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II.Nicht eindeutige Änderungen an Eintragungen des Bieters

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38Ein Angebot muss einen eindeutigen Inhalt aufweisen, damit es mit den Angeboten der anderen Bieter sachgerecht verglichen werden kann.46 Hierzu bestimmt die VOB/A in § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 ebenso wie die VgV in § 57 Abs. 1 Nr. 3, dass Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen – die bis zum Schluss der Angebotsfrist grundsätzlich zulässig sind –47 „zweifelsfrei“ sein müssen. Hierdurch soll auch sichergestellt werden, dass sich Bieter nicht durch mehrdeutige Änderungen an ihren Eintragungen einer Festlegung entziehen, in der Hoffnung, der Auftraggeber werde die unklare Eintragung zu ihren Gunsten auslegen oder sich nach Vertragsschluss auf die für sie günstigere Variante berufen zu können.48

39Der Begriff der „Änderungen“ ist weit auszulegen und umfasst jedwede Korrekturen am ursprünglichen Angebotsinhalt und an allen seinen Bestandteilen.49 Nach zutreffender Auffassung beziehen sich die einschlägigen Vorschriften nur auf „angebotswesentliche“ Inhalte, sodass mehrdeutige Änderungen an für die Vertragsbeziehung von vorneherein nicht relevanten Erklärungen nicht zum Ausschluss führen.50 Zwar kommt es nicht auf die Wettbewerbsrelevanz des unklaren Angebotsteils an, sondern es sollen weitergehend auch Streitigkeiten im späteren Vertragsleben vermieden werden;51 wenn allerdings eine unklare Angabe weder Wettbewerbsrelevanz aufweist, noch für das spätere Vertragsleben Bedeutung hat (wie beispielsweise ein unklar/widersprüchlich geändertes Angebotsdatum), so wäre ein Ausschluss bloße Förmelei und mit der Zielsetzung des Vergaberechts, das wirtschaftlichste Angebot zum Zuschlag zu bringen, nicht vereinbar.

40Korrekturen mittels Selbstklebekorrekturband werden als eindeutig betrachtet, sofern sich das Korrekturband nicht ohne Beschädigung des Papiers lösen lässt.52 Korrekturen mittels Tipp-Ex sind zumindest dann nicht zu beanstanden, wenn nach den Inhalten des Angebots eine Manipulation ausgeschlossen ist, etwa weil sich aus der Multiplikation der Mengenzahl mit dem korrigierten Einheitspreis der unkorrigierte Gesamtpreis ergibt.53

41Wichtig ist, dass die Änderung eindeutig auf den Bieter zurückgeführt werden kann, weshalb eine Angabe bzw. Nachvollziehbarkeit des Urhebers und Änderungstages empfohlen54 bzw. sogar als zwingend erforderlich betrachtet wird.55 Im Rahmen der elektronischen Angebotseinreichung sollten sich die diesbezüglichen Fehlerquellen minimieren.

42Der Auftraggeber kann das Angebot zur Beurteilung der Zweifelsfreiheit von Änderungen auslegen.56 Der Auftraggeber darf den Inhalt einer Korrektur ebenso auch durch Aufklärung ermitteln.57 Die Rechtsprechung betont immer wieder, dass ein Angebotsausschluss aus formalen Gründen nur als ultima ratio in Betracht kommt und eine Aufklärung Vorrang hat. Ein Auftraggeber darf deshalb Angebote, die bei Vorliegen formaler Mängel jedenfalls wegen widersprüchlicher oder unvollständiger Angaben (Erklärungen oder Nachweise) an sich „ausschlusswürdig“ sind, nicht ohne Weiteres von der Wertung ausnehmen, ohne den Bieter zuvor zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebots aufgefordert und ihm Gelegenheit gegeben zu haben, den Tatbestand der Widersprüchlichkeit oder Unvollständigkeit nachvollziehbar auszuräumen.58 Freilich darf es durch die Aufklärung nicht zu einer Änderung oder zu Nachverhandlungen gekommen sein.59

43Der Wortlaut legt nahe, dass nur nachträgliche, nicht eindeutige Änderungen des Bieters an seinem Angebot zum Ausschluss aufgrund der daraus folgenden Unklarheit führen. Sinn und Zweck der Vorschrift ist indes die Sicherung eines eindeutigen und klaren Angebotsinhalts. Ein klarer und eindeutiger Angebotsinhalt kann nicht nur durch nachträgliche Angebotsänderungen entfallen, sondern fehlt ebenso, wenn das Angebot von Anfang an so unklar und/oder widersprüchlich ist, dass sich auch durch Auslegung nicht ermitteln lässt, was der Bieter denn nun angeboten hat. Nach zutreffender Auffassung in Rechtsprechung und Fachliteratur erfasst der Ausschlusstatbestand „nicht eindeutiger Änderungen“ daher erst recht solche Angebote, die in ihrem Kerninhalt von Anfang an widersprüchlich bzw. unklar waren, so etwa dann, wenn die Person des Bieters unklar bleibt oder der Vertrags- bzw. Angebotsinhalt nicht ermittelbar ist.60 Sind demgegenüber lediglich geforderte Erklärungen unklar oder widersprüchlich, so unterliegen diese der Nachforderung und ist das Angebot erst nach fruchtloser Nachforderung der widersprüchlichen/unklaren Unterlage auszuschließen.61

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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