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Tag 107
Оглавление16. April 2014
Manfred Götzl, Richter. Jana J., 33, die bereits an Tag 93 als Zeugin aufgetreten ist und in den Neunzigerjahren mit dem Jenaer Rechtsextremisten André Kapke befreundet war. Wolfgang Stahl, Verteidiger von Beate Zschäpe. Peer Stolle, Anwalt der Nebenklage. Henning Saß, Sachverständiger, der ein psychiatrisches Gutachten über Beate Zschäpe für das Gericht anfertigen soll.
Götzl Tino Brandt – wie oft hatten Sie Kontakt zu ihm?
Jana J. André Kapke hatte sein Auto bekommen, das zog dann die Verpflichtung nach sich, Brandt zu fahren. So hab ich ihn häufiger gesehen. Es war aber eher unpersönlich.
Götzl Sie hatten Brandt als laut und selbstgerecht charakterisiert.
Jana J. Er hat sich ziemlich wichtig genommen. Er hat laut gelacht, er war sehr speziell. Sein ganzer Habitus war einfach eigenartig. Er hat so ein lautes, krächzendes Lachen gehabt und war ständig am Telefonieren, hat Hinz und Kunz gekannt und hat das auch zur Schau getragen.
Götzl Sie hatten eine Situation beschrieben, bei der zwei Mädchen angegriffen worden seien.
Jana J. Das waren zwei linksalternative Mädchen. Der André und sein Bruder haben das Treffen vermittelt. Wir haben die in einem Imbiss getroffen und uns dort darüber unterhalten, was zwischen Rechten und Linken vorgefallen war. Die beiden fanden auch nicht gut, was los war. Das Gespräch war freundlich, die Mädchen waren sehr nett. Ein wenig später wurden die Mädels auf dem Nachhauseweg angegriffen. Es sah für mich aus, als sei es eine Falle gewesen. Der Zweck war: Die wollten Namen erpressen. Ich war geschockt, und ich habe mit André deshalb gestritten. Er hat behauptet, er hat damit nichts zu tun, aber er ist wohl auch dafür verurteilt worden.
Götzl In Ihrer polizeilichen Vernehmung haben Sie Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe als »verschworene Gemeinschaft« bezeichnet.
Jana J. Vor dem Untertauchen waren sie eigentlich jedem als sehr enge Freunde bekannt. Aber persönlich habe ich sie nie zusammen gesehen. Mein Eindruck war aber, dass die beiden enge Vertraute von Frau Zschäpe waren.
Götzl Wie war die politische Einstellung der Uwes?
Jana J. Wenn man die beiden Uwes in Uniformen gesehen hat, hat man ja schon gesehen, welche Attitüde sie an den Tag legen. Das war schon außergewöhnlich. Sie sind eher zu dieser Scheitelträger-Fraktion gezählt worden. Die Uwes kamen mit braunen Uniformen zum Winzerklub, es war ein schräges Bild. Es hatte was Bedrohliches, aber es hatte auch was Lächerliches. Die sahen aus wie in einem Kriegsfilm. Da waren ja viele Skinheads vor dem Klub, die haben da teilweise schon die Augen gerollt. Diese Art der Provokation war so nicht üblich.
(Filmausschnitte werden gezeigt aus einer BBC-Dokumentation aus dem Jahre 1998. Zu sehen sind unter anderem Jana J., André Kapke, Mario Brehme, Tino Brandt, Mirko Eberlein. Der Journalist thematisierte damals die rechte Szene in Thüringen. Tino Brandt äußert sich in dem Film über Hitler: »Adolf Hitler war ein großer Deutscher, genauso wie Friedrich der Große.«)
Jana J. Das Material spricht ja eine eindeutige Sprache. Wenn ich es jetzt so sehe, erschreckt es mich auch.
Anwalt Stolle War der Verfassungsschutz ein Thema in der Szene?
Jana J. Ja. Es gab zwei Vorwürfe, die man machen konnte, um jemanden zu diskreditieren. Der eine war, V-Mann zu sein. Der andere: schwul zu sein. Das war der Killer.
Verteidiger Stahl Sie sagten, Sie hätten bei Beate Zschäpe in der Wohnung eine Pistole gesehen.
Jana J. Ich bin mir sehr sicher, dass sie die dann an dem Abend sogar mithatte. Wir sind dann von einem Mann mitgenommen worden, da hat sie ihm die gezeigt, da bin ich mir sehr sicher. Es muss die Rückfahrt von einem Discobesuch gewesen sein.
Saß Können Sie etwas allgemein zum Verhalten von Frau Zschäpe sagen?
Jana J. Sie ist mir in Erinnerung als sehr selbstbewusste, aufgeschlossene, offene Person. Sie war sehr freundlich, auch witzig. Sie hat mir mit ihrem Selbstvertrauen schon imponiert. (Die Zeugin verlässt den Gerichtssaal.)
Verteidiger Stahl (gibt Erklärung ab): Hinsichtlich der Beschreibung der Person von Beate Zschäpe als sehr selbstbewusst – das scheint mir alles nicht sehr tragfähig zu sein, wenn man sieht, wie selten die Zeugin Kontakt zu Frau Zschäpe gehabt hat, und wenn man den Altersunterschied der beiden berücksichtigt. Zur Waffe: Es gibt keinen Hinweis, dass es eine scharfe Waffe war. Man kann wohl davon ausgehen, dass es eine Gaspistole war. Damals war das ein legaler Gegenstand. Sie konnte zum Selbstschutz mitgeführt werden.