Читать книгу Praxiskommentar VOB - Teile A und B - Susanne Roth - Страница 178

2.Sonderfall: Allgemeine Geschäftsbedingungen

Оглавление

33Immer sind Bieter bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge an ihren eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gescheitert, weil sie diese – bewusst oder unbewusst – zur Grundlage ihres Angebotes gemacht haben. Dies, indem entweder ein Bieter in seinem Angebot ausdrücklich auf seine AGB Bezug nahm37 oder dadurch, dass dem Angebot (ggf. auf der Rückseite des Begleitschreibens) lediglich die AGB des Bieters beigefügt waren. Dies wurde wiederholt als Änderung der Vergabeunterlagen verstanden.38

34Bislang hat die Rechtsprechung allein darauf abgestellt, ob eine am Empfängerhorizont orientierte Auslegung des Angebots dazu führt, dass die Bieter-AGB dem Angebot zugrunde gelegt werden sollten; auf die subjektive Zielrichtung des Bieters komme es dagegen nicht an, weshalb auch die irrtümliche Beifügung der Bieter-AGB zum Ausschluss des Angebots führen könne.39 Die Vergabestelle müsse bei einer Beifügung von AGB auch ohne ausdrückliche Inbezugnahme regelmäßig davon ausgehen, dass der Bieter sein Angebot sorgfältig erstellt habe und die Beifügung von AGB nicht versehentlich erfolgt sei, der Bieter sie also in sein Angebot einbeziehen wolle.

Eine eingehende materielle Prüfung des Auftraggebers, ob sich die AGB des Bieters und die der Ausschreibung zugrunde liegenden Vertragsbedingungen des Auftraggebers ausnahmsweise nicht widersprechen, sei nicht erforderlich.40

35Der Bundesgerichtshof hat nun eine deutlich bieterfreundlichere Handhabung vorgegeben und im konkreten Fall einen Ausschluss wegen Inbezugnahme von AGB jedenfalls ohne vorherige Aufklärung als unzulässig angesehen.41 Im entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber seiner Ausschreibung eine „Abwehrklausel“ zugrunde gelegt, wonach u. a. Liefer- und Vertragsbedingungen des Bieters nicht Vertragsbestandteil werden. Den auf eine Veränderung der Vergabeunterlagen gestützten Angebotsausschluss sah der Bundesgerichtshof als nicht gerechtfertigt an, da keine unzulässige Veränderung der Vergabeunterlagen vorliege, weil die beigefügten AGB aufgrund der Abwehrklausel des Auftraggebers nicht zum Vertragsbestandteil werden konnten. Eine solche Abwehrklausel ziele gerade darauf ab, den Ausschluss von Angeboten zu vermeiden, wenn ein Bieter seinem Angebot eigene Vertragsklauseln beifüge und zwar unabhängig davon, ob es sich um AGB oder einzelvertragliche Regelungen handele. Der Auftraggeber müsse in solchen Fällen daher eine Aufklärung durchführen und dem Bieter Gelegenheit geben, von der hinzugefügten eigenen Regelung Abstand zu nehmen.42 Der BGH weist allerdings darauf hin, dass unverändert dann ein Ausschluss ohne Notwendigkeit (und Zulässigkeit) einer Aufklärung erfolgen muss, wenn ein inhaltlich von den Vergabeunterlagen abweichendes Angebot abgegeben wird und dieses nicht durch bloßes Hinwegdenken der Abweichung in ein zuschlagsfähiges Angebot überführt werden kann.

36Anders als bei bloßen AGB können individuelle, von den Vergabeunterlagen abweichende, Erklärungen eines Bieters nicht auf dem Wege des „Hinwegdenkens“ geheilt werden, da sich auch etwa verwendete „Abwehrklauseln“ in aller Regel gegenüber individuellen Erklärungen eines Bieters nicht durchsetzen und daher in einem solchen Fall unverändert eine unzulässige Abweichung von den Vergabeunterlagen vorliegt.43

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

Подняться наверх