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Tag 108
Оглавление28. April 2014
Manfred Götzl, Richter. Enrico Theile, 38, Lokomotivführer, war in Jena ein Bekannter von Uwe Böhnhardt. Er trat auch an den Tagen 94 und 122 auf.
(Die Bundesanwaltschaft hat den Zeugen im Verdacht, in die Beschaffung der NSU-Tatwaffe, der Česká 83, verwickelt zu sein.)
Götzl Es geht uns von der Thematik um Kenntnis von Ihnen bezüglich der Lieferung einer Waffe Česká 83 aus der Schweiz nach Deutschland. Was können Sie dazu sagen?
Theile Ich hab das alles gelesen, was ich gemacht haben soll. Ich kann dazu nichts sagen. Ich habe mit der Waffe nichts zu tun, habe keine Waffe gekauft, nicht damit gehandelt. Es ist einfach so.
Götzl Vielleicht könnten Sie uns schildern, wie lange Sie Herrn Länger kennen und wie es mit Herrn Schultz ist. Und wie lange Sie die Angeklagten kennen. (Länger und Schultz, Mitarbeiter des Madley, sollen ebenfalls in die Beschaffung der Tatwaffe verwickelt gewesen sein.)
Theile Also, der Herr Länger, den kenne ich schon ewig. Ich wohne ja in Jena seit ewig in so einem Wohngebiet. Alle in meinem Alter kenne ich. Und aus der Schule kenne ich auch den Herrn Böhnhardt. Ich kann mich nicht festlegen. Ich vermute, da war er fünfzehn, sechzehn Jahre alt und ich zwei Jahre älter. Aber das halbe Wohngebiet kennt den Herrn Länger und den Herrn Böhnhardt. Eine Erinnerung, die ich an ihn habe: Wir haben uns gestritten, ich weiß nicht mehr warum. Ich hatte ein neues Moped, bin damit auch mal in die Schule gefahren. Eines Tages war es umgeschmissen, andere sagten, Böhnhardt habe es umgeschmissen. Das sind so die letzten Erinnerungen.
Götzl Haben Sie Beziehungen zur Schweiz, zu Personen dort?
Theile Ich kenne einen Schweizer, den Herrn Müller, da fahre ich hin, wenn ich Urlaub habe, den besuchen, zu ihm oder mit ihm in Urlaub. Ich kenne den seit Jahren.
Götzl Wenn Sie uns Herrn Müller etwas beschreiben: Was macht er so, welche Eigenschaften hat er?
Theile Er ist einige Jahre älter, er könnte mein Vater sein. Ruhig, sehr gastfreundlich.
Götzl Was können Sie zu Herrn Müller in Bezug auf Waffen sagen? Besitzt er welche, haben Sie welche gesehen?
Theile Also Waffen? Habe ich jetzt keine gesehen, kann ich mich nicht erinnern. Es gab vor Jahren mal den Fall, dass es in seinem Bekanntenkreis eine Hausdurchsuchung gab. In Hessen war ich ja oft auf Bahnhöfen unterwegs und da hing ein Fahndungsplakat mit den sogenannten Dönermorden. In einem Gespräch sind wir mal auf die Hausdurchsuchung gekommen, ich weiß auch nicht mehr, wie wir die Verbindung gekriegt haben. Es gab da auf dem Fahndungsplakat eine hohe Belohnungssumme. Dann kam raus, dass es bei der Durchsuchung um diese Waffe gegangen sein soll, die auf dem Plakat war.
Götzl Wann haben Sie in Hessen gewohnt?
Theile Von 2005 bis zu meiner Hausdurchsuchung, 2012 glaube ich.
Götzl Wie ist bei den Ermittlungen zur Waffe die Verbindung zu Ihnen hergestellt worden?
Theile Vermutlich, weil ich den Herrn Böhnhardt mal kannte, und die Beziehung von mir zu Herrn Müller ist auch bekannt.
Götzl Wie soll ich das verstehen? Von wem ist die Verbindung hergestellt worden?
Theile Von Reportern. Die schreiben, was sie wollen. Es heißt, die Tatwaffe kam aus der Schweiz. Ich bin aus Jena, und ich kenne einen Schweizer. Deshalb sitze ich jetzt hier.
Götzl Von welcher Waffe war denn die Rede? Was haben Sie aus den Fahndungsplakaten entnommen?
Theile Es ging um die sogenannten Dönermorde. Da waren auch Waffen abgebildet.
Götzl Mir geht es darum, was Sie damals an Informationen wahrgenommen haben?
Theile Ich glaube, es waren drei Waffen abgebildet. Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, welche.
Götzl Jetzt sagen Sie ja, bei Ihnen war diese Durchsuchung. Haben Sie denn jetzt mit Herrn Müller mal drüber gesprochen?
Theile Ja, natürlich.
Götzl Erzählen Sie!
Theile Ich hab ihm das erzählt, was bei uns passiert ist. Er ist auch verhaftet worden, war in U-Haft in der Schweiz. (Stockt.) Und das scheint der gleiche Zusammenhang zu sein.
Götzl Sie sagen, »das scheint«. Gab es da nicht etwas Konkreteres oder wie kommen Sie zu der Formulierung?
Theile Es geht um die gleiche Sache, warum bei mir die Tür eingetreten wurde.
Götzl Erzählen Sie mir einfach, was Sie gesprochen haben.
Theile Ich hab ihm erzählt, was mir passiert ist, und dann hat er erzählt.
Götzl Was haben Sie an Informationen dem Herrn Müller gegeben?
Theile Na, alles, was an dem Tag der Durchsuchung abgelaufen ist. Ich habe in Hessen meine Zelte abgebrochen, ich hab einen neuen Job woanders. Die Wohnung war schon gekündigt, es gab nur noch Kisten. Wir wären weg gewesen, und da ist früh das SEK gekommen und hat die Tür eingetreten. Das hab ich ihm berichtet.
Götzl In Ihrer Vernehmung durch die Polizei haben Sie geäußert, dass alle Waffen von Müller stammen sollen.
Theile Ich glaube, das habe ich so nicht gesagt. Der Satz ist mir so untergeschoben worden. Es steht ja auch nicht drin, dass man angeschrien wird.
Götzl Erzählen Sie mal.
Theile Erst geht es ruhig ab, dann wird man angeschrien. Plötzlich wird rumgetobt, jemand springt auf, haut auf den Tisch.
Götzl Und wer war das?
Theile Kann ich jetzt nicht mehr sagen. Irgendwann ist der Staatsanwalt aufgesprungen und hat rumgeschrien, ich habe mich bedroht gefühlt.
Götzl Und wie heißt der Herr?
Theile Na, der sitzt ja neben mir. (Er deutet auf Oberstaatsanwalt Weingarten. Weingarten hebt die Hand und lächelt.)
Götzl Gibt es an dem, was Sie gesprochen haben, etwas zu korrigieren?
Theile Da müssten wir jetzt alles noch mal durchgehen. Das wird natürlich wieder gegen mich verwendet.
Götzl (aufbrausend) Was wollen Sie damit sagen? Wollen Sie mich angreifen? (wieder ruhiger) Sagt Ihnen der Name Frank Liebau was? (Er war der Betreiber des Szeneladens Madley in Jena, aus dem der NSU die Česká-Pistole bekommen haben soll.)
Theile Ja, kenne ich. Ich war einmal auf Urlaub mit ihm.
Götzl Haben Sie selbst mal Waffen besessen?
Theile Ja, was sind jetzt Waffen?
Götzl Ich frage Sie! Pistolen, Gewehr …
Theile Wenn Sie so fragen: Nein. Es ist mal ein Schießkugelschreiber bei mir gefunden worden, eigentlich ist es ein Leuchtsignalgeber.
Götzl Sind Sie deshalb verurteilt worden?
Theile Ja.