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Tag 94

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18. März 2014

Manfred Götzl, Richter. Enrico Theile, 38, Lokführer aus Jena. Er sagte auch an den Tagen 108 und 112 aus. Jochen Weingarten, Vertreter der Bundesanwaltschaft. Wolfgang Stahl, Wolfgang Heer, Verteidiger von Beate Zschäpe. Thomas Bliwier, Anwalt der Nebenklage.

(Es tritt der Zeuge Enrico Theile auf. Die Ermittler haben ihn in Verdacht, Teil der Lieferkette gewesen zu sein, mit der die Česká-Pistole aus der Schweiz zum NSU gelangt ist. Theile streitet das ab.)

Götzl Uns geht es darum, ob Sie über die Lieferung der Česká-Pistole Informationen haben. Sie haben nach Paragraf 55 das Recht, sich nicht selbst zu belasten. (Ein Waffendelikt wäre verjährt, Beihilfe zum Mord nicht.) Was wissen Sie denn zu dieser Thematik?

Theile Ich finde, dass ich ein Aussageverweigerungsrecht habe. Ich fühle mich nicht als Zeuge, sondern als Beschuldigter. Meine Tür ist eingetreten worden, gegen mich wird ermittelt. Wann ich Geld abgehoben habe, meine Navis …

Götzl Nach meinem Kenntnisstand besteht gegen Sie derzeit kein Verfahren.

Theile Das sehe ich schon so, ich fühle mich hier beschuldigt.

Verteidiger Stahl Zu erwägen ist hier, von Amts wegen einen Zeugenbeistand beizuordnen. Ich will das nicht hinterfragen, dass er sich als Beschuldigter fühlt.

Götzl Aber ich will es hinterfragen. Im Moment sind wir nicht bei dem Punkt. (Der Zeuge wird aus dem Saal geschickt.)

Götzl (zu Stahl) Es wäre nicht gut, wenn hier versucht wird, den Zeugen zu verunsichern. Warum glauben Sie, dass Sie sofort zu Wort kommen müssen? Warum unterbrechen Sie mich sofort bei dem Punkt, wo ich noch nicht einmal anfangen kann?

Verteidiger Stahl Da muss man nicht so gereizt darauf reagieren. Mir ist es lieber, der Zeuge ist draußen. Er fühlt sich beschuldigt, und da muss ein Zeugenbeistand erwogen werden. Sonst bekommt die Richtung ja auch ein Geschmäckle.

Oberstaatsanwalt Weingarten Den Eindruck, den die Verteidigung hinterlässt, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Nach unserem Dafürhalten besteht kein Auskunftsverweigerungsrecht. Es kommt nicht darauf an, ob sich der Zeuge als Beschuldigter fühlt, sondern ob nach Einschätzung des Richters solche Anhaltspunkte bestehen.

Anwalt Bliwier Ich schließe mich an. (Er wendet sich an Zschäpes Verteidiger.) Hören Sie auf, die Sachleitung des Vorsitzenden zu stören! Hören Sie auf, den Zeugen zu verunsichern!

Götzl Vielleicht sollten wir Herrn Theile fragen, wie er die Sache sieht. Bitte, rufen Sie ihn auf. (Der Zeuge kommt wieder rein.) Wie sehen Sie Ihre Rolle im Verfahren?

Theile Ich sehe meine Rolle als Beschuldigter. In Karlsruhe bin ich vorgeladen und angeschrien worden. Meine Tür wurde eingetreten auf brutalste Weise. Sie haben meine Handys überprüft, meine Navigationsgeräte, wann ich Geld abgehoben habe.

Götzl Wie sehen Sie die Vorschrift des Paragrafen 55 Strafprozessordnung?

Verteidiger Heer Sie können doch dem Zeugen nicht eine Vorschrift an den Kopf knallen, die er nicht kennt!

Theile Ich kenn diesen Paragrafen nicht, kenne das Gesetzbuch nicht und habe auch keinen Anwalt.

Götzl Ich hatte verstanden, dass Sie hier nicht aussagen wollen.

Theile Und das scheint mit diesem Paragrafen 55 zusammenzuhängen. Keine Ahnung.

Götzl Das ist ein bisschen wenig. Das hab ich Ihnen ja erläutert. Keine Ahnung ist mir ein bisschen wenig.

Theile Ich möchte gar nichts dazu sagen, zu dieser Sache. (Erneut kommt es zu Diskussionen, schließlich lenkt Richter Götzl ein.)

Götzl Für heute kommen wir zum Ende. Es ist nötig, dass ein Zeugenbeistand gestellt wird. Ich möchte Sie dann erneut hören.

Theile Ich habe mir heute das vierte Mal freinehmen müssen, das ist gar nicht so einfach.

Götzl Die Vernehmung geht Ihrer Berufstätigkeit vor.

Der NSU Prozess

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