmen:
– Konzerntöchter oder verbundene Unternehmen, die Bergbau im eigenen Namen und für eigene Rechnung führen, aber über entsprechende Unternehmensverträge rechtlich und finanziell abgesichert sind, gelten als Unternehmer im Sinne der ersten Alternative.
– Bestehen hingegen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft Betriebs- und Geschäftsführungsverträge, nach denen die Tochter im Namen und für Rechnung der Mutter Betriebe und Geschäfte führt, so bleibt gleichwohl die Mutter Unternehmer, der Tätigkeiten auf eigene Rechnung durchführt und nicht etwa durchführen lässt. Denn die Tochter verpflichtet die Mutter unmittelbar aufgrund des Vertretungsverhältnisses; nicht sie führt durch, sondern die Mutter.
– Werden Töchter zwar im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, aber aufgrund eines Betriebs- und Geschäftsführungsvertrags tätig, dann sind sie Unternehmer, weil die Mutter zwar durchführen lässt, aber nicht auf eigene Rechnung. Denn die Tochter begründet zunächst selbst Rechte und Pflichten in finanzieller Hinsicht für sich. Erst aufgrund des Unternehmensvertrags oder aktienrechtlicher Vorschriften wird das Ergebnis abgeführt oder ausgeglichen.
47– Keine Unternehmer sind Bergbauspezialgesellschaften. Ihre Rechtsstellung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie meist aufgrund von Werkverträgen in einem Bergbaubetrieb tätig sind und Erfolg oder Misserfolg solcher Verträge in erster Linie sie trifft, sie also auf eigene Rechnung tätig werden. Für das Durchführen der in § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 genannten Tätigkeiten haben sie allerdings keine ausreichende Gesamtverantwortung. Denn diese setzt Überschaubarbeit, Einflussmöglichkeit, Kontrollbefugnisse und Durchgriffsrechte voraus, die Spezialgesellschaften oder Unternehmerfirmen im Gesamtbetrieb oder -unternehmen nicht besitzen.
47aDurch Art. 1 Ziff. 2 des Gesetzes zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen v. 4.8.2016 (BGBl, 1962) ist § 4 Abs. 5 dadurch geändert worden, dass die frühere Formulierung „in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2“ durch die Worte „§ 2 Abs. 1 Nummer 1 und 2 sowie Absatz 2 und 3“ in der neuen Fassung ersetzt ist. Dadurch wird die Definition des „Unternehmers“ in § 4 auf weitere, nach § 2 Abs. 1 bis 3 zum Geltungsbereich des Gesetzes zählende Tätigkeiten ausgeweitet, d. h. nunmehr auch auf Personen, die einen Unergrundspeicher errichten oder betreiben (BR-Drs 142/15 v. 1.4.2015, S. 8). Auf Vorschlag des Bundesrates (BT-Drs 18/4952, S. 1) wurde die Unternehmerdefinition in § 4 allerdings nicht auf Anlagen i. S. von § 2 Abs. 1 Ziff. 3 erstreckt, d. h. auf Betriebsanlagen und -einrichtungen, die überwiegend einer der in § 2 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 genannten Tätigkeiten dienen.