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Tag 74

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15. Januar 2014

Manfred Götzl, Richter. Christian Setzensack, 61, Sachverständiger des LKA Bayern. Er sagte am Tag 436 aus. Anette Greger, 47, Vertreterin der Bundesanwaltschaft. Wolfgang Stahl, Verteidiger von Beate Zschäpe.

Götzl Es geht uns um die Explosion in der Frühlingsstraße 26 in Zwickau am 4.11.2011. Dazu würde ich Sie bitten, Ihre Gutachten zu erstatten.

Setzensack Dieser Brand war gekennzeichnet durch zwei Merkmale: eine heftige Explosion und eine sehr, sehr rasche Brandausbreitung. Könnte es ein normaler Brand gewesen sein, verursacht durch einen Kurzschluss oder weil man vergisst, die Pfanne mit Öl vom Herd zu nehmen? Nein. Bei normalen Bränden gibt es keine Explosionen. Da fallen keine Außenwände heraus. Könnte es eine Gasexplosion gewesen sein? Von der Druckwirkung her ja, aber nicht von der Brandausweitung. Was dann? Die einzige Möglichkeit ist: Ein leicht flüchtiges Brandlegungsmittel wurde großflächig verteilt und entzündet. Die Explosion gibt es, weil sich explosive Wolken bilden. Die rasche Brandausweitung bekommt man, weil man Lachen hat, innerhalb von Sekunden können da große Teile der Wohnung in Brand stehen. Heizöl kann man ausscheiden, da gäbe es auch keine Explosion. Man hat Hunde suchen lassen, die haben an 22 Stellen angezeigt, und in 19 Proben wurde Benzin festgestellt. Im Treppenhaus wurde ein 10-Liter-Benzinkanister aufgefunden, geöffnet und fast leer. Indizien sprechen dafür, dass der Brand vermutlich von der Wohnungstüre aus gezündet worden ist. Streichhölzer hat man nicht gefunden, also war es vermutlich ein Feuerzeug oder so etwas. Sind andere Personen in Gefahr gebracht worden? Diese Frage kann man mit einem klaren Ja beantworten. Es hätte jemand die herausfallende Außenwand auf den Kopf bekommen können. Die Trennwand zur Wohnung von Frau Erber wies Risse auf. Wenn die Explosion etwas anders verlaufen wäre, dann hätte die Wand genauso gut fallen können. Eine große Gefahr stellen auch die Rauchgase dar: Sie sind hochgradig toxisch. Wenn Sie da den Kopf reinstecken, dann sind Sie bewusstlos, und ein, zwei Minuten, dann sind Sie tot. Durch die Trennwand zur Wohnung von Frau Erber konnten bereits Rauchgase dringen.

Oberstaatsanwältin Greger Können Sie Angaben zur Menge des ausgebrachten Brandmittels machen?

Setzensack Die Menge ist schwer zu schätzen. Man kommt auf eine absolute Untergrenze von fünf Liter raus. Ansonsten könnte man diese Druckschäden nicht erklären. Als Obergrenze würde ich 20 Liter schätzen, aber das ist wirklich äußerst ungenau. (Er zeigt ein Foto von einem völlig zerstörten Familienhaus.) Also, dies hier ist ein anderer Fall. Dort sind 35 Liter verschüttet worden. So hat es in Zwickau nicht ausgesehen.

Verteidiger Stahl Können Sie den Zeitpunkt angeben, bis zu dem man in der Wohnung noch gefahrlos eine Zündung vornehmen kann?

Setzensack Wenn Sie neben einer explosiven Wolke stehen, dann gibt es einen Feuerball. Wenn Sie direkt daneben stehen, geht der Feuerball über Sie hinweg. Üblicherweise ziehen sich die Leute da Verbrennungen an unbedeckten Körperstellen zu. Im Allgemeinen sieht man aber nichts mehr, wenn man den Brandstiftern später im Gericht begegnet.

Verteidiger Stahl Mich interessiert nur das Zeitfenster: Wie viel Zeit nach Ausbringen des Brandlegungsmittel zur Verfügung steht, ohne dass es zur Explosion kommt?

Setzensack Bei einer durchgehenden Luntenspur wäre die Explosion etwa drei bis vier Sekunden nach der Entzündung gekommen. Wenn ich eine unterbrochene Luntenspur habe, dauert es etwas länger, vielleicht zehn Sekunden. (Er zeigt das Foto eines Experiments mit einer Benzinlache und einem Teelicht.) Für eine Brandstiftung würde ich statt Benzin lieber zum Beispiel Diesel benutzen, weil da keine Gefahr besteht, sich durch eine Explosion zu verletzen.

Der NSU Prozess

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