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6.Die Mischverwaltung

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54Unter „Mischverwaltung“ werden sämtliche organisatorischen und funktionellen Verflechtungen der Verwaltung von Bund und Ländern zusammengefasst. Mithin ist jede Verwaltungstätigkeit Mischverwaltung, bei der die sachlichen Entscheidungen in einem irgendwie gearteten Zusammenwirken von Bundes- und Landesbehörden getroffen werden.25 Bei dieser abstrakten Begriffsbestimmung ist eine Mischverwaltung nicht an sich unzulässig. So ist die Bundesauftragsverwaltung ja eine Form der Zusammenwirkung von Bund und Ländern, Art. 91a und b GG lassen die gemeinsame Erfüllung von Aufgaben sogar ausdrücklich zu (Gemeinschaftsaufgaben). Eine besondere Form der Mischverwaltung ist in Art. 108 GG für die Finanzverwaltung geregelt:26 Die Oberfinanzdirektionen sind gemeinsame Mittelbehörden (Rn. 60) der Bundes- und Landesverwaltungen (Art. 108 Abs. 4 GG i. V. m. FVG), ihre Leiter werden im Einvernehmen mit den Landesregierungen bzw. der Bundesregierung bestellt (Art. 108 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 3 GG) („janusköpfiger Oberfinanzpräsident“)27. Schließlich verpflichtet Art. 35 GG Bund und Länder zur Amtshilfe (Rn. 196), die freilich nur auf Ausnahmefälle beschränkt sein kann.

Eine darüber hinaus gehende Kooperation von Bundes- und Landesbehörden kann durchaus sinnvoll, gar erforderlich sein, doch muss vermieden werden, dass dadurch Verantwortungszusammenhänge verwischt werden. Eine intransparente Verflechtung würde weder mit dem Demokratieprinzip noch mit dem Bundesstaatsprinzip in Einklang stehen. Denn in einer Demokratie muss jede Ausübung von Staatsgewalt auf das Staatsvolk – in Bund oder Land – eindeutig zurückgeführt werden können, damit der betreffende Entscheidungsträger vor dem Volk Verantwortung übernehmen kann. Dies folgt für das Bund-/Länderverhältnis ferner aus Art. 30 GG, der eine klare Zuweisung der Staatsaufgaben auf Bund oder Länder regelt. Zudem besteht bei weitreichenden Einflussnahmen des Bundes auf die Länder die Gefahr, dass ihre Eigenstaatlichkeit untergraben werden kann.28 Intransparenten Verflechtungen der Verwaltungen von Bund und Ländern ist daher zu begegnen.29

Insoweit überzeugt es, wenn das BVerfG die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern in den Art. 83 ff. GG als erschöpfend geregelt und grundsätzlich als nicht abdingbares Recht versteht. Das Grundgesetz geht vom Grundsatz „eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung“ aus.30 Von diesem Grundsatz kann nur bei Vorliegen eines besonderen sachlichen Grundes und nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie abgewichen werden.

Ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesbehörden in dem Sinne, dass Bundesbehörden außerhalb verfassungsrechtlicher Organisationsentscheidungen (z. B. Art. 85 Abs. 3 GG) Landesbehörden Weisungen erteilen können oder Entscheidungen von Behörden des einen Verwaltungsträgers von der Zustimmung des jeweils anderen Behördenträgers abhängig gemacht werden, ist demnach grundsätzlich unzulässig.31 Zulässig ist eine Kooperation, wenn lediglich unverbindliche Absprachen getroffen werden.

Beispiel: Das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern (GMLZ) nimmt zwar Aufgaben wahr, die Bund und Ländern zugutekommen, letztlich handelt es sich aber um die Einrichtung einer Bundesbehörde mit den Aufgaben der Beobachtung und Koordinierung. Aufgaben des Zentrums sind: Lagebeobachtung, Entgegennahme, Beschaffung, Analyse, Verarbeitung, Koordinierung, Weitergabe und Austausch von Meldungen und Informationen sowie die Prognose von Schadensentwicklungen im Ereignisfall. Darüber hinaus führt das GMLZ länderübergreifende Recherchen durch und vermittelt die Ergebnisse an die Bedarfsträger. Das GMLZ ist beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe eingerichtet.

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