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Tag 96

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20. März 2014

Manfred Götzl, Richter. André Kapke, 38, Selbstständiger im Baugewerbe in Jena. Er wurde auch an den Tagen 59 und 84 befragt. Alexander Hoffmann, Turan Ünlücay, Antonia von der Behrens, Seda Başay, Eberhard Reinecke, Anwälte der Nebenklage.

Götzl Wie war Ihr Kontakt zu Carsten Schultze?

Kapke Man hat sich ab und zu gesehen. Jena ist ja nicht die allergrößte Stadt. Er hat sich positiv entwickelt, Aufgaben bei den Jungen Nationaldemokraten übernommen.

Götzl Positiv entwickelt, was meinen Sie damit?

Kapke Viele machen Remmidemmi, trinken und sorgen dafür, dass das politische Bild nicht gerade das beste ist. Bei Carsten Schultze war es anders, der war sehr vernünftig und nicht auf Krawall gebürstet.

Götzl Welche Rolle hat er gespielt in der rechten Szene?

Kapke Er hat sich um den Nachwuchs gekümmert.

Götzl Blieb er in der Szene?

Kapke Es wurde gemunkelt, dass er sexuell anders orientiert ist. Durch die Blume wurde ihm deshalb gesagt, er soll sich anders orientieren. Ist nun mal so, dass in der Subkultur Homosexualität nicht so angesehen ist. Rein menschlich war er nicht so gut aufgehoben bei uns, er musste sich ja permanent verleugnen.

Götzl Wie ging es weiter?

Kapke Nichts ging weiter. Er ist umgezogen. Und Punkt.

Anwalt Hoffmann Herr Kapke, mit Blick auf das »Pogromly«-Spiel oder Ihre Geburtstagszeitung, waren Sie und Ihr Umfeld Ende der 90er-Jahre Nationalsozialisten?

Kapke Das ist eine Definitionsfrage. Naturlich spielt man mit dem historischen Kontext. Das mache Leute in Ihrem Kontext ja auch mit Stalinismus. Das wird übersteigert in Form des Protests. Heute mit meinen Lebenserfahrungen würde ich das nicht mehr machen, weil das Schwachsinn ist. In der Sturm-und-Drang-Phase ist man aber der Provokation nicht abgeneigt.

Anwalt Hoffmann Wie war Ihre Einstellung zur Ermordung der Juden?

(Pogromly ist das Spiel nach dem Muster des Spiels Monopoly, das Bohnhardt, Mundlos und Zschape entworfen und gebastelt haben. In dem Spiel ersetzten sie die Bahnhöfe durch Konzentrationslager, das Ziel war es, eine »judenfreie Stadt« zu schaffen.)

Kapke Da muss man erheblich differenzieren. Wenn Jugendliche heute Ballerspiele spielen, unterstellt man denen ja auch nicht, dass sie Leute umlegen. Das ist ja Quatsch. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass einer losgeht und Juden und Ausländer erschießt.

Anwalt Hoffmann Es sind auch Leute mit Braunhemd und Uniform herumgelaufen. Was hat das bedeutet?

Kapke Ähnlich, wie wenn sich Punker nicht gesellschaftskonform kleiden: Es war ein Zeichen, um sich gegen das System aufzulehnen. Ich hatte kein großes Problem damit. Ich hielt das für Provokation, um ins Gespräch zu kommen.

Anwalt Reinecke Der Thüringer Heimatschutz trug bei Demos ein Transparent auf dem stand: Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte. Was wollten Sie denn damit sagen?

Kapke Nehmen Sie’s mir nicht übel, aber auf so einen Quatsch habe ich jetzt keine Lust. Es ging um germanische Freiheitskämpfe.

Anwalt Reinecke Hatten Sie das Gefühl, dass Sie einen Freiheitskampf führen müssten?

Kapke Es gibt so viele Meinungsparagrafen in diesem Land. Und wo ein freies Wort nicht möglich ist, gibt es keine Freiheit.

Anwältin von der Behrens Auf der Internetseite des Thüringer Heimatschutzes heißt es, man sei systemkritisch und -feindlich. Es gehe um nationalen Sozialismus. Multikulti sei das größte Verbrechen an der Menschheit und führe zur Vernichtung der Völker. Ist das so zutreffend?

Kapke Was ist daran falsch?

Anwältin Başay Sie sagten in einem Interview mit der Zeitung »Junge Freiheit«: »Wenn die etwas verändern wollten, dann erschieße ich doch keine unschuldigen Gemüsehandler. Dann hätten sie sich eher Presseleute, Staatsanwalte, Richter und Politiker vornehmen müssen.«

Kapke Es wäre doch sinnvoller, nach der Logik der RAF, dem Übel an die Wurzel zu gehen.

Anwalt Ünlücay Herr Kapke, sind für Sie Niederländer und Türken gleich viel wert?

Kapke Ich habe keine Problem mit Türken. Ich habe in der Türkei auch schon Urlaub gemacht. Ich will in der Türkei dann nur auch Türken treffen.

Anwalt Ünlücay Haben Sie gegen Niederländer dieselbe Abneigung wie gegen Türken?

Kapke Rein geografisch ist mir der Niederländer näher, auch kulturhistorisch.

Anwalt Ünlücay Wollen Sie, dass die türkische Bevölkerung das Land verlässt?

Kapke Ich halte den Bevölkerungsanteil der Türken in Deutschland für eindeutig zu hoch, ja.

Der NSU Prozess

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