Читать книгу Dein innerer Ernährungsberater - Thomas Frankenbach - Страница 16

Wenn wir eine Ahnung von Richtig und Falsch haben, ohne beweisen oder erklären zu können, warum wir so denken, sprechen wir von »Bauchgefühl«. Einerseits steht das Bauchgefühl für die Fähigkeit zur Intuition. Andererseits umschreibt ein gutes Bauchgefühl auch das Vermögen, mit den Nervenzellen unseres Magen-Darm-Trakts zu erspüren, welches Essen gut zu unseren Bedürfnissen passt und welches uns weniger gut bekommt.

Über letztere Begabung verfügen wir, weil wir mit zwei äußerst leistungs- und lernfähigen Nervenzentren ausgestattet sind, die unentwegt miteinander im Austausch stehen, um herauszufinden, welches Essen gerade im Moment das richtige für uns ist. Dabei nimmt unser Kopfhirn zwar eine wesentliche Rolle ein, aber nicht die alleinige. Denn dass wir als Menschen über Jahrmillionen hinweg in praktisch allen Umgebungen, die uns die Natur bietet, überleben konnten, verdanken wir keineswegs allein unserem sogenannten Zentralnervensystem, sondern zu großen Teilen unserem Gehirn im Bauch.

Dieses Bauchhirn, dem ich unseren ganzen Verdauungsapparat hinzurechne, setzt sich zusammen aus den Zellen des Solarplexus, einem sonnenförmigen Nervengeflecht im Bauchraum, sowie aus Hunderten Millionen Nervenzellen in Magen und Darm. In der Fachsprache wird es das Enterische Nervensystem genannt.

Evolutionär wurde unser Nervensystem im Bauch weit vor dem Kopfhirn angelegt, um uns durch instinktive Hungergefühle die Versorgung mit Nahrung und somit unser Überleben zu sichern. Insgesamt betrachtet ist der Darm sogar das älteste bekannte Organ überhaupt, das sich bereits lange vor anderen Organen entwickelte. Denn bevor sich Lebewesen aktiv bewegen, sehen, Sex haben oder sich paaren konnten, war die energetische Eigensicherung durch Nahrungsaufnahme die wichtigste Körperfunktion schlechthin.9

Inzwischen hat die Evolution vielen Lebewesen einschließlich der Menschen über das Darmhirn hinaus ein höchst umfangreiches Nervenbündel im Kopf geschenkt. Und beide, sowohl das Darmnervensystem als auch das Kopfhirn, arbeiten heute noch auf faszinierende Weise mit den gleichen Zelltypen, Funktionsmechanismen und Botenstoffen.