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Die Kampagne zur Deregulierung der Biotechnologie
ОглавлениеDie vorherrschende Anti-Regulierungs-Agenda der Regierung fiel zeitlich mit der im April 1981 lancierten Initiative einiger prominenter Molekularbiologen zusammen, deren Ziel es war, alle verbindlichen Beschränkungen in der Gentechnologie zu beseitigen. Zwei Mitglieder des Recombinant DNA Advisory Committee (RAC) für die National Institutes of Health (NIH) (ein Ausschuss, der die Gesundheitsbehörde berät) unterbreiteten einen Vorschlag mit der Forderung, die Richtlinien der Behörde in einen völlig freiwilligen Verhaltenskodex umzuwandeln. Er hätte vorher verbotene Experimente gestattet, wie etwa die Freisetzung von GVOs in die Umwelt, sodass sie ohne Aufsicht weitermachen könnten. (7) Andere Molekularbiologen ließen sofort anklingen, dass ihnen die Beschränkungen durch die NIH eine unnötige Belastung auferlegten, weil GVOs keine außergewöhnlichen Risiken darstellten. Ironischerweise hatten etliche Wissenschaftler, die die regulierende Macht der Richtlinien aufheben wollten, sieben Jahre vorher den Berg-Brief unterzeichnet und damit ursprünglich zur Aufstellung dieser Richtlinien beigetragen. (8) Selbst Paul Berg forderte eine Aufhebung der verbindlichen Beschränkungen, die sich aus dem Berg-Brief ergeben hatten. (9)
Bemerkenswert ist: Als Berg und seine Kollegen den Brief 1974 unterzeichneten, hatten sie für Forschungsbeschränkungen plädiert, „bis die potenziellen Risiken der … rekombinanten DNA-Moleküle besser abgeschätzt sind“. Und sie spezifizierten, eine angemessene Abschätzung beinhalte mindestens, dass „irgendeine Lösung für die noch offenen Fragen gefunden ist“. (10) Danach hätte die Öffentlichkeit zu Recht annehmen dürfen, ihre Kehrtwendung von 1981 signalisierte, dass eine umfassende Risikobewertung durchgeführt worden war – und sie hätte zu Recht entsetzt sein dürfen, wenn sie erfahren hätte, dass sich die einzige risikorelevante Forschungsarbeit immer noch auf einen einzelnen geschwächten Bakterienstamm beschränkte, der außerhalb von Labors nicht überlebensfähig war, dass diese Forschungsarbeit nicht vollkommen schlüssig war (und etliche berechtigte Zweifel weckte) und dass diese wenigen Daten als einzige Beweisgrundlage für die Behauptung dienten, es sei sicher, GVOs ganz allgemein ungezügelt weiter zu erforschen und freizusetzen. (11)
Doch trotz beträchtlicher Unsicherheiten gewann der Deregulierungszug kontinuierlich Fahrgäste hinzu und erhöhte das Tempo. Viele Biologen weigerten sich jedoch, einzusteigen. Sie wiesen zudem darauf hin, dass etliche Personen im Führerstand finanzielle Verbindungen zu Biotech-Unternehmen hatten. Einer der krassesten Fälle eines mutmaßlichen Interessenskonfliktes war der Nobelpreisträger David Baltimore, der den Vorschlag zur Abschaffung der verbindlichen Richtlinien mit verfasst hatte. (12) Wie Phil Regal anmerkt, waren die Gewinne enorm, und die Anreize lagen weit über dem Bezug von Beratungshonoraren: „Molekularbiologen waren Unternehmer geworden und nicht mehr nur Berater der Industrie. Viele hatten ihr persönliches Vermögen und ihre Karriere auf den finanziellen Erfolg der Biotechnologie gesetzt.“