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Tag 85

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18. Februar 2014

Manfred Götzl, Richter. Winfried T., 44, Helmut S., 46, Kriminalbeamter aus Saarbrücken, BKA-Mitarbeiter. Torsten W., 39, Kriminalbeamte des BKA in Meckenheim. Wolfgang Stahl, Verteidiger von Beate Zschäpe.

Winfried T. Mein Themenbereich war, den Aufenthalt der drei Personen, die untergetaucht waren, zu erhellen. Insgesamt sieben Wohnungen konnten dem Trio zugeschrieben werden. Vier Wohnungen im Bereich Chemnitz, drei weitere in Zwickau. Wir haben keine Lücken zwischen den Wohnungsnahmen festgestellt, alle Wohnungen wurden überlappend angemietet. Es wurde immer ein bisschen größer. Erst haben sie mit anderen zusammengewohnt, später hatten sie eigene Wohnungen.

(Der Zeuge geht nun ausführlich auf die verschiedenen Wohnungen ein.)

Am 1. März 2008 wurde der letzte Wechsel vollzogen. Herr Dienelt hat die Wohnung in der Frühlingsstraße in Zwickau angemietet und sofort einen Untermietvertrag geschlossen mit Max-Florian B. Zwei Einzelwohnungen, die zusammengelegt wurden. Die das erste Obergeschoss der Frühlingsstraße 26 komplett umfassten. Die Personen baten um entsprechende Veränderungen der Wohnung. Durchbruch, Abhängen der Decken. Dem wurde zugestimmt.

(Der Zeuge wird entlassen, Zschäpes Anwalt Wolfgang Stahl gibt eine Erklärung ab.)

Verteidiger Stahl Die Bundesanwaltschaft behauptet, dass die drei gemeinsam in verschiedenen Wohnungen zu dritt gelebt haben. Daran knüpft sie auch einige rechtliche Schlussfolgerungen. Auf die heutige Beweisaufnahme wird man die Behauptung kaum stützen können. Es wurden keine Tatsachen präsentiert, die darauf schließen lassen, dass Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt durchgängig gemeinsam gewohnt haben.

(Der nächste Zeuge ist der Beamte Helmut S.)

Götzl Sie haben für das Bundeskriminalamt das Spiel »Pogromly« ausgewertet. Was können Sie dazu sagen?

Helmut S. Es handelt sich um eine abgewandelte Version des bekannten Monopoly-Spiels. Dort, wo im Monopoly-Spiel Häuser gekauft werden können, müssen in »Pogromly« Judensterne abgedeckt werden. Das Ziel des Spiels lautet: eine schöne judenfreie Stadt zu erhalten. So steht es in der Spielanleitung. Die Spielsteine, also die Häuser und Hotels im Monopoly-Spiel, waren selbst gemachte kleine Holzklötzchen. Bahnhöfe wurden in KZs abgewandelt, das Feld »Frei parken« in »Besuch beim Führer«, Wasser- und Elektrizitätswerk in Gaswerk und Arbeitsdienst. Es gab zum Teil menschenverachtende Spielanweisungen. Zum Beispiel: Du hast auf ein Judengrab gekackt. Leider hast du dir hierbei eine Infektion zugezogen. Arztkosten: 1000 Reichsmark.

Götzl Wir sehen uns die Abbildungen jetzt an. Kommen Sie bitte nach vorne. (Auf zwei Wänden des Gerichtssaals erscheinen Bilder von dem Spiel.)

Helmut S. Hier sehen Sie die SS-Zeichen gleich auf dem zweiten Feld. Es folgt das erste KZ-Feld, dann die Städtefelder. Dann das Gemeinschaftsfeld SA. Kleine Klötzchen, mit denen man den Davidstern abdecken konnte. Ich lese nun einzelne Spielkarten vor: Errichte in jeder deiner Städte ein Denkmal für gefallene Soldaten. – Du hast dich unkameradschaftlich verhalten. Zahle eine Strafe von 200 Reichsmark. – Dein Gauleiter gibt dir eine kleine Anerkennung für Treue und Mut: 1000 Reichsmark. – Strafe für zu mildes Handeln gegen roten Terror: 3000 Reichsmark. – Mache eine Inspektion im KZ Buchenwald. Wenn du über Start kommst, ziehe 4000 Reichsmark ein. Daneben gab es noch SS-Karten, das entspricht im Monopoly-Spiel den Ereigniskarten. Ich lese einige Karten vor: Du hast deinen Kameraden geholfen. Zum Dank zahlt dir jeder 1000 Reichsmark. – Wiedergutmachungszahlung. Juden müssen für Verbrechen am deutschen Volk zahlen. Du erhältst 400 Reichsmark. – Dir ist es gelungen, eine Horde roter Zecken mithilfe eines Maschinengewehrs abzuwehren. Du erhältst eine Prämie von 2000 Reichsmark.

Götzl Wie viele Spiele wurden sichergestellt?

Helmut S. Eines wurde im Januar 1998 in der Garage von Frau Zschäpe gefunden, ein weiteres bei einer am gleichen Tag durchgeführten Durchsuchung in Frau Zschäpes Wohnung, unter der Couch. Jürgen Helbig (Er sagte am Tag 112 aus.) sagte, ihm seien 20 Spiele übergeben worden. Er habe die Spiele verkauft und das Geld Wohlleben, Kapke oder Carsten Schultze gegeben. Tino Brandt sagte, er habe von dem Trio fünf Spiele erhalten. Mit den beiden Spielen, die bei den Durchsuchungen sichergestellt wurden, kommt man so schon auf 27 Spiele. Ihr Verbleib ist größtenteils unbekannt.

(Der nächste Zeuge ist der BKA-Beamte Torsten W. Es geht um Enrico Theile und Jürgen Länger und den Weg der Česká zum NSU.)

Torsten W. Grundlage der Ermittlungen gegen Theile und Länger war die Aussage von Andreas Schultz im Februar 2012. Er sagte, die Waffe, die er Carsten Schultze verkauft habe, sei von Länger gekommen. Wir haben dann festgestellt, dass Länger Kontakt zu Theile hat. Und Theile war uns schon im Zusammenhang mit Waffenermittlungen gegen den Schweizer Hans-Ulrich Müller aufgefallen. Theile war Müllers engste Kontaktperson. 2004 wurde in Theiles Fahrzeug ein Schießkugelschreiber gefunden. Das war die Ausgangsbasis, um bei Theile und Länger im April 2012 Durchsuchungen durchzuführen und sie zu vernehmen. Anfang der Neunzigerjahre war Theile mit Uwe Böhnhardt in einer Gruppe, die Fahrzeugdiebstähle gemacht hat. Theile ist mehrfach vorbestraft.

Götzl Was können Sie zu einem Schweizer Rechtshilfeersuchen sagen?

Torsten W. Ich weiß aus den Akten, dass die Česká-Tatwaffe am 11. April 1996 vom Waffengeschäft Schläfli & Zbinden an Peter Anton G. versandt wurde. G. hat gesagt, er habe die Waffe an Müller verkauft. Müller soll gesagt haben, er werde sie in Deutschland verkaufen, da es dort bestimmte Kreise gebe, die Interesse an Waffen hätten. Müller hat das bestritten, aber eingeräumt, allgemein mit Waffen gehandelt zu haben.

Götzl Was haben die Durchsuchungen bei Herrn Theile ergeben?

Torsten W. Es wurden elf Handys und SIM-Karten sichergestellt, auf sieben Karten war die Nummer von Länger abgespeichert, auf acht die von Müller und auf zwei Karten die Nummer von Frank Liebau vom Madley. Dann haben wir noch 4000 Euro in Briefumschlägen sichergestellt. Theile hat gesagt, dass er das Geld abgehoben hat, als, so wörtlich, die Nazisache hochgekommen ist. Er habe befürchtet, dass er wegen der Sache inhaftiert werde. Er will das Geld fürs Gefängnis abgehoben haben. Er sagte, er habe damit gerechnet, dass herauskommt, dass er Böhnhardt und Müller kannte. Müller sei ja mal in Deutschland wegen Waffen festgenommen worden. Und dass er die Waffe auf einem Fahndungsplakat erkannt hat, hat er gesagt. Als er dann im Fernsehen das brennende Wohnmobil sah und hörte, dass Waffen gefunden wurden, habe er gleich an Böhnhardt gedacht. Das war eine relativ bemerkenswerte Aussage.

Götzl Und was können Sie uns über Jürgen Länger berichten?

Torsten W. Länger war von März bis Dezember 1993 inhaftiert. Ab April war er in der JVA Hohenleuben, wo zu dem Zeitpunkt auch Sven Rosemann und Uwe Böhnhardt waren. Laut JVA war auch Theile dort von Anfang November bis Anfang Dezember inhaftiert. Böhnardt und Rosemann haben sich da kennengelernt. Und Theile und Länger sollen in einer Zelle gewesen sein. Es liegt also nahe, dass sich auch Länger und Böhnhardt dort begegnet sind.

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