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Tag 77

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22. Januar 2014

Manfred Götzl, Richter. Heinz-Dieter Wehner, 71, Rechtsmediziner aus Tübingen. Ronald K., 49, Kriminalkommissar aus Gotha. Martin G., 30, Mitarbeiter des Bundeskriminalamts. Jochen Weingarten, Vertreter der Bundesanwaltschaft. Wolfgang Stahl, Verteidiger von Beate Zschäpe. Walter Martinek, Anwalt der Nebenklage.

(Der Rechtsmediziner Wehner stellt Ergebnisse zur Obduktion von Michèle Kiesewetter vor. Außerdem zeigt er eine am Computer erstellte Rekonstruktion des Tathergangs und der Schussbahnen. Er hat auch Blutspuren an einer Jogginghose analysiert, die in Zwickau gefunden und von den Ermittlern Uwe Mundlos zugeordnet wurde. Das Blut soll von Kiesewetter stammen.)

Götzl Könnten Sie uns bitte schildern: Wodurch entstehen solche Spritzspuren auf der Hose?

Wehner Da kann man nicht unterscheiden. Man kann nur sagen, das sind fliegende, kleine Blutteilchen.

Götzl Welche Möglichkeiten fassen Sie da ins Auge?

Wehner Eben zum Beispiel ein Schuss. Oder wenn eine schwere Masse in eine Pfütze fällt. Schlag. Oder aber es könnten Sekundärspritzer sein. Das wurde hier auch diskutiert. Wenn Blut in Blut fällt oder wenn Blut so hoch runterfällt, dass sich aus der Hauptspur etwas löst und weiterfliegt. Wenn jemand schwer blutet, und dann fällt das auf den Boden, dann bildet sich ein Sekundärspritzer, der dann weiter spritzt.

Götzl Wie weit könnte der Träger der Hose denn maximal entfernt stehen, um die Spritzer abzubekommen?

Wehner Das ist sehr schwierig zu sagen. Im Meterbereich. Man kann hier nicht nur rechnen mit der Physik des schiefen Wurfes. Was ich hier so schätzen würde, ist ein Wert von 50 Zentimeter bis 1,50 Meter. Grob. Gröbst muss man sagen.

Anwalt Martinek Bei dem Opfer Martin A., auf der Beifahrerseite: Ist es möglich, dass ein Linkshänder den Schuss abgegeben hat?

Wehner Wenn mit links einer die Pistole so halten kann, ist das nicht auszuschließen.

Anwalt Martinek Haben Sie bei Ihren Rekonstruktionen einen Rechts- oder Linkshänder zugrunde gelegt?

Wehner Wir haben einen Rechtshänder eingesetzt.

Anwalt Martinek Bei den Positionen, die Sie gezeigt haben – da müsste doch ein Linkshänder sehr weit vorlaufen oder den Arm weit verdrehen.

Wehner Nein, der hat ja eigentlich Platz genug.

Anwalt Martinek Besteht nicht die Gefahr, dass sich die beiden Schützen gegenseitig verletzen, wenn der eine auf der Fahrerseite auf Michèle Kiesewetter zielt und der andere auf der Beifahrerseite auf Martin A.?

Wehner Nein, das kann man anhand der beiden Schussverläufe ja sehen. Die sind ja versetzt. (Er zeigt Bilder.) In dieser Draufsicht sehen Sie es: Die Schüsse hätten sich überkreuzt.

Anwalt Martinek Aber Herr Professor, wenn Sie sich mal bei dem rechten Schützen den linken Arm vorstellen!

Wehner Zugegebenermaßen würde dann eine Position eingenommen werden, wo der verletzt werden könnte.

Verteidiger Stahl Gibt es zwingende Rückschlüsse darauf, dass es zwei Schützen gewesen sein müssen?

Wehner Nur anhand von Schussbefunden kann ich das nicht sagen.

Oberstaatsanwalt Weingarten Herr Professor, noch mal zur Position. Ob derjenige, der auf Martin A. geschossen hat, sich womöglich im Schussfeld des anderen Schützen befunden hat. Ist die Annahme richtig, dass auch ein Linkshänder geschossen haben kann, ohne im Schussfeld zu stehen?

Wehner Ja, der muss nur etwas seitlich stehen. (Wehner verlässt den Gerichtssaal. Der übernächste Zeuge ist der Polizist Ronald K.)

Götzl Es geht uns um den 4.11.2011. Sie und Ihre Kollegen in Eisenach haben dazu ja ermittelt. Was können Sie uns denn sagen?

Ronald K. Ich hatte an dem Tag Dienst. Es war zur Mittagszeit, als bekannt wurde, dass in Eisenach eine Bank überfallen worden war und ein Wohnmobil brennt. Vor Ort sahen wir schnell, dass da einige Schusswaffen drin liegen. Über die erste Waffe, die wir fanden, war ich sehr erstaunt, weil es eine topaktuelle Pistole war, wie sie bei der Polizei verwendet wird. Sie war auch geladen. Es wurden auch zwei Pumpflinten aufgefunden. Eine war verformt wegen der Hitze des Brandes. Sie konnte nicht mehr geöffnet werden, aber man konnte sehen, dass eine Patrone in dem Lauf steckte.

Götzl Dann haben Sie noch eine Heckler & Koch gefunden.

Ronald K. Richtig. Das war die Dienstwaffe von Frau Kiesewetter.

(Ronald K. verlässt den Gerichtssaal, nach weiteren Zeugen tritt der Zeuge Martin G. ein.)

Götzl Es geht mir um den Ku-Klux-Klan, im Zusammenhang mit den Ermittlungen in Heilbronn. Was können Sie hierzu berichten?

Martin G. Ein Beamter der BFE (Beweis-und-Festnahme-Einheit), Timo H., hat eingestanden, 2001 bis 2002, etwa ein Dreivierteljahr, Mitglied beim Ku-Klux-Klan gewesen zu sein. Er sei von einem weiteren Polizeibeamten, Jörg W., angeworben worden. W. bestritt, den Kollegen angeworben zu haben. Beide sagten, die seien die einzigen Beamten im Ku-Klux-Klan gewesen. Sie sagten auch, dass es zwischen dem NSU und dem Ku-Klux-Klan keine Verbindung gab.

Götzl Welche Konsequenzen hatte das für die beiden Beamten?

Martin G. Meines Wissens ist ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Allerdings sind sie nicht aus dem Dienst ausgeschieden. Beide sind noch im Dienst.

Götzl Konnte festgestellt werden, ob Timo H. in die Planungen des Einsatzes am 25.4.2007 eingebunden war?

Martin G. Er war an dem Tag verantwortlicher Gruppenführer und damit auch für Martin A. und Michèle Kiesewetter zuständig. Er war auch in Heilbronn im Einsatz. Mit der Einteilung der Teams war er aber nicht befasst. Er hatte auch keinen unmittelbaren Kontakt mit den Kollegen A. und Kiesewetter.

Götzl Wenn es um die rechte Szene geht – gab es da irgendwelche problematischen Einsätze oder Drohungen gegen Frau Kiesewetter?

Martin G. Man hat versucht, die kompletten Einsätze nachzuvollziehen. Frau Kiesewetter war an 199 Einsätzen beteiligt. Es ist nicht verzeichnet, wie viele dem rechten Spektrum galten. Aber Vernehmungen im beruflichen Umfeld ergaben, dass es in dieser Hinsicht keine Probleme gab.

Götzl Können Sie etwas zu den Schaustellern sagen?

Martin G. Es waren auf der Theresienwiese, auf dem Festplatz, viele Schausteller: 165 Personen. Dazu gehörten auch Gehilfen, die im Aufbau eingebunden waren. Man hat dort auch umfangreich ermittelt. Letztlich ist hervorzuheben: Ein Schausteller hatte damals schon angegeben, dass er am Tag vor der Tat im Bereich des Trafohauses ein Wohnmobil wahrgenommen habe. Man hat ihm dann später eine Wahllichtbildvorlage vorgelegt, allerdings hat der Zeuge das Wohnmobil nicht wiedererkannt.

Der NSU Prozess

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