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3.Voraussetzungen des § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 VOB/A

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58a) Erschaffung oder Erwerb eines einzigartigen Kunstwerks oder einer einzigartigen künstlerischen Leistung als Ziel des Auftrags, § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. a. § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. a VOB/A setzt Art. 32 Abs. 2 lit. b Nr. i) RL 2014/24/EU um und entspricht der Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. a VgV. Dieser Tatbestand kommt in Betracht, wenn nur ein Künstler (Unternehmen) in der Lage ist, das Kunstwerk oder die künstlerische Leistung zu erbringen. Die Gründe, also der einzigartige Charakter und Wert des Kunstgegenstandes, müssen zwingend die Vergabe an einen Künstler bzw. ein Unternehmen rechtfertigen (vgl. Erwägungsgrund (50) der RL 2014/24/EU). Diese objektiven Gesichtspunkte, die „Handschrift“ des Künstlers, sind ausreichend, während eine ausschließlich geschmackliche Präferenz nicht genügt.80 Die besonderen Ausnahmeumstände hat der öffentliche Auftraggeber wieder sorgfältig zu dokumentieren81 und er ist für deren Vorliegen auch darlegungspflichtig. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, darf der öffentliche Auftraggeber direkt an den Künstler bzw. ein Unternehmen herantreten und unmittelbar zur Abgabe eines Erstangebotes auffordern. Die Einschränkungen des Satzes 2 gelten hier nicht. Die insoweit fehlerhafte deutsche Übersetzung des Artikel 32 der RL 2014/24/EU, ist im Rahmen des eIDAS- Durchführungsgesetzes korrigiert worden, sodass Satz 2 nur für lit. b und lit. c gilt.82 Da es um eine höchst persönliche Leistung geht, ist dies folgerichtig.

59b) Nicht vorhandener Wettbewerb aus technischen Gründen, § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. b und Satz 2 VOB/A. § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. b VOB/A setzt Art. 32 Abs. 2 lit. b Nr. ii) RL 2014/24/EU um und entspricht der Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b VgV. Der Tatbestand ist erfüllt, wenn Unternehmen zwingend über eine besondere Befähigung oder spezielle Ausstattung verfügen müssen, um die Leistung überhaupt bedarfsgerecht erbringen zu können.83 Hier kommt, im Gegensatz zu lit. a hinzu, dass der öffentliche Auftraggeber zunächst – soweit geeignet – europaweit den Markt ergebnisoffen erforscht haben muss (§ 2 EU Abs. 7 VOB/A), denn neben dem Umstand, dass aus technischen Gründen nur ein einzelnes Unternehmen in der Lage sein darf, den Auftrag auszuführen, ist Satz 2 des § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 VOB/A zu beachten (siehe oben Rn. 53 und 54). Voraussetzung ist dabei, dass aus technischen Gründen kein Wettbewerb besteht.84 Der öffentliche Auftraggeber muss zwischen den Vor- und Nachteilen der ursprünglich angedachten Lösung und einer adäquaten Ersatzlösung bzw. vernünftigen Alternative abwägen.85 Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb erfordert das – vom öffentlichen Auftraggeber darzulegende und ggf. zu beweisende – objektive Fehlen von Wettbewerb, hier basierend auf technischen Gründen.86 Er muss die technischen Gründe des Einzelfalles genau beschreiben (siehe Erwägungsgrund (50) der RL 2014/24/EU) sowie das Fehlen einer vernünftigen Alternative oder Ersatzlösung und den Abwägungsprozess nachvollziehbar dokumentieren. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, so kann der öffentliche Auftraggeber das betreffende Unternehmen direkt zur Abgabe eines Erstangebotes auffordern.

60c) Schutz von ausschließlichen Rechten einschließlich des Rechts des geistigen Eigentums, § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. c VOB/A und Satz 2 VOB/A. § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. c VOB/A setzt Art. 32 Abs. 2 lit. b Nr. iii) RL 2014/24/EU um und entspricht der Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. c VgV. Nach dieser Vorschrift ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung eines Teilnahmewettbewerbes zulässig, wenn der Auftrag wegen bestehender Ausschließlichkeitsrechte nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann. Ausschließlichkeitsrechte sind Rechte, die exklusiv einer Person ein (positives) Nutzungsrecht und ein (negatives) Verbotsrecht zuweisen.87 Hierzu zählt auch das Eigentumsrecht.88 Der Eigentumsbegriff des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG erstreckt sich auch auf „geistiges Eigentum“ (Immaterialgüterrechte) wie beispielsweise Urheber-, Patent-, Marken- sowie Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte.89 Die Ausschließlichkeitsrechte sind daher anders als die Tatbestände des § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. a und lit. b VOB/A vom öffentlichen Auftraggeber von Gesetzes wegen zu beachten (Art. 20 Abs. 3 GG). Dennoch muss der öffentliche Auftraggeber für den Fall einer Auftragsvergabe nach § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. c VOB/A sicherstellen, dass nicht mehrere Unternehmen für die infrage stehende Auftragsvergabe über Immaterialgüterrechte verfügen, denn in diesem Fall ist § 3a EU Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 lit. c VOB/A nicht anwendbar. Der öffentliche Auftraggeber muss also auch hier zunächst europaweit den Markt ergebnisoffen erforscht haben (siehe oben Rn. 53 und 54). Darüber hinaus hat der öffentliche Auftraggeber auch hier wiederum zu dokumentieren, weshalb für die konkrete Ausführung dieser von ihm nachgefragten Leistung die Inanspruchnahme von nur einem Unternehmen mit „Ausschließlichkeitsrechten“ objektiv erforderlich ist. Der öffentliche Auftraggeber ist auch hier gut beraten, die Dokumentation sorgfältig vorzunehmen.

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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