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Tag 104

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9. April 2014

Manfred Götzl, Richter. Karl-Heinz G., 64, Kriminalkommissar aus Kassel. Thomas Bliwier, Anwalt der Nebenklage. Frank-Ulrich F., 70, Pensionär, ehemals Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz in Hessen.

(Es geht zunächst um den Zeugen Hamadi S., der offenbar im Irak lebt und nicht als Zeuge ins Gericht geladen werden konnte. Er war an dem Tag im April 2006 Kunde in dem Internetcafé in Kassel, an dem dort Halit Yozgat ermordet wurde. Er telefonierte in einer der Telefonkabinen, als der Mord geschehen sein muss. Der Zeuge Karl-Heinz G. hatte den Iraker, der damals in Deutschland Asylbewerber war, vernommen.)

Karl-Heinz G. Der Zeuge Hamadi S. sagte mir, er habe aus den Augenwinkeln heraus eine schattenhafte Wahrnehmung gemacht. Mehr habe er aus dieser Stellung heraus nicht sehen können. Er habe sich nicht umgedreht. Er sagte, er habe auch eine leichte Fußbodenvibration bemerkt, aber auch das habe ihn nicht veranlasst, sich umzudrehen und zur Tür der Telefonkabine zu schauen. Die Tür war auch durch ein großflächiges Plakat beklebt. Er wollte damit sagen, dass er keinen Blickkontakt zur Tür hatte. Ich hab ihn zwei Mal vernommen. Er hat ein Augenmaß in der Höhe von 1,62 Meter. Bei dieser Größe hätte er nicht sehen können, dass jemand hinter diesem Tresen gelegen hat. Er ist so groß wie ich, 1,74 Meter. Und ich konnte das nachvollziehen. Wenn der Abstand zum Tresen so war, wie er sagte, dann konnte er nicht hinter den Tresen sehen. (Dort lag die Leiche von Halit Yozgat.) Wir haben ihm auch gesagt, dass eine hohe Belohnung ausgesetzt worden ist. Er hat gesagt, er habe nicht mehr gesehen. Er hat auch mal gesagt, dass er Gott dankt, dass er noch am Leben ist. Wenn die Täter ihn gesehen hätten, dann wäre er sicher nicht mehr am Leben gewesen. Er ist nach meiner Einschätzung ein sehr zurückhaltender, gläubiger Mensch. Obwohl ich am Tattag dachte, er muss doch mehr gesehen haben, war dann für mich nachvollziehbar, dass er nicht mehr wahrgenommen hat.

Anwalt Bliwier Haben Sie eigentlich mal dem Zeugen Hamadi S. ein Lichtbild von Herrn Temme vorgelegt?

Karl-Heinz G. Nein, da hab ich auch keinen Sinn drin gesehen. Denn der Zeuge hat ja nur eine schattenhafte Person gesehen.

(Der Zeuge verlässt den Gerichtssaal.)

Anwalt Bliwier Ich möchte erklären, dass mir für die Borniertheit der Ermittlungen an dieser Stelle die Worte fehlen. Dass man nicht mal den Versuch unternommen hat zu sehen, ob er Herrn Temme auf einem Foto erkennt, dass man diesen Ansatz nicht wenigstens versucht hat, dafür fehlen mir wirklich die Worte.

(Der nächste Zeuge ist der pensionierte hessische Verfassungsschutzbeamte Frank-Ulrich F., ein ehemaliger Kollege Temmes.)

Frank-Ulrich F. Als ich den Vorgang in der Zeitung gelesen habe, habe ich den Herrn T. (er spricht von Herrn T., wenn er Temme meint) gefragt: Kennst du das Café? Da hat er gesagt: Nein, kenne ich nicht. Damit war der Vorgang für mich abgeschlossen. Wenige Tage später wurde ich vom Polizeipräsidenten angerufen, dass gegen T. ermittelt wird wegen Mordes. Daraufhin habe ich Herrn Irrgang (den damaligen Direktor des Landesamts für Verfassungsschutz) angerufen. Er gab mir die Weisung, alles offenzulegen bis auf die geheimen Unterlagen.

Der NSU Prozess

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