Читать книгу Manipulierte Gene – Verdrehte Wahrheit - Steven M. Druker - Страница 34
Eine Reihe beunruhigender Fakten
ОглавлениеIm September 1989, als die beschwichtigenden Verallgemeinerungen im Bericht des National Research Council erstmals kursierten, tauchten auch andere Berichte auf, die eine eindeutig gegenteilige Wirkung hervorriefen. Diese Meldungen kamen nicht von Institutionen, die sich mit theoretischen Diskussionen über Risiken beschäftigten, sondern aus Arztpraxen und von Beamten im Gesundheitswesen. Statt beschwingter Erklärungen, die darauf abgestimmt waren, Bedenken zu zerstreuen, enthielten sie alarmierende Beschreibungen einer ungewöhnlichen neuen Krankheit.
Im Laufe jenes Jahres bekamen Tausende Menschen überall in den USA starke Muskel- und Gelenkschmerzen, die mit Schwellungen in Beinen und Armen, großflächigen Hautausschlägen und massiven Atembeschwerden einhergingen. Etliche Menschen entwickelten zudem eine Herzinsuffizienz, andere wurden völlig gelähmt und brauchten ein Atemgerät. Doch selbst wenn ihnen diese beiden letztgenannten Folgen erspart blieben, litten die meisten von denen mit den Hauptsymptomen stark.
Eine Frau aus Kalifornien berichtete: „Ich hatte solche Schmerzen – in den Gelenken, den Knochen, der Haut, überall –, dass ich kaum eine Berührung ertrug. Mir gingen fast 60 Prozent meiner Haare aus, ich hatte keine Energie und schlief meistens. Mehrmals hatte ich … Aphten, mir war übel, ich hatte Atemnot, massive Muskelkrämpfe, Juckreiz und schmerzhafte Hautausschläge überall, Ödeme, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten, Probleme, mit der Hand zu schreiben, mit dem Gleichgewicht, Reizdarmsyndrom, ich nahm zu und hatte Sehstörungen, um nur einige Symptome zu nennen!“ (1)
Ein katholischer Diakon in Cincinatti erinnert sich: „Die Schmerzen in meinem Körper waren so intensiv, dass es mir zu weh tat, wenn ich abends ins Bett ging und auf der Matratze liegen sollte. Ich setzte mich auf die Bettkante und versuchte im Sitzen zu schlafen, weil die Schmerzen so stark waren. Meine Beine wurden so dick wie ein Telefonmast – das glaubt man nur, wenn man es sieht. Sie brachen auf, und es lief Wasser heraus. Keine Medikamentendosis, die ich bekam … linderte die Schmerzen.“ (2) Nach sechs Jahren derartiger Qualen, in denen er nicht arbeiten konnte, nahm seine Lebenskraft allmählich wieder zu; aber er hat nach wie vor anhaltende Muskelschmerzen und körperliche Behinderungen.
Eine Frau aus Skokie, Illinois, die sich immer ausgezeichneter Gesundheit erfreut hatte und die immer energiegeladen gewesen war, entwickelte zuerst am ganzen Körper einen Hautausschlag, dann fürchterlichen Husten und schließlich eine so ausgeprägte Muskelschwäche und Muskelschmerzen, dass sie „kaum laufen, kaum irgendetwas machen“ konnte. Zeitweise verkrampften sich ihre Hand oder ihr Kiefer, oder ein anderer Muskel blockierte. Als sich die Symptome verschlimmerten, musste sie aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Schließlich war sie sechs Monate lang bettlägerig und hatte solche Schmerzen, dass allein das Drehen auf die Seite eine schier unerträgliche Qual war, die volle zwei Minuten in Anspruch nahm. (3)
Wie diese Schilderungen erkennen lassen, waren die Begleitschmerzen dieser seltsamen Symptome ungewöhnlich heftig. Der Chef der Rheumatologie am Graduate Hospital in Philadelphia, der mehrere Betroffene behandelte, beschrieb sie als „die stärksten“, die er in seiner ganzen Praxistätigkeit gesehen habe. Neben den intensiven Schmerzen erhöhten sich auch die Eosinophilen. Diese Zellen (sie gehören zu den weißen Blutkörperchen) bekämpfen Infektionen und kontrollieren Mechanismen, die mit Allergien zusammenhängen. Ihr Normwert liegt bei circa 100 bis 200 pro Kubikmillimeter. Bei einem Menschen mit einer allergischen Reaktion oder Asthma kann die Zahl auf 600 bis 800 ansteigen – manchmal sogar bis 1000 oder darüber. Die Personen mit diesem neuen Leiden hatten jedoch durchschnittlich Werte von 4000; viele hatten noch viel höhere Werte. (4) Nehmen diese Zellen überhand, so beginnt das Molekülarsenal, mit dem sie ausgerüstet sind, um Eindringlinge zu bekämpfen, stattdessen das normale Körpergewebe anzugreifen, was zu einer massiven systemischen Schädigung und intensivem Schmerz führt.
Die Ärzte standen bei dieser ungewöhnlichen Krankheit vor einem Rätsel, und die Behandlungen, die sie versuchten, waren weitgehend wirkungslos. Hinzu kam: Im Sommer 1989 erkrankten zwar viele Menschen, doch weil sich die Symptome häufig unterschieden und die Fälle verstreut auftraten, merkte die Ärzteschaft erst nach etlichen Monaten, dass sich eine neue Krankheit entwickelt hatte; noch weniger war ihr bewusst, dass diese sich zu einer landesweiten Epidemie auswuchs. Und noch länger dauerte es, die Krankheitsursache herauszufinden. Anfang November lagen endlich genügend Daten vor, um das entscheidende gemeinsame Merkmal der Betroffenen auszumachen: Sie hatten alle L-Tryptophan-Nahrungsergänzungen eingenommen.
L-Tryptophan (LT) ist eine Aminosäure, eine Gruppe chemischer Verbindungen, aus denen die Proteine aufgebaut sind. LT ist für Menschen lebenswichtig und unter anderem an der Produktion des Neurotransmitters Serotonin beteiligt, der Entspannung und Schlaf fördert. Zu den besten natürlichen Quellen von LT zählen Milchprodukte, Sojabohnen, Fisch, Geflügel und Fleisch. In den 1980er-Jahren war LT auch als Nahrungsergänzung frei verkäuflich. Viele Jahre lang hatten Ärzte es bei Schlaflosigkeit, prämenstruellem Syndrom, Stress und Depressionen empfohlen. Und obwohl zeitweilig circa 2 Prozent der US-amerikanischen Bevölkerung LT nahmen, waren bei sachgemäßer Anwendung niemals Probleme dokumentiert worden. (5)
Doch nun war es mit einer unbekannten und unangenehmen Krankheit in Verbindung gebracht worden. Da dieses Leiden mit einer erhöhten Anzahl von Eosinophilen einhergeht (eine Eosinophilie genannte Erkrankung), verbunden mit massiven Muskelschmerzen (Myalgie), wurde es Eosinophilie-Myalgie-Syndrom (EMS) genannt. Bis Anfang Dezember waren 707 Fälle in 48 Bundesstaaten gemeldet und mindestens ein Todesfall. Im April 1990 waren 1411 EMS-Fälle im Zusammenhang mit Tryptophan gemeldet und 19 Todesfälle. Nach der endgültigen Schätzung des Center for Disease Control (CDC) (dt. Zentrum für Krankheitskontrolle) waren zwischen 5000 und 10000 Menschen betroffen. (6) Mindestens 80 von ihnen starben, und etwa 1500 blieben dauerhaft behindert. (7)