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Tag 76
Оглавление21. Januar 2014
Manfred Götzl, Richter. Susann Eminger, 32, Ehefrau des Angeklagten André Eminger. Ahmed A., 23, arbeitssuchend, aus Frankfurt. Er war Kunde in dem Internetcafé in Kassel, in dem Halit Yozgat ermordet wurde. Wolfgang H., 67, Rentner aus Heilbronn.
Götzl Frau Eminger, Sie haben ein Zeugnisverweigerungsrecht. Sie brauchen keine Angaben zur Sache zu machen. Wie wollen Sie es handhaben?
Eminger Ich werde keine Angaben machen.
Götzl Sie sind ja im Verfahren schon mal von Ermittlern vernommen worden. Sind Sie einverstanden, dass die Beschuldigtenvernehmung hier eingeführt und verwertet wird?
Eminger Nein.
Götzl Das war es dann bereits. Auf Wiedersehen.
(Der Zeuge Ahmed A. wird in den Gerichtssaal gerufen.)
Götzl Es geht uns um den 6. April 2006, Holländische Straße in Kassel, das Internetcafé. Was haben Sie damals erlebt?
Ahmed A. Muss ich das alles noch mal sagen?
Götzl Ja.
Ahmed A. Ich war 15, 16 Jahre alt. Vorher hatte ich was geraucht, einen Joint. Ich ging ins Internetcafé, hab gesurft. Dann ist was runtergefallen. Ich dachte, es war ein Ordner. Dann hat der Vater von Halit geschrien. Da lag der Sohn auf dem Boden. Ich hab versucht, Erste Hilfe zu leisten, dann habe ich gesehen, dass meine Hand voller Blut war. Es war total schlimm, ich hab nichts gegessen damals, ich hab nur noch getrunken, mein Vater hat mich in die Kinderpsychiatrie gebracht. War ne harte Zeit.
Götzl Wen haben Sie damals angetroffen, als Sie in das Internetcafé gekommen sind?
Ahmed A. Ich glaub, ich habe da jemanden gesehen mit ’ner Tüte, aber ich kann mich da nicht mehr so erinnern. Eine Plastiktüte.
Götzl Haben Sie eine Erinnerung an die Person? Größe, Aussehen, Kleidung?
Ahmed A. Weiß, groß, wie ein Deutscher halt.
Götzl Waren Sie beeinträchtigt dadurch, dass Sie etwas geraucht hatten?
Ahmed A. Ich war halt breit.
Götzl Und wie war Ihr Zustand? (Lacht.) Ich war ja nicht dabei.
Ahmed A. Ich konnte noch klar denken.
Götzl Darum geht es mir. Konnten Sie sehen, was in der Plastiktüte drin war?
Ahmed A. Nein.
(Götzl zitiert aus einer alten Vernehmung. Damals sagte der Zeuge, in der Tüte sei ein schwerer Gegenstand gewesen, der die Tüte nach unten gezogen habe. Die Ermittler mutmaßten zeitweise, es könnte die Tatwaffe gewesen sein.)
Ahmed A. Wenn ich das damals gesagt habe, ist es auf jeden Fall wahr.
Götzl Was hat der Mann, der die Tüte bei sich hatte, gemacht? Was ist Ihnen noch in Erinnerung?
Ahmed A. Nichts.
Götzl In Ihrer Vernehmung damals sagten Sie, der Mann habe nicht lange am Computer gesessen und sei dann wieder aufgestanden.
Ahmed A. Wenn ich das so gesagt habe, ist es so.
(Der übernächste Zeuge ist Wolfgang H. aus Heilbronn. Es geht um den Mord an Michèle Kiese wetter.)
Götzl Was haben Sie am 25.4.2007 beobachtet?
Wolfgang H. Nach 13 Uhr habe ich mit einem Kollegen das Stellwerk verlassen, wir sind das Gleis entlanggelaufen, am Tatort vorbei. Am Ende von der Brücke ist ein Kabelverteiler, dort haben wir gearbeitet. Schräg gegenüber auf dem Fahrradweg haben sich zwei junge Männer aufgehalten mit Mountainbikes, mit voller Montur und Helm, und haben sich angeregt unterhalten.
Götzl Haben Sie irgendwelche Geräusche wahrgenommen?
Wolfgang H. Das war später, da gab es einen Schlag. Zwei waren es sogar. Wir haben gedacht, dass es einem Auto einen Reifen rausgehauen hat.
Götzl Wann war das?
Wolfgang H. Es war etwa halb zwei, als wir die Radfahrer sahen, und eine halbe Stunde später waren die Schüsse.
Götzl Kommen Sie doch mal bitte nach vorne. (Er zeigt dem Zeugen Fotos.) Ist mit Ihnen mal eine Begehung durchgeführt worden?
Wolfgang H. Ich kann mich da jetzt nicht entsinnen. (Zeigt auf ein Foto.) Hier ist der Kabelverteiler, und da hinten der Tatort. (Weitere Fotos werden gezeigt.)
Götzl Hier heißt es: Tatortbegehung am 4. Mai 2007.
Wolfgang H. Na ja, ich bin ja da druff. Ich muss also dabei gewesen sein …
Götzl Das haben Sie gut geschlossen.