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IV.Die Verwaltungsorganisation 1.Die Organisationsgewalt
Оглавление58Die Organisationsgewalt ist die Befugnis, die organisatorischen Vorkehrungen zur Erledigung der Staatsaufgaben zu treffen. Zu unterscheiden ist zwischen der Bildung, der Errichtung und der Einrichtung einer Behörde. Die Begriffe werden im Schrifttum und selbst in den Verfassungen von Bund und Ländern nicht einheitlich verwendet. Hier wird von folgenden Definitionen ausgegangen:
Bildung einer Behörde meint die abstrakte Festlegung, dass es bestimmte Behörden geben soll, wie etwa eine Bundesbehörde für Güterverkehr oder ein Landesamt für Statistik. Die Bildung betrifft den Aufbau und die Gliederung der Verwaltung.
Beispiel: Art. 97 S. 1 ThürVerf
„Zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung ist eine Landesbehörde einzurichten.“
Dagegen bedeutet die Errichtung einer Behörde die konkrete Gründung der Behörde sowie deren Überführung und Auflösung. Freilich können Bildung und Errichtung auch in einem Gesetz zusammenfallen.
Einrichtung meint die Festlegung der Aufgaben und Zuständigkeiten sowie die Ausstattung mit personellen und sachlichen Mitteln.
Die Organisationsgewalt ist zum Teil verfassungsrechtlich geregelt. So sehen einige Landesverfassungen einen Gesetzesvorbehalt für die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung und Zuständigkeiten (z. B. Art. 77 Verf NRW) oder von Aufbau, räumlicher Gliederung und Zuständigkeiten (Art. 83 SächsVerf) vor.
Das Grundgesetz regelt in Art. 84 Abs. 1 und 85 Abs. 1 GG, dass die „Einrichtung“ von Behörden der Länder durch Bundesgesetz erfolgen kann, in Art. 87 Abs. 3 GG, dass die „Errichtung“ von Verwaltungsträgern und Behörden durch Gesetz zu erfolgen hat, und in Art. 89 Abs. 2 S. 2 GG, dass der Bund bestimmte Aufgaben der Bundeswasserstraßenverwaltung und der Schifffahrtverwaltung wahrzunehmen hat, die ihm durch Gesetz übertragen wurden. Die Begriffe werden aber nicht trennscharf unterschieden. Von erheblicher Bedeutung ist deshalb der Grundsatz des institutionellen Gesetzesvorbehalts. Danach hat der Gesetzgeber die wichtigen Entscheidungen der Verwaltungsorganisation selbst zu treffen.37 Dem Grundsatz vom institutionellen Gesetzesvorbehalt liegt die Wesentlichkeitslehre zugrunde, derzufolge das Parlament kraft seiner unmittelbaren demokratischen Legitimation und weil das parlamentarische Verfahren ein höheres Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche, aber auch größere Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen als das Verwaltungshandeln gewährleistet, zuvörderst berufen ist, die Verantwortung für Entscheidungen in grundlegenden Bereichen zu übernehmen.
Allerdings hat der Gesetzesvorbehalt bei Organisationsentscheidungen eine andere Funktion als bei grundrechtswesentlichen Entscheidungen. Die Organisationsgewalt der Regierung hat selbst Verfassungsrang (vgl. Art. 86 S. 2 GG), und Regelungen über Zuständigkeiten von Behörden haben, auch wenn sie mit Aufgabenübertragungen verbunden sind, für sich keinen Eingriffscharakter. Daher bestehen grundsätzlich keine Gründe, derartige Regelungen dem Gesetzgeber vorzubehalten.38 Lediglich die allgemeinen Grundstrukturen der Staatsorganisation sind wesentlich und bedürfen einer gesetzlichen Grundlage.39 Damit folgt aus dem Grundsatz vom institutionellen Gesetzesvorbehalt, dass – vorbehaltlich besonderer (verfassungs-)gesetzlicher Regelung – Bildung und Errichtung von Verwaltungsträgern und Behörden durch Gesetz zu erfolgen haben, während deren Einrichtung grundsätzlich keines Parlamentsgesetzes bedarf.
Eine besondere gesetzliche Regelung enthalten insoweit aber z. B. Art. 84 Abs. 1 und 85 Abs. 1 GG, die den Gesetzesvorbehalt auf die „Einrichtung“ erstrecken. Dies hat seinen Grund in der bundesstaatlichen Relevanz einer Befugnis des Bundes, die Organisation der Länderbehörden zu regeln. Daraus folgt weiter, dass der Gesetzesvorbehalt in Art. 84 Abs. 1 und 85 Abs. 1 GG auch für die „Errichtung“ von Länderbehörden gilt.40 Weitergehende Gesetzesvorbehalte können sich aus den jeweiligen Landesverfassungen ergeben.