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II.Rechtsnatur der Bergbauberechtigungen
Оглавление1.Privat- und öffentlich-rechtliche Aspekte der Berechtigungen
5Die mit dem Konzessionssystem eingeführten Bergbauberechtigungen Erlaubnis, Bewilligung und Bergwerkseigentum sind rechtstechnisch und nach der allgemeinen verwaltungsrechtlichen Terminologie mitwirkungsbedürftige Verwaltungsakte (Wolff/Bachof, I, § 46 Rn 31 ff.; Karpen, AöR, 1981, 18). Die auf ihnen beruhenden Rechte lassen sich verwaltungsrechtlich für das Aufsuchungsrecht als schlichte und für die Gewinnungsrechte Bewilligung und Bergwerkseigentum als gesteigerte Sondernutzung kennzeichnen (Karpen, AöR, 1981, 18). Ihr Inhalt hingegen ist maßgeblich zivilrechtlich ausgestaltet (z. B. Recht der Aneignung, der Mitgewinnung), der öffentlich-rechtliche „Mantel“ betrifft vorrangig den Verleihungs- und Erteilungsakt der Rechte und die staatlichen Überwachungsfunktionen. Die öffentlich-rechtliche Entstehungsweise der Bergbauberechtigungen (§§ 11, 12, 13) hat deshalb keinen entscheidenden Einfluss auf die Qualifizierung dieser Rechte als private oder öffentliche und auf die Stellung des Berechtigten zum Grundeigentum. Die öffentlich-rechtlichen Komponenten der Bergbauberechtigungen bedeuten daher eine Schwäche der Rechte allenfalls gegenüber öffentlichen Eingriffen wie etwa durch die §§ 16, 18, 19, nicht aber gegenüber anderen privaten Rechten (Schulte, ZfB 119 (1978), 414, 418; so im Ergebnis auch Nicolaysen, Bewilligung, 24 ff.).
5aDa der Bergbau auf die Nutzung der Oberfläche angewiesen ist und durch die Aufsuchungs-, Gewinnungs- und Aufbereitungsmaßnahmen auf fremde Grundstücke einwirkt, besteht zwischen Bergbauberechtigungen und Grundeigentum traditionell und unveremeidbar ein bipolares Eigentumskollisionsverhältnis (Kühne, ZfB 2017, 71). Einerseits steht das Grundstückseigentum unter dem Schutz des Art. 14 GG, andererseits wird auch den Bergbauberechtigungen der Schutz der Eigentumsgarantie zugewiesen. Das wird aus der zivilrechtlichen Verkehrsfähigkeit (§§ 22, 23), den eigentumsgleichen Rechtsansprüchen (§§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 1), der Beleihungsfähigkeit (§§ 9 Abs. 1 BBergG i. V. m. 1113 ff. 1191 ff. BGB) und vor allem aus dem erheblichen Einsatz von Kapital, technischem Wissen und Personal begründet (Kühne, a. a. O.; BVerfGE 77, 130, 136 = ZfB 1988, 84, 88 – Ruhrkohle AG; BGHZ 146, 98 = ZfB 2001, 227, 230; BVerwGE 81, 329, 343 = ZfB 1989, 199; Boldt/Weller (2016), § 8 Rn 20 m. w. N.). In der Vergangenheit wurde im Falle von gegenseitigen Kollisionen „das Verhältnis zwischen den kollidierenden Rechtspositionen als sachenrechtliche Kollisionslösung mit einem entschädigungspflichtigen Nutzungsvorrang für die jeweils als vorzugswürdig erachtete Primärnutzung ausgestaltet“ (Kühne, a. a. O., S. 72). Im vergangenen Vierteljahrhundert ist jedoch bei der höchstrichterlichen Rspr. eine gewisse Gewichtsverlagerung festzustellen: Während sich die rechtliche Substanz des Grundeigentums verstärkt, ist eine Tendenz zur Verringerung des Gewichtes der Bergbauberechtigung zu bemerken (Kühne, a. a. O., 74, 78). Zur Verstärkung des Grundeigentumsschutzes trug maßgeblich das sog. Moers-Kapellen-Urteil des BVerwG v. 16.3.1989 (BVerwGE 81, 329 = DVBl 1989, 663 = ZfB 1989, 199) bei, aber auch das Garzweiler-Urteil des BVerfG v. 17.12.2013 (BVerfGE 134, 242 Rn 269 = ZfB 2014, 49) und das Erderschütterungs-Urteil des BGH v.19.8.2008 (BGHZ 178, 90 = ZfB 2009, 65). Für die Schwächung des Gewichtes der Bergbauberechtigungen sind die Autobahnbau-Urteile des BGH v. 14.4.2011 (BGHZ 189, 231 = ZfB 2011, 290) und des BVerwG v. 26.3.1998 (BVerwGE 106, 290, 294 = ZfB 1998, 131) und v. 10.2.2016 (UPR 2016, 259 = NVwZ 2016, 1252) ein Indiz. Gegen diese Tendenzen in der Rspr.: Kühne, ZfB 2017, 71, 74 ff. mit guten Gründen, ebenso Franke, in: Boldt/Weller (2016), § 8 Rn 25. Insb kann die vergleichsweise schwächere Stellung der Bergbauberechtigungen nicht damit begründet werden, es bedürfe zur Ausübung noch zusätzlicher betriebsplanmäßiger Zulassungen. Auch die Nutzung von Grundeigentum bedarf öffentlich-rechtlicher Genehmigungen, z. B. Baugenehmigung, und unterliegt umweltrechtlichen Restriktionen. Im Übrigen s. auch § 8 Rn 22; § 9 Rn 28.
5bDiese Tendenz in der neueren deutschen Rspr. dürfte eine Wende erfahren durch das Urteil des EGMR v. 19.1.2017 (Az. 32377/12 = NUR 2017, 838 = NVwZ 2017, 1273 = ZfB 2017, 267, hierzu auch Braig/Ehlers-Hofherr, NUR 2017, 833; Kühne, NVwZ 2018, 214; ferner § 9 Rn 29). Danach sieht der EGMR darin, dass der faktische Verlust der Abbaurechte für den Autobahnbau entschädigungslos (§ 124 Abs, 3, 4 BBergG) blieb, einen Verstoß gegen Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zur EMRK, welcher das Eigentum schützt. Der faktische Verlust der Abbaurechte (25-jährige Bewilligung zum Abbau von Kalkstein) und der Eingriff in den verbliebenen Abbaubetrieb sind zusätzlich zur Enteignung der Grundstücksflächen zu entschädigen. Zu den Kosten des Grundstücks zählen der Wert des Grundstücks und die Kosten der Betriebsverlagerung (neue Infrastruktur, Transport des Maschinenparks, Aufschluss eines neuen Abbaustandortes, nicht jedoch der entgangene Gewinn aus dem Verlust eines Deponiebetriebes). Auf die Kenntnis des Betriebsinhabers von Einschränkungen oder künftigen Einschränkungen kommt es nicht an, sie rechtfertigt nicht, von einer Entschädigung abzusehen.
5cInzwischen wird im Anschluss an die Entscheidung des EGMR v. 19.1.2017 (NVwZ 2017, 1273) auch von der Rspr. anerkannt, dass nicht nur die Bewilligung, sondern auch das Bergwerkseigentum vom Schutzbereich der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst wird (OVG Bautzen, NVwZ-RR 2019, 144 (LS) = Urt. v. 30.5.2018 – 1 A 200/17 und 1 A 264/17, Rn 44, m. w. N.; OVG Bautzen, ZfB 2002, 58, 63; insb Kühne, NVwZ 2018, 214, 215). Zur Entschädigungspflicht von Bergwerkseigentum, das infolge naturschutzrechtlicher Verbote bzw. Ausweisung als Naturschutzgebiet entwertet wird: BVerwG ZUR 2019, 298 = NUR 2019, 258 = NVwZ 2019, 882: Naturschutzrechtliche Beschränkungen von Bergwerkseigentum sind unzumutbar (§ 68 Abs. 1 BNatSchG), wenn die Privatnützigkeit vollständig, ersatz- und übergangslos entfällt. Eine die Entschädigungspflicht ausschließende Situationsgebundenheit des Bergwerkseigentums ist erst gegeben, wenn die Untersagung der Gewinnung der Bodenschätze auch unter Beachtung der Bedeutung der Rohstoffgewinnung und der Vielfalt möglicher naturschutzrechtlicher Reaktionsweisen zwingend geboten erscheint. Die Untersagung muss dem Bergwerkseigentum gewissermaßen „auf die Stirn geschrieben“ sein, s. auch § 56 Anhang Rn 227a. Eine Entschädigung ist jedoch nur dann gemäß gemäß § 68 Abs. 1 BNatSchG „geboten“, wenn nicht bereits im Zeitpunkt der Unterschutzstellung die Gewinnung des Bodenschatzes aus anderen als naturschutzrechtlichen Gründen ausgeschlossen war. Hierfür liegt die Beweislast bei der Behörde (BVerwG, a. a. O. Rn 48).
2.Abgrenzungsfragen
6Wegen der terminologischen Gleichheit der für die Bergbauberechtigungen gewählten Begriffe „Erlaubnis“ und „Bewilligung“ mit denen des Wasserrechts (§§ 8 ff. WHG) wurde anfangs vermutet, dass es Anlass zu Verwechslungen geben werde. Das hat sich nicht bewahrheitet, weil sachliche Bedeutung und rechtliche Ausformung der Institute in beiden Rechtskreisen völlig unterschiedlich sind. So sind im Wasserrecht Erlaubnis und Bewilligung subjektiv-öffentliche Rechte, die besondere Rechte für Private begründen. Diese Rechte und ihre Ausübung sind eigentlich Teil des öffentlichen Sachenrechts und damit grundsätzlich einem Träger öffentlicher Verwaltung vorbehalten. Beide Berechtigungen begründen deshalb nur bestimmte Nutzungsrechte für öffenlich-rechtliche Sondernutzungen mit unterschiedlichem Bestandsschutz (Breuer, Wasserrecht, 25 ff., Rn 157; ders. ZfW 1979/80, 79 ff. (87 ff.); BVerfG = NJW 1982, 747). Demnach sind nicht Gegenstand und Umfang der erlaubten oder bewilligten Gewässerbenutzung das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung beider Berechtigungsformen untereinander, sondern die Art der gewährten Rechtsstellung (Breuer, Wasserrecht, Rn 182; ders. ZfW, a. a. O.; BVerfGE 41, 58; Nicolaysen, Bewilligung, 25).
7Demgegenüber haben Erlaubnis und Bewilligung im BBergG eine andere Funktion und Bedeutung (im Einzelnen dazu s. Anm. zu §§ 8, 9, 10). Sie begründen keine Nutzungs-, sondern Aneignungs- und Tätigkeitsrechte, die nicht Ausfluss eines staatsvorbehaltenen Bereichs sind. Sie sind in ihrem Kernbereich und mit der Rechtsstellung, die sie ihren Inhabern Dritten gegenüber einräumen, privater Natur (Boldt/Weller, § 6 Rn 14 m. w. N.; Hoppe, DVBl 1982, 105; krit. Nicolaysen, Bewilligung, 26 ff.). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ihre Erteilung bzw. Verleihung ebenso wie ihre Ausübung einer öffentlich-rechtlich bestimmten Zweckbindung unterworfen sind. Schließlich ist der Bestandsschutz für vermögenswerte private Rechte aus der Eigentumsgarantie des Artikel 14 GG im Falle der Aufsuchungs- und Gewinnungsrechte im Wesentlichen gleich ausgeformt (Karpen, AöR, 1981, 22 f.; Anz, Braunkohle 1981, 61 f.). Die Berechtigungen des BBergG können also in keiner Weise mit solchen Berechtigungen gleichgesetzt werden, die lediglich den Zugang zu einer Benutzungsordnung für eine öffentliche Sache gewähren. Näher liegt vielmehr ein Vergleich mit dem Jagdausübungsrecht, das nach der Rspr. gleichfalls ein vermögenswertes privates Recht darstellt (Boldt/Weller, § 6 Rn 14 BGHZ 84, 261, 264 = DVBl 1982, 1090).
3.Personenbezogenheit
8Erlaubnis, Bewilligung und Bergwerkseigentum sind trotz des personenbezogenen Einschlags („wer bergfreie Bodenschätze […]“ und § 11 Nr. 6 i. V. mit §§ 12, 13) und der Genehmigungspflicht bei Übertragung von Rechten oder bei der Beteiligung Dritter (§§ 22, 23) keine reinen Personalkonzessionen (Wolff/Bachof, III, § 135 Rn 30 ff.). Zu ihrer Erteilung bzw. Verleihung müssen nämlich auch sachliche Voraussetzungen erfüllt werden, die nach gewerbe- oder anlagerechtlichen Grundsätzen bei betriebsbezogenen Erlaubnissen üblich sind (vgl. dazu Wolff/Bachof, III, § 135 Rn 34 ff., 26 ff.).
9Grundsätzlich kann jedermann Bergbauberechtigungen erwerben, soweit er die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt. Satz 2 bestimmt zwar, dass Erlaubnis, Bewilligung und Bergwerkseigentum nur natürlichen und juristischen Personen oder Personenhandelsgesellschaften erteilt bzw. verliehen werden können. Diese Aussage ist lt. AmtlBegr. (Zydek, 97) jedoch erforderlich, weil bei der Anwendung allgemeiner gewerberechtlicher Grundsätze Personenhandelsgesellschaften sonst nicht Inhaber einer Bergbauberechtigung werden könnten.
10Die Möglichkeit der Erteilung von Erlaubnis oder Bewilligung oder die Verleihung von Bergwerkseigentum an nichtrechtsfähige Vereine und BGB-Gesellschaften ist dagegen ausgeschlossen. Konsortien oder Argen können mangels eigener Rechtspersönlichkeit nicht Inhaber von Bergbauberechtigungen sein. Etwas anderes kann nur gelten, wenn natürliche oder juristische Personen Mitglieder eines Konsortiums oder einer Arge sind und ihnen eine Berechtigung gemeinschaftlich erteilt wird (vgl. § 22 Abs. 1 „Beteiligung Dritter“, § 23 „Veräußerung von Miteigentumsanteilen“).
11Bei ausländischen Unternehmen, die natürliche oder juristische Personen sind, ist für die Erteilung der Berechtigungen nicht maßgeblich, ob sie einen Firmensitz im Inland haben. Eine Genehmigung, vergleichbar etwa § 12 GewO, ist nicht erforderlich (Boldt/Weller, § 6 Rn 18).
§ 7Erlaubnis
(1) Die Erlaubnis gewährt das ausschließliche Recht, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in einem bestimmten Feld (Erlaubnisfeld)
1. die in der Erlaubnis bezeichneten Bodenschätze aufzusuchen,
2. bei planmäßiger Aufsuchung notwendigerweise zu lösende oder freizusetzende Bodenschätze zu gewinnen und das Eigentum daran zu erwerben,
3. die Einrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 zu errichten und zu betreiben, die zur Aufsuchung der Bodenschätze und zur Durchführung der damit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten erforderlich sind.
Bei einer Erlaubnis zur großräumigen Aufsuchung gilt Satz 1 mit den sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 ergebenden Einschränkungen.
(2) Eine Erlaubnis zur Aufsuchung zu gewerblichen Zwecken schließt die Erteilung einer Erlaubnis zur großräumigen Aufsuchung sowie einer oder mehrerer Erlaubnisse zur Aufsuchung zu wissenschaftlichen Zwecken, eine Erlaubnis zur großräumigen Aufsuchung die Erteilung einer oder mehrerer Erlaubnisse zur Aufsuchung zu wissenschaftlichen Zwecken für dasselbe Feld nicht aus.
Übersicht | Rn. | ||
I. | Vorbemerkung | 1–4 | |
1. | Recht auf die Erlaubnis | 2 | |
2. | Recht aus der Erlaubnis | 3, 4 | |
II. | Rechte und Befugnisse aus der Erlaubnis | 5–20 | |
1. | Ausschließlichkeit | 5, 6 | |
2. | Aufsuchungsrecht | 7–11 | |
a) | Aufsuchung zu gewerblichen Zwecken | 8, 9 | |
b) | Großräumige Aufsuchung | 10 | |
c) | Aufsuchung zu wissenschaftlichen Zwecken | 11 | |
3. | Gewinnungs-, Aneignungs- und Betriebsrecht | 12–14 | |
a) | Gewinnungsrecht | 12 | |
b) | Aneignungsrecht | 13 | |
c) | Betriebsrecht | 14 | |
4. | Verhältnis des Erlaubnisinhabers zu fremdem Grundeigentum | 15–17 | |
5. | Rechtsnatur und Bestandsschutz | 18–20 |