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1.Vorliegen einer Änderung im Allgemeinen

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24Der Begriff der „Änderung“ ist weit auszulegen. Betroffen sind Abweichungen sowohl hinsichtlich der Leistungsinhalte (Änderung des Leistungsverzeichnisses bzw. der Leistungsbeschreibung) als auch in Bezug auf die Vertragsbedingungen. Es dürfen also weder in rechtlicher noch in technischer oder zeitlicher Hinsicht Abweichungen von den vorgegebenen Kalkulationsgrundlagen im Angebot enthalten sein.22 Auch die Bewerbungsbedingungen zählen zu den Vergabeunterlagen; ist dort also die Verwendung der jeweils aktuellsten Formblätter vorgesehen und verwendet der Bieter statt dessen ältere Versionen, so ist auch in diesem Fall das Angebot wegen Veränderung der Vergabeunterlagen auszuschließen.23 Der Tatbestand der Änderung der Vergabeunterlagen ist daher immer dann erfüllt, wenn der Bieter etwas anderes anbietet als vom Auftraggeber nachgefragt, sich somit also Nachfrage einerseits und Angebot andererseits nicht decken.24

25Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt insbesondere bei Streichungen oder Hinzufügungen vor. Während die VOB/A pauschal Änderungen der Vergabeunterlagen anspricht, untersagt die VgV „Änderungen oder Ergänzungen“. Da eine Ergänzung denklogisch auch eine Änderung der Vergabeunterlagen darstellt, ist die zusätzliche Erwähnung von Ergänzungen in der VgV überflüssig. Dass die VOB/A Ergänzungen nicht ausdrücklich untersagt, bedeutet damit nicht, dass Ergänzungen im Anwendungsbereich der VOB/A zulässig wären.

26Bereits die bloße Angabe eines „ca.“-Wertes zu einem wertungsrelevanten Kriterium – im entschiedenen Fall der Entfernung von Werkstätten – kann als unzulässige Abweichung von den Vergabeunterlagen anzusehen sein und zu einem zwingenden Angebotsausschluss führen.25

27Eine Änderung muss nicht in den mit dem Angebot eingereichten und ausgefüllten Vergabeunterlagen selbst vermerkt sein, sondern kann sich auch aus Inhalten eines Angebotsschreibens bzw. Begleitschreibens ergeben, wenn hieraus der Wille zur Modifizierung der vertraglichen oder technischen Auftragsbedingungen ersichtlich wird.26 Entscheidend ist, wie die Erklärung des Bieters aus der Sicht eines verständigen und branchenkundigen sowie mit der ausgeschriebenen Leistung vertrauten Empfängers zu verstehen ist, was durch Auslegung des Angebots zu ermitteln ist.27

28Aufgrund der weiten Auslegung des Änderungsbegriffs ist eine unzulässige Änderung der Vergabe- bzw. Vertragsunterlagen in der Praxis häufig. So nimmt die Rechtsprechung beispielsweise bereits dann eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen an, wenn der Bieter von den Vorgaben für die Berechnung der Bauzeit abweicht und diese nach eigenen Berechnungsmethoden ermittelt.28

29Das Fehlen einer Leistungsverzeichnisposition ist nicht gleichzusetzen mit einer fehlenden Preisangabe, sondern stellt regelmäßig eine Änderung der Vergabeunterlagen dar.29 Eine Änderung der Vergabeunterlagen und nicht (lediglich) eine fehlende Preisangabe oder Erklärung stellt es deshalb etwa dar, wenn der Bieter sein Angebot auf eine ursprüngliche Fassung des Leistungsverzeichnisses bezieht und eine zwischenzeitliche Ergänzung um weitere Positionen unberücksichtigt lässt.30 Ein Angebotsausschluss ist insoweit allerdings nur gerechtfertigt, wenn der Auftraggeber die ergänzte (im Angebot fehlende) Position unmissverständlich verlangt hat.31

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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